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Das Notgeld der Stadt Limburg/Lahn

Im Ersten Weltkrieg entdeckte die Kriegswirtschaft die Nickel- und Kupfermünzen als wertvolle Rohstoffreserve. Ihre Prägung wurde daher eingestellt und die Münzen von der Reichsbank aus dem Verkehr gezogen. Zudem flossen große Mengen an Zahlungsmitteln in die von deutschen Truppen besetzten Gebiete, und die Bevölkerung hortete die Silbermünzen wegen ihres Metallwertes. Da die staatlichen Münzanstalten mit der Produktion der Ersatzmünzen aus Eisen, Zink und Aluminium nicht nachkamen, machte sich ab Sommer 1916 ein spürbarer Mangel an Wechselgeld bemerkbar.


Auch die Stadt Limburg/Lahn war davon betroffen. Der Mangel zwang die Verantwortlichen zum Handeln. Im Protokollbuch des Magistrats findet sich auf Seite 531 unter dem Datum des 24. Juli 1917 folgender Beratungspunkt: „Verhandlung mit der Firma Du Mont Schauberg in Köln a/Rh., betr. Die Herstellung von Kriegsnotgeld“ und folgender Beschluss: „Auf der Unterschrift des Bürgermeisters im Namenszug und der Herstellung ... Klischees wird bestanden; die [Übernahme] der Kosten der Herstellung der Klischees auf die Stadt wird indessen abgelehnt“. Die Formulierung lässt vermuten, dass Industrielle und Kaufleute die Ausgabe von Notgeld gefordert hatten, die sparsamen Stadtväter aber die Kosten abwälzen wollten.


Die Zustände scheinen sich in den folgenden Tagen zugespitzt zu haben, denn am 9. August 1917 stimmten die Stadtverordneten einem Vorschlag des Magistrats vom 6. des Monats zu, bei der Druckerei M. Du Mont Schauberg in "Cöln" Papiernotgeld zu bestellen. Dafür wurde ein Betrag von 850 Mark bzw. 875 Mark genehmigt.


Zur Ausgabe gelangten Scheine zu 10, 25 und 50 Pfennig, gedruckt auf Papier mit dem Wasserzeichen „Kölner Waben“ (75). Dieses Papier wurde von Poensgen & Co. in Bergisch Gladbach für M. Du Mont Schauberg hergestellt. Keller beschreibt es wie folgt:

„Helle Linien bilden regelmässige Sechsecke von 8 mm Seitenlänge. An diesem genau geometrischen Muster ist die seitliche Verzerrung des Wasserzeichens bisweilen deutlich

zu beobachten.“[1]

Die Scheine kommen sowohl mit fünf- wie auch sechsstelliger Kontrollnummer vor.


Die drei Werte datieren vom 20. Juli 1917 und sind einheitlich gestaltet. Am oberen Rand „Stadt Limburg (Lahn). Darunter links groß die Wertzahl, daneben dreizeilig „GUTSCHEIN / über / Pfennig“ und die Kontrollnummer auf einem Radter aus zwölf Strichen. Darunter dreizeilig. „Dieser Gutschein behält seine Gültigkeit bis drei Monate / nach öffentlicher Aufkündigung in den Limburger Tages- / zeitungen. Die Scheine werden von der Stadtlasse eingelöst.“ Am unteren Rand „Der Magistrat:“, gedruckte faksimilierte Unterschrift (Philipp) Haerten [* 12. Dezember 1869 in Rotterdam; † 4. April 1942 in Münster] und „Bürgermeister“. Der gesamte Text ist eingefasst in einem Zierrahmen. Im Unterdruck in der Mitte der Gutscheine in einem achteckigen Medaillon eine Abbildung des Limburger Doms, der auch auf der Rückseite abgebildet wird. Der Schein zu 10 Pfennig ist orange/gelb und 72 x 50 mm groß, der zu 25 Pfennig ist rosa/rot und hat die gleichen Masse und der Schein zu 50 Pfennig ist blau und 82 x 55 mm groß.


Abb. 1.1/2: Stadt Limburg, 20. Juli 1917, 10 Pfennig, Vorder- und Rückseite.


Abb. 2.1/2: Stadt Limburg, 20. Juli 1917, 25 Pfennig, Vorder- und Rückseite.


Abb. 3.1/2: Stadt Limburg, 20. Juli 1917, 50 Pfennig, Vorder- und Rückseite.


Abb. 4:

Wasserzeichen „75 Kölner Waben“[2]


Im Herbst 1918 zeichnete sich die Niederlage der Mittelmächte ab und das Vertrauen in die künftige Gestaltung des politischen und wirtschaftlichen Lebens schwand. Am 28. Oktober 1918 war im „Nassauer Boten“ das Folgende zu lesen:





„In den letzten Wochen gibt sich das Publikum einer Hamsterei in Banknoten hin,

die in volkswirtschaftlichen Belangen unerwünscht ist und ungünstig wirken muß.

Von maßgebender Stelle wird auf das Verhängnisvolle dieser Hamsterei aufmerksam gemacht und ihr zu steuern versucht.“ 


Die Reichsbank gab notgedrungen ihre Reservebestände an Banknoten und die vorhandenen Vorräte an Reichssilbermünzen in den Umlauf. Gleichzeitig erteilte sie weiter Druckaufträge an die Reichsdruckerei, die jedoch die bestellten Mengen nicht annähernd erfüllen konnte, da in den vorhergehenden Wochen eine größere Anzahl ihrer Arbeiter zum Heeresdienst eingezogen worden waren und mehrere Hundert wegen der Erkrankung an der Spanischen Grippe ausfielen. [3] In ihrer Not erteilte die Bankleitung Druckaufträge an mehrere Privatdruckereien. Sie sollten eine neue Reichsbanknote zu 50 Mark im Buchdruckverfahren herstellten. Ferner forderte die Reichsbank die Kommunen auf, die Ausgabe von Notgeldscheinen bis zur Höhe von 20 Mark – später bis zu 50 Mark – mit "möglichster Beschleunigung" vorzubereiten. Sie erklärte sich bereit, die Hälfte der Herstellungskosten zu übernehmen und für mögliche Verluste durch Fälschungen aufzukommen. Zusätzlich wurden durch Bundesratsverordnung vom 22. Oktober 1918

(R.G.Bl. S. 1257) die am 2. Januar 1919 fälligen Zinsscheine der 5%igen Kriegsanleihen bis zu ihrem Fälligkeitstag zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Man erhoffte sich von dieser Maßnahme eine sofortige Entlastung, da die Anleihen gleichmäßig über das ganze Land gezeichnet worden waren. Ferner propagierte die Reichsbank den bargeldlosen Zahlungsverkehr. [4]


Auch die Stadtverordneten der Stadt Limburg müssen sich der Problematik bewusst gewesen sein. Denn das Protokollbuch der Stadt führt unter dem Datum vom 9. November 1918 auf, dass die Firma Schleicher & Schüll, Düren, ein Angebot abgegeben habe, betreffend die Herstellung von Papiernotgeld zu 20, 10 und 5 Mark, das von der Finanzkommission nun geprüft werden sollte.


Zwischenzeitlich lag auch ein Angebot der Firma C. Naumann’s Druckerei in Frankfurt/Main vor. Danach sollte der Druck der Nominale 3.680 Mark kosten, das vom Magistrat am

18. November 1918 angenommen wurde. Die Stadtverordnetenversammlung hatte bereits am 15. November 1918 die Übernahme der Druckkosten bewilligt.


Abb. 5.1/2: Stadt Limburg, 20. November 1918, 5 Mark, Vorder- und Rückseite.


Abb. 6.1/2: Stadt Limburg, 20. November 1918, 10 Mark, Vorder- und Rückseite.

Abb. 7.1/2: Stadt Limburg, 20. November 1918, 20 Mark, Vorder- und Rückseite.



Abb. 8:

Wasserzeichen „73 Radmuster“, auch Naumann-Rad-Muster.[5]


Die drei Nominale sind einheitlich gestaltet und unterscheiden sich nur in Format und Farbe: Der 5-Mark-Schein in Blau hat das Format 115 x 80 mm, der 10-Mark-Schein

in Grün ist 130 x 90 mm und der 20-Mark-Schein in Rotbraun 130 x 90 mm groß.



Gedruckt wurden sie auf Wertzeichenpapier mit dem Wasserzeichen „Rad-Muster“. Keller beschreibt das Wasserzeichen wie folgt:

„C. Naumanns Muster, aus hellen Linien gebildet, stellt vierteilige Räder dar, deren Drehung durch leichte Biegung der Viertelstücke ausgedrückt wird, welche die Speichen andeuten. Die Speichen sind jeweils durch drei Linien dargestellt, von denen die mittlere als leicht gebogene Wellenlinie von einem Rad zum benachbarten übergeht und dort in der Mitte des Rades in einem kleinen Haken endet. Die äusseren Linien, Innenkanten der Speichen und Innenkranz des Rades darstellend, bilden sphärische Dreiecke. Der äussere Radkranz ist an der Berührungsstelle mit dem Nachbarrad unterbrochen; seine Linie geht in die des Nachbarrades über und bildet mit zwei weiteren Radkanten ein verzogenes Viereck, in dem ein Buchstabe N abwechselnd steht oder liegt. Die Räder sind seitlich etwas zusammengedrückt, also nicht kreisrund.“[5]


Die Vorderseite der Notgeldscheine wird von einem Jugendstil-Zierrahmen eingefasst,

in deren Ecken jeweils die Wertzahl in Ziffern angeben wird. Der linke Rahmen zeigt in ovalen Medaillons untereinander „L“, „I“, „M“, „B“ und auf der anderen Seite „U“, „R“, „G“ und „L“.

Im oberen Rahmen „STADT LIMBURG A. D. L.“ Im Rahmen in der rechten oberen Ecke „No fünfstellige rote Kontrollnummer. Der neunzeilige Test lautet: „Gutschein / über / Wert Mark / Obigen Betrag zahlt unsere Stadtkasse dem Inhaber bei / Rückgabe innerhalb der öffentlich bekannt gemachten / Einlösungsfrist, mit deren Ablauf der Gutschein verfällt. /

Der Magistrat: / gedruckte faksimilierte Unterschrift des Bürgermeisters Haerten“.

In der Mitte unter dem Rahmen „C. Naumann‘ Druckerei, Frankfurt a./M.“ In der Scheinmitte im Unterdruck in einem runden Medaillon das Stadtwappen.[6] Die übrige Fläche wird mit Jugendstil-Ornamenten ausgefüllt.


Die Rückseite ist mit einem schlichteren Rahmen im Jugendstil eingefasst; in den Ecken die jeweilige Wertzahl mit „Mk“. Während der Unterdruck zarte Jugendstil-Ornamenten zeigt, steht auf der linken Scheinseite die Darstellung St. Georgs hoch zu Ross den Drachen tötend im Vordergrund, während auf der rechten Seite die auf einem Kalkfelsen thronende Burg und der Dom abgebildet ist. Die Darstellung ist eine Homage an den sieben-türmigen Limburger Dom (damit hat er mehr Türme als jede andere Kirche in Deutschland), der seit 1827 nach seinem Schutzpatron St. Georg auch Georgsdom genannt wird.


Leider finden sich in den Akten keine Angaben über die Auflagenhöhe. Aufgrund der Seltenheit der Scheine ist anzunehmen, dass ihre Auflage nicht allzu hoch war.


Bereits am 15. November 1918 sprachen sich die Stadtverordneten auch einstimmig dafür aus, weitere 100.000 Kriegs-Notgeldscheine in Stücken zu 10, 25 und 50 Pfennig drucken zu lassen. Diese Scheine datieren vom 1. November 1918 und wurden ebenfalls von der Firma

C. Naumann’s Druckerei in Frankfurt/Main auf Papier mit dem Wasserzeichen „Radmuster“ gedruckt. Die drei Werte unterscheiden sich nur in ihrer Farbe und haben die gleiche Größe wie die Scheine aus dem Jahr 1917. Während ihre Rückseite den Scheinen des bereits beschriebenen Großgeldes entspricht (allerdings erscheint hier am unteren Rand der Name der Druckerei), wurde die Vorderseite neu gestaltet. Eingerahmt in einem schmalen Zierrahmen mit Jugendstil-Ornamenten finden sich in der oberen Hälfte drei große Zeilen.

In der 1. Zeile heißt es: „Stadt – drei Schmucksymbole – Stadtwappen – Limburg . a. d. Lahn“, in der 2 Zeile „Wertangabe in Ziffern . Pfennig . Wertangabe in Ziffern“ und in der 3. Zeile „No Kennziffer“ fünf oder sechsstellig. In der unteren Hälfte folgt der folgende fünfzeilige Text: „Dieser Gutschein behält seine Gültigkeit bis 3 Monate nach / öffentlicher Aufkündigungen in den Limburger Tageszeitungen. / Die Scheine werden von der Stadtkasse eingelöst. / Limburg (ohne Komma) den 1. November 1918, / DER MAGISTRAT: gedruckte faksimilierte Unterschrift (Haerten) Bürgermeister.“


Abb. 9.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 10 Pfennig, Vorder- und Rückseite, Rückseite ohne Künstlersignatur.


Abb. 10.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 25 Pfennig, Vorder- und Rückseite,

Rückseite ohne Künstlersignatur.


Abb. 11.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 50 Pfennig, Vorder- und Rückseite,

Rückseite ohne Künstlersignatur.


Abb. 12.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 10 Pfennig, Vorder- und Rückseite,

Rückseite mit Künstlersignatur.


Abb. 13.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 25 Pfennig, Vorder- und Rückseite,

Rückseite mit Künstlersignatur.


Abb. 14.1/2: Stadt Limburg, 1. November 1918, 50 Pfennig, Vorder- und Rückseite,

Rückseite mit Künstlersignatur.



Abb. 15.1: Stadt Limburg, 1. November 1918, 25 Pfennig, Kennnummer „A No xxxxxx A“, Vorder- und Rückseite, Rückseite mit Künstlersignatur.


Nach einer Meldung des Landrates vom 20. Oktober 1920 an den Regierungspräsidenten

in Wiesbaden waren nach dem 1. April 1919 Notgeldscheine im Wert von 70.000 Mark zu 50 Pfennig, 96.750 Mark zu 25 Pfennig und 41.000 Mark zu 10 Pfennig ausgegeben worden.[7]


„Obwohl das Reichsfinanzministerium die Münzstätten veranlasst hatte bis zur äußersten Grenze ihrer Leistungsfähigkeit 5-, 10- und 50-Pfennigstücke aus Metall zu prägen“, bestand namentlich in der ersten Hälfte des Jahres 1920 ein Mangel an Kleingeld. „Im Laufe des zweiten Halbjahres ließ sich die Ausprägung von 50-Pfennigstücken aus Aluminium so weit fördern, daß die Nachfrage des Verkehrs im allgemeinen befriedigt und sogar an die allmähliche Einziehung der noch im Umlauf befindlichen kommunalen Notgeldscheine zu 50 und 25 Pfennig herangetreten werde konnte. Die Herstellung von 10- und 5-Pfennigstücken war indes leider trotz ihrer sehr erheblichen Steigerung in einer dem Bedarf genügenden Menge bisher nicht möglich.“ [8]


Am 14. Januar 1921 wandte sich der Magistrat in einem Schreiben an den Regierungspräsidenten in Wiesbaden mit der Bitte, die Umlauffrist für Ersatzwertzeichen der Stadt Limburg zu verlängern, denn eine preußische Verfügung vom 16. Dezember 1920 sah derer Einziehung vor. Der Magistrat begründete dies so:


„Zur Behebung des Kleingeldmangels hat die Stadt Gutscheine zu 10, 25 und 50 Pf. in den Verkehr gebracht. Sie hat sich dazu erst entschlossen, als die Lage bei der hiesigen Geschäftswelt, bei den öffentlichen Kassen und im privaten Verkehr unhaltbar geworden war und man infolgedessen zur Briefmarke und zum privaten Gutschein als Behelfsmittel gegriffen hatte. Bis jetzt hat die Stadt an Gutscheinen ausgegeben:

 

520.000 Stück je 10 Pf.- 52.000,-- M

437.000 Stück je 25 Pf .- 109.250,-- M

180.000 Stück je 50 Pf.- 90.000,-- M 

Zus. 251.200,-- M

 

Von dieser Summe sind abzurechnen die inzwischen eingelösten, nicht mehr kursfähigen Gutscheine im Gesamtwert von rund 20.000,-- M.

 

Wie gross der Mangel an kleinen Zahlungsmitteln am hiesigen Platze zur Zeit noch ist, geht schon daraus hervor, dass die letzte Lieferung der Gutscheine vom September v. Js. von 30.000 Stücken schon nach kurzer Zeit vollständig vergriffen war. Die hiesige Eisenbahnstationskasse forderte sogar eine grössere Menge von Gutscheine zu 10 Pf. an,

als die Stadt überhaupt in Bestellung gegeben hatte. Die hiesige Reichsbanknebenstelle erklärte auf Anfrage, dass die von ihr verausgabten kleinen Münzen in nennenswerten Mengen nicht zurückfliessen, und sie sei deshalb nicht in der Lage, den Bedarf an kleinen Zahlungsmitteln zu decken.

 

Der grosse Bedarf an kleinen Zahlungsmitteln am hiesigen Platze erklärt sich aus der Bedeutung der Stadt als Geschäftsplatz infolge seiner günstigen Eisenbahnverbindungen und seiner guten Lage in Mittelnassau. Sie ist ausserdem der Sitz zahlreicher Behörden, Banken und Sparkassen. Dazu kommt noch, dass von den kreisangehörigen Gemeinden ausser Limburg nur die Stadt Camberg Ersatzwertzeichen in geringen Mengen ausgegeben hat. Der Kreis Limburg hat Ersatzwertzeichen nicht ausgegeben. Die Stadt Limburg hat deshalb, ohne es ursprünglich beabsichtigt zu haben, einen grösseren Umkreis mit kleinen Zahlungsmitteln versorgt. Die täglichen Anforderungen von diesen kleinen Zahlungsmitteln bei unserer Stadtkasse beweisen am besten dass für sie zur Zeit noch ein dringendes Bedürfnis besteht.

 

Im Hinblick auf die angeführten Umstände bitten wir die Umlauffrist der Ersatzwertzeichen der Stadt Limburg zu 10, 25 und 50 Pf. weiterverlängern zu wollen.“[9]

 

Dem Wunsch muss entsprochen worden sein, denn am 24. November 1921 beantragte der Magistrat eine weitere Verlängerung der Umlauffrist. In dem Schreiben nimmt man Stellung zu dem Erlass des Ministers für Handel und Gewerbe vom 3. Mai 1921.


„Der Erlass geht davon aus, dass ein Bedürfnis zur Duldung des weiteren Umlaufs von Ersatzwertzeichen nicht mehr anerkannt werden könne, da die Reichsbankanstalten in der Lage seien, den an sie gestellten Anforderungen an gesetzlichen Zahlungsmitteln zu entsprechen. Es ist zuzugeben, dass von den Reichsbankanstalten grössere Mengen Kleingeld in den Verkehr gebracht werden. Nach unseren Feststellungen kann aber trotzdem noch nicht die Rede davon sein, dass der Kleingeldmangel behoben ist; immerfort werden noch Klagen aus der Industrie und der Geschäftswelt laut. Dass trotz stärkster Steigerung der Münzenprägungen nicht genügend Zahlungsmittel im Verkehr bleiben, kann nur so erklärt werden, dass die Münzen von einem Teil der Bevölkerung immer noch zurückgehalten werden. Es ergibt sich also die Notwendigkeit die systematische Belehrung der Bevölkerung über die Zwecklosigkeit und Schädlichkeit der Kleingeldhamsterei weiter fortzusetzen. Solange aber der Kleingeldmangel tatsächlich noch besteht, halten wir die Einziehung des städt. Notgeldes für bedenklich.

 

Wir bitten zugleich im Namen der Städte Diez, Bad Ems, Niederlahnstein, Westerburg, Hachenburg, Montabaur und Langenschwalbach beim Herrn Minister für Handel und Gewerbe um Verlängerung der Umlauffrist der von diesen Städten ausgegebenen Ersatzwertzeichen unter 1 M zunächst für ein halbes Jahr zu beantragen. Nach Ablauf dieser Frist kann die Einziehung des Notgeldes unverzüglich erfolgen, wenn sich zeigt, dass durch die fortgesetzte Belehrung der Bevölkerung die Kleingeldhamsterei unterbleibt.“[10]


Die Akten geben keine Auskunft darüber, ob dem Antrag stattgegeben wurde und auch nicht darüber, wann die Kleingeldscheine endgültig eingezogen wurden.

 

Vergleicht man die Zahlen über die ausgegebenen Kleingeldscheine, so wird deutlich, dass sie in mehreren Auflagen gedruckt wurden. Hierauf sind wohl auch die Farbunterschiede zurückzuführen. Unabhängig davon lassen sich zwei deutliche Emissionen unterscheiden. Zum einen wird der Name des Künstlers „P. ASSMANN“ auf der Rückseite genannt und zum anderen wird er fortgelassen.

 

Peter Assmann war Zeichenlehrer am Limburger Gymnasium. Er wurde 1862 in Meudt geboren und starb 1939 in Limburg. Seine Werke zeigen eine Vielzahl heimatlicher Motive. Bleibt noch anzumerken, dass auch die Limburger Großgeldscheine von ihm entworfen wurden.


Uwe Bronnert


Anmerkungen

[1] Dr. Arnold Keller, Deutsche Wertpapierwasserzeichen, Die Wasserzeichenpapiere des deutschen Notgeldes 1914 – 1948, Abbildungen gezeichnet von Kurt Lehrke, Berlin-Wittenau 1955, S. 30.

[2] Ebenda, Tafel 4.

[3] Wie viele Opfer die Spanische Grippe insgesamt forderte, ist nicht leicht zu beziffern.

„Die höchsten Schätzungen gehen von 20 bis 30 Millionen Toten aus – zwei- bis dreimal mehr, als Soldaten im Ersten Weltkrieg fielen. Allein in Europa zählte man 2,3 Millionen Todesfälle, davon 250.000 in Deutschland.“ Bruno Cabanes und Anne Duménil (Hrsg.),

Der Erste Weltkrieg, Eine europäische Katastrophe, Darmstadt 1913, S. 357.

[4] Vgl. Verwaltungsbericht der Reichsbank für das Jahr 1918, Vorgelegt in der Generalversammlung am 31. März 1919. S. 4 f.

[5] Ebenda, S. 30.

[6] Die Stadt Limburg führt seit 1908 das folgende Wappen:

„Blasonierung: In Blau eine silberne Burg mit drei Zinnentürmen: der Mittelturm belegt mit einem blauen Schild, darin zweireihig von Rot und Silber geschachter Balken, begleitet oben von sieben, unten von sechs waagerechten goldenen Schindeln.

Wappenbegründung: Das Wappen zeigt den Mauerring einer Burg mit zwei äußeren Türmen und einem mittleren Torturm, an dem unterhalb der Wehrplattform das Wappen der Herren von Isenburg-Limburg angebracht ist.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Limburg_an_der_Lahn (30.12.2023).

[7] Hess. HStA Wiesbaden, Akte 405 Nr. 6099, Bl. 52.

[8] Verwaltungsbericht der Reichsbank für das Jahr 1920, Vorgelegt in der Generalversammlung am 31. März 1921. S. 5 f.

[9] Hess. HStA Wiesbaden, Akte 405 Nr. 6099, Bl. 115.

[10] Ebenda, Bl. 226.

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