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Koreanisch lesen?

Der Schein, den ich vorstellen möchte, ist kein besonderer Schein. Ich möchte den Wert zu 50 Jeon, ausgegeben von der Bank von Korea, nur für eine Mini-Einführung zu koreanischen Zahlen und zur koreanischen Schrift benutzen. Nach Katalog (SCWPM, Nr. 29) ist der Schein nicht datiert, die Jahreszahl „1962“ ist aber sehr deutlich auf der Rückseite zu erkennen! Ausgegeben wurde der Schein vom 1. Dezember 1962 bis zum 1. Dezember 1980. Er verfügt nur über eine Seriennummer, hier –1– , aber keine Kontrollnummer.



Die Rückseite enthält eine englische Bank- und Wertangabe sowie die Wertangabe in Koreanisch. Diese koreanische Wertangabe wird hier von oben nach unten geschrieben.

Auf der Vorderseite wird diese wiederholt, von links nach rechts geschrieben. Erster und zweiter Zeichenblock stehen dabei für 5 und 10 (nachzulesen beispielsweise: SCWPM, Tabelle Standard International Numeral Systems), also 5 · 10 (=50). Oder besser eigentlich für „fünf“ und „zehn“. Der dritte Zeichenblock heißt „Jeon“ – zusammen ergibt sich „fünfzig Jeon“. In den Ecken der Vorderseite gibt es drei mal die verkürzte Wertangabe: zum einen die „50“ in indisch-arabischen Ziffern und zweimal in Koreanisch mit „ausgeschriebenen“ Worten, links oben übereinander, rechts unten von links nach rechts.

In Korea benutzt man die indisch-arabischen Ziffern, genau wie bei uns! Aber auf Geldscheinen beispielsweise werden die Zahlen auch ausgeschrieben, wie das weltweit auf den meisten Geldscheinen zu sehen ist. Und auch auf den deutschen Geldscheinen gab es neben den Ziffern immer die ausgeschriebenen Wertangaben, also zum Beispiel „Zwanzig Mark“.

Eine Zusammenstellung der koreanischen Zahlzeichen findet sich z.B. im SCWPM, aber auch in einem Wikipedia-Beitrag zum koreanischen Zahlensystem. Das verwendete Zahlensystem ist meist das sino-koreanische System, die Grundidee ist dem Chinesischen entlehnt.

Die Zahlen von Null bis Neun haben ebenso wie die Potenzen von 10 eigene Namen – letztendlich ist es bei uns ja ähnlich, nur dass diese Namen im Koreanischen jeweils zu einem Kombi-Zeichen zusammengezogen werden. In den Tabellen zur Identifikation heißt es in der Übersetzung nur „1“ statt „Eins“ und „100“ statt „Hundert“. Das ergibt zwar die richtige Zahl, aber einen völlig falschen Eindruck von der tatsächlichen Schreibweise.


Weiter zum Text: Es gibt 5 „Schriftzeichen“ in der oberen Textzeile (s. oberste Abbildung und folgende Tabelle), die in der Transkription „han kuk un hang guen“ ergeben. Die ersten zwei Zeichen/Silben bedeuten „Korea“, die nächsten beiden „Bank“ und das 5. Zeichen „Schein“, zusammen steht in der ersten Zeile also „Geldschein (Banknote) der Bank von Korea“.



Die vier Schriftzeichen in der unter der Wertangabe angeordneten Textzeile entsprechen den vier ersten Zeichen von links in der oberen Zeile, sie geben also die Bank an.

Koreanisch ist eine Buchstabenschrift! Sie wurde Mitte des 15. Jahrhunderts im Auftrag von König Sedschong entwickelt. Allerdings werden die Buchstaben/Lautzeichen im Koreanischen beim Schreiben silbenweise zu möglichst quadratischen Zeichen kombiniert. Dafür können die Einzelbuchstaben etwas in ihrer Größe angepasst werden. Dadurch sieht die Schrift auf den ersten Blick wie Chinesisch aus, die Sprache der Hochkultur im Osten Asiens. Und lange Zeit galt es nicht gerade als Zeichen für Bildung, anstelle der chinesischen Zeichen diese vergleichsweise einfache Schrift zu benutzen.


Das folgende Beispiel soll anhand der ersten beiden Zeichen – dem Landesnamen – die Anordnung der Buchstaben mithilfe der Farben erklären. Die Reihenfolge der Buchstaben innerhalb des Zeichens/der Silbe geht beim ersten Zeichen von links nach rechts und weiter nach unten bzw. beim rechten Zeichen von oben nach unten.



Die Übertragung aus dem Koreanischen mit zusätzlichen Aussprachezeichen (nach Wikipedia) ergibt ha:n.kuk = Korea, also zwei Silben, das a wird lang gesprochen (nach anderen Quellen auch ha:n.guk). Die Buchstaben g und k sind beide nach der Tabelle bei Wikipedia einem Zeichen zugeordnet.


Das Kleingedruckte am unteren Rand der Vorderseite gibt die Druckerei an. Der Text besteht aus acht Zeichen, wovon die ersten zwei identisch sind mit den beiden ersten Zeichen des Banknamens, also „Korea“ heißen. Die acht Zeichen insgesamt ergeben in der Übertragung „gedruckt von der Korea Minting and Security Printing Corporation“ (auf der Webseite der Bank als KOMSCO abgekürzt).

Das rote Siegel ist in Koreanisch „gefüllt“. Es heißt „Chef der Bank von Korea“, einen Namen gibt es hier nicht. Unterschriften, wie wir sie kennen, sind in Korea eine relativ neue Kultur, erst seit etwa der letzten Jahrtausendwende.

Seit etwa 1900 werden die koreanische und chinesische Schrift gemeinsam benutzt, das ist ein Zeichen von Bildung. Während der japanischen Besetzung war der Gebrauch des Koreanischen eingeschränkt bzw. verboten. In der Republik Korea (Süd) lernt man/hat man in der Schule neben der koreanischen Schrift auch die chinesische Schrift gelernt. In Zeitungen findet man häufiger hinter einem koreanischen Wort in Klammern chinesische Zeichen, um die jeweilige Aussage deutlicher zu machen. Der Trend geht aber vermutlich zur Verwendung von ausschließlich koreanischer Schrift.


Frühere Geldschein-Ausgaben aus der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs – aus Nord- wie Südkorea – sind teils dominierend mit chinesischen Schriftzeichen beschriftet, inkl. des Stempels. Es kann sich dabei tatsächlich um Chinesisch handeln, aber auch um Koreanisch, geschrieben in chinesischer Schrift.

Ein Dankeschön an Jung-Hwa Lee für die Unterstützung.


Rainer Geike

Quellen:

Carl Faulmann: Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und Völker. Wien 1880 (Nachdruck Augsburg 2003), S. 64.

Webseite der Bank von Korea

Wikipedia-Beiträge zum Koreanischen Alphabet und zur Koreanischen Zahlendarstellung

Anne-Katrein Becke: Buchstaben- und nicht Zeichenschrift. In: Horizont Nr. 5/1984, S. 29.

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