top of page

Leserpost: Frage zum Thema Banknoten der Alliierten

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe mir vor kurzem Ihr neues Buch über Deutsche Banknoten ab 1871 zugelegt, mit der Hoffnung Infos über einen Schein darin zu finden. In meiner Sammlung befindet sich ein Schein, der mir Rätsel aufgibt. Es ist ein Schein der Alliierten Militärbehörde, bei dem der farbige Aufdruck des jeweiligen Nennwerts fehlt. ½ Mark , 1 Mark oder 5 Mark? Da dieses Stück nicht das Geheimzeichen "F" hat, gehe ich da von einem UdSSR-Druck aus. Handelt es sich bei meinem Schein um einen Fehldruck oder um einen unfertigen Druck? Leider konnte ich nichts darüber finden. Mit freundlichen Grüßen M. Kreß



Antwort

Bei dem Schein handelt sich eindeutig um einen Fehldruck; ich kenne zwei weitere Scheine, bei denen kein Wertaufdruck vorhanden ist. In der Fachsprache bezeichnet man solch einen Fehldruck als "Schimmel". Darüber hatte ich vor längerer Zeit einen Aufsatz geschrieben. Hier ein Auszug:

"... In der aussterbenden Druckersprache bezeichnet „Schimmel“ einen unbedruckten Bogen Papier innerhalb einer gesamten Druckauflage – er ist gewissermaßen weiß geblieben. Auch bei farbigen Papieren und eben auch beim Banknotendruck spricht man von einem „Schimmel“, wenn ein Bogen aus unterschiedlichen Gründen nicht bedruckt wurde. Ganz gleich, ob solch ein Bogen während oder erst nach dem Druck entdeckt wurde: es handelt sich immer um Makulatur – um Ausschuss! Werden bei der Endkontrolle solche Bogen nicht gefunden und mit ausgeliefert, dann ist das peinlich und ein Qualitätsmangel. Bei irgendwelchen Handzetteln ist das sicher kein Problem und hinnehmbar. Bei wichtigen oder hochwertigen Drucken ist das schon bedenklich und mehr als unerfreulich, besonders beim Druck von Wertpapieren im Allgemeinen und bei der Herstellung von Geldscheinen im Besonderen! Fällt einem Sammler ein „unfertiger“ Schein in die Hände, dann ist er meist glücklich, weil das eben die Ausnahme ist. ... Frage: wie kann so etwas geschehen? Antwort: Nicht bedruckte Vorder- oder Rückseiten, fehlende Druckgänge sind nicht häufig ... Solche Fehler entstehen im sog. Fortdruck, wenn zwei oder mehrere Bögen auf einmal vom Greifer zur Anlage geführt werden und nur der erste = obere Bogen bedruckt wird. Diese „Schimmel“-Drucke können sich auch bei nachfolgenden Druckgängen wiederholen. Ursachen können sein: statisch aufgeladene Bögen (durch Temperaturschwankungen oder hohe Luftfeuchtigkeit im Drucksaal) oder durch falsch eingestellte Greifer. Diese Fehler können bei allen Druckgängen – auch beim Nummerndruck – vorkommen. Vorstellbar ist auch, dass der Drucker einen Bogen aus dem laufenden Druck zur Qualitätskontrolle entnimmt und vergisst, ihn wieder in den Stapel zu legen. Legt er ihn wieder korrekt dazu, passiert nichts ... legt er ihn falsch ein: gibt es einen anderen Fehldruck: a = kopfstehender Druck einer Vorder- bzw. (je nach dem) Rückseite oder b = Vorder- und Rückseitendruck auf einer Seite. Übrigens: so kommen auch „kopfstehende Wasserzeichen“ zustande. Logischerweise kommen beim Mehrnutzen-Druck nach dem Endformat-Beschnitt mehrere „Schimmel“ vor. Ein bei der Endkontrolle gefundener Fehldruck verpflichtet dazu, die anderen Fehldrucke in den jeweiligen Bündeln/Papierstößen zu finden und herauszunehmen (und beim Banknotendruck dann mit den sog. Austausch-/Ersatz-Noten die Stapel wieder zu ergänzen, damit die Wertmenge rechnerisch stimmt). Zusammenfassend ist festzustellen, dass diese Art Fehldrucke einseitig und seltener zweiseitig vorkommen können. Beim Mehrfarbendruck sind ein fehlender Druckgang oder mehrere fehlende Druckgänge denkbar und vorgekommen: fehlender Unterdruck, fehlender Hauptdruck, fehlender Wertaufdruck, fehlender Nummerndruck usw. usf. – je nach Beschaffenheit des betreffenden Geldscheins. ..."

Bei Ihrem Schein fehlt der Wertaufdruck, entweder in Grün für einen 1/2-Mark-Schein oder in Violett für einen 5-Mark-Schein. Ich vermute stark, dass auch Ihr Schein ein 1/2-Mark-Schein aus sowjetischer Fertigung ist. In meinem kürzlich erschienenen Sachbuch "Die Militärmark-Scheine der Alliierten von 1944 bis 1948 in Deutschland" (siehe auch Beitrag auf Geldscheine-Online.com, Newsletter vom 28. Juli 2021) ist ein ähnliches Exemplar abgebildet.



Das Besondere daran ist, dass die mir bekannten Scheine eindeutige Umlaufspuren zeigen und es wirft die Frage auf, weshalb solche Stücke längere Zeit unerkannt umliefen, da man ja nicht damit bezahlen konnte ... eben weil kein Wert erkennbar war. Kurios!

Für weitere Fragen stehe ich gern zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen aus Sachsen

Michael H. Schöne

bottom of page