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Eine Bank für Samoa

Aktualisiert: 13. Nov. 2023

Unter den deutschen Geldscheinen erinnert nur ein Serienschein des Amtes Neustadt in Mecklenburg vom April 1922 an die deutsche Kolonialherrschaft in Samoa. Die Rückseite des 50-Pfennig-Scheins zeigt eine Südsee-Idylle, eine von Palmen umsäumte Bucht, den Hafen von Apia.


Abb. 1.1/2: Neustadt i. M., Amt, April 1922, 50 Pfennig, Serie II, Vorder- und Rückseite.



Deutsch-Samoa, d. h. die großen Inseln Upolu und Savai’i, sowie die beiden kleinen Eilande Apolima und Manono, war die letzte Kolonialerwerbung des Deutschen Reichs. Mit Erlass vom 17. Februar 1900 wurden die Samoa-Inseln westlich des 171. Längengrades westlicher Länge unter „deutschen Schutz“ gestellt. Als Zeichen der Inbesitznahme wurde am 1. März 1900 auf der Halbinsel Mulinu'u bei Apia die Reichsflagge gehisst.[1]


Abb. 2: Deutsche Flaggenhissung auf Samoa am 1. März 1900 (Fotomontage mit dem kaiserlichen Schutzbrief im Hintergrund)



Der Niederländer Jakob Roggeveen betrat als erster Europäer 1722 Samoa. Andere Seefahrer folgten, jedoch erst ab 1820 geriet die Inselgruppe in den Fokus europäischer und amerikanischer Missionare, Forscher, Walfänger und Händler.


Ende der 1850er Jahre begann der Hamburger Überseekaufmann, Reeder und Werftbesitzer Johan Cesar VI. Godeffroy an der Küste Neuguineas mit Kopra zu handeln, dem getrockneten Fruchtfleisch von Kokosnüssen, aus dem Kokosöl gewonnen wird. In den nächsten Jahren eröffnete das Handelshaus Joh. Ces. Godeffroy & Sohn auf der benachbarten östlich liegenden Inselgruppe der Salomonen eine Faktorei und überzog die Südsee mit einem Netz von 45 Niederlassungen und Handelsposten. Den Handel zwischen den überseeischen Niederlassungen und Europa besorgte eine firmeneigene Flotte von 100 Schiffen.


Besonders aktiv war das Unternehmen in Samoa. Der Leiter der Hauptagentur, Theodor Weber, wurde am 28. April 1864 zum hamburgischen Konsul in der samoanischen Hauptstadt Apia ernannt. 1868 wurde er Konsul des Norddeutschen Bunds und 1872 Konsul des Deutschen Reichs für Samoa und Tonga. Während dieser Zeit erwarb er für das Handelshaus 30.000 ha fruchtbaren Boden auf Upolu. Dadurch wurde das Unternehmen zum größten Grundbesitzer auf Samoa. Angebaut wurden Kokospalmen, Kaffee, Kakao, Zuckerrohr und Baumwolle. Zwangsarbeit war auf den Plantagen an der Tagesordnung. Zumeist wurden die Ureinwohner von anderen Inseln verschleppt und auf die Felder getrieben.


Abb. 3: Karte von Samoa (Schiffer-Inseln).



Auf Samoa hatten zunächst rivalisierende US-amerikanische, britische und deutsche Interessen das Geschehen bestimmt. 1889 einigte man sich auf eine Dreierherrschaft, die – unter Wahrung der Fiktion einer autonomen samoanischen Königsgewalt – mehr schlecht als recht funktionierte.


1899 verzichtete Großbritannien, das wegen des Burenkriegs unter Druck stand, auf seine Rechte in Samoa und erhielt im Gegenzug den größten Teil der Salomonen sowie die Tonga-Inseln; Deutschland und die USA teilten Samoa untereinander auf, wobei das Reich den größeren Anteil erhielt.[2]



Abb. 4: Titelblatt der Programmbroschüre „Unsere neuen Landsleute“ mit einem samoanischen Krieger vor deutschen Fahnen, 1900












Abb. 5: Frauengruppe


Abb. 6: Tochter eines samoanischen Häuptlings


Abb. 7: In der mittleren Reihe von links nach rechts: Gouverneur Wilhelm Solf, neuseeländischer Parlamentarier Charles Houghton Mills, Oberhäuptling Mataafa Iosefa. Samoa 1903, Quelle: <http://totallyhistory.com/wp-content/uploads/2013/10/Group_Wilhelm_Solf_C_H_Mills_Mataafa_Iosefa_-_Samoa_1903.jpg>


Der Handel mit den Insulanern erfolgte zunächst meist als Tauschhandel. Nach Meinhard stammt die erste geldgeschichtlich brauchbare Notiz aus dem Jahr 1787. „Damals kaufte der französische Reisende La Pérouse in der Massakerbay auf Tutuila, einer der Samoa-Inseln, Lebensmittel für Glasperlen ein.“[3] Obwohl der Häuptling von Apia bereits 1838 den Hafenzoll in Dollar-Münzen erhob, nutzten die Einheimischen verschiedene Waren als Geld. Das sog. Mattengeld[4] war das wertvollste Zahlungsmittel, da deren Herstellung Monate dauerte. „Alte Matten waren unveräußerliche Familienerbstücke die u. U. ihrem Besitzer einen höheren Rang verleihen konnten. Einfache alte Matten bildeten das Großgeld Samoas und waren mindestens 400 Goldmark wert.“[5] Die roten Federn des seltenen Sega-Vogels (Coriphilus fringaliceus), die ursprünglich einen sehr hohen Wert darstellten, verloren ihre Bedeutung, als eine Papageienart aus Fidschi eingeführt wurde, deren Federn leichter zu erhalten waren. „1900 galten zwanzig Stränge roter Federn von je 20 Zentimeter Länge nur noch eine Mark. Vor 1884 war auch Gelbwurzpulver in kleinen Kokosschalen ein beliebtes Tauschmittel, das etwa eine Mark galt. Zu jener Zeit war die Nuß eine(r) Mimosenart (Entada scandens) eine Scheidemünze von geringem Wert. Auch Schmuck konnte ein sehr wertvolles Tauschmittel sein. Bearbeitete Spermwalzähne waren hochgeschätzt, unbearbeitet aber wertlos. Auch Delphinzähne gaben ein sehr wertvolles Schmuckmaterial ab.“[6]


Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dominierten britische und US-amerikanische Gold- und Silbermünzen den Münzumlauf, aber auch deutsche Münzen waren anzutreffen. Trotz des Übergangs der Inseln in deutschen Besitz, sah sich der Kaiserliche Gouverneur Wilhelm Heinrich Solf [* 5. Oktober 1862 in Berlin; † 6. Februar 1936 ebenda] genötigt, zunächst die alten Geldverhältnisse unangetastet zu lassen. Erst die Verordnung vom 15. Juni 1901 brachte eine Neuregelung.[7] Obwohl nun die Reichsmarkrechnung in Samoa galt, war sie nicht identisch mit der in Deutschland. Die alten Talermünzen im Wert von 3 Mark, sowie Münzen zu 5 Mark und 20 Pfennig waren im Umlauf nicht zugelassen. Gesetzliche Zahlungsmittel wurden die Reichsmünzen zu 20, 10, 2 und 1 Mark, sowie die Münzen zu 50, 10, 5, 2 und 1 Pfennig. Über Reichskassenscheine und Reichsbanknoten enthielt die Verordnung keine Bestimmungen. Wegen der herrschenden, monetären Verhältnisse mussten auch fremde Münzen geduldet werden. Ab 1. Juli 1901 erhielten englische und US-amerikanische Goldmünzen gesetzliche Zahlungskraft – und zwar galten:


1 Pfund Sterling englisch = 20,42 Mk.

10 Schilling = 10,21 Mk.

20 US-Dollar = 83,80 Mk.

10 US-Dollar = 41,90 Mk.

5 US-Dollar = 20,95 Mk.

2 ½ US-Dollar = 10,45 Mk.


Alle anderen fremden Münzen wurden nicht mehr als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt. Nur den amtlichen Kassen wurde im Interesse der Siedler gestattet, noch während einer zweijährigen Frist, deren Verlängerung um weitere zwei Jahre sich der Gouverneur vorbehielt, US-amerikanische Silberdollars und englische Schillingstücke anzunehmen.

Die Kassen waren jedoch nicht verpflichtet mehr als 20 Schillings oder 5 Silberdollars anzunehmen. Der Wechselwert wurde hierbei für den Schilling mit einer Mark und der des Silberdollars mit 4 Mark festgelegt. Ausgenommen von dieser Regelung waren durchlochte oder durch anormalen Gebrauch im Gewicht verringerte Münzen, sowie nachgemachte oder verfälschte Münzen. Diese Bestimmung galt auch für Reichsmünzen. „In Fällen, wo sie von Eingeborenen als Schmuckstücke durchlöchert waren und von diesen in Unkenntnis der bestehenden Vorschriften als Zahlungsmittel bei einer öffentlichen Kasse angeboten waren, sollte eine Unbrauchbarmachung der beschädigten Münzen nicht eintreten.“[8]


1904 erhoben sich die Herreros in Deutsch-Südwest-Afrika (DSW) gegen die Kolonialmacht. Das schnell aus Deutschland entsandte Marine-Expeditionskorps führte in Unkenntnis der für DSW geltenden Münzverordnung, eine größere Anzahl von Fünfmarkstücken mit sich.

„Da diese Fünfmarkstücke nicht in Zahlung genommen wurden, entstanden Schwierigkeiten, die schließlich einen großen Umfang anzunehmen drohten, sodaß sich die Zentralverwaltung in Berlin veranlaßt sah, telegraphisch einzugreifen und die Zulassung der Fünfmarkstücke als gesetzlicher Zahlungsmittel in der Kolonie beim Gouvernement zu veranlassen.“[9]


Dies nahm der Reichskanzler von Bülow zum Anlass, dass Geldwesen in den verschiedenen Schutzgebieten durch eine Verordnung[10] zu vereinheitlichen. Danach waren laut § 2: „Gesetzliches Zahlungsmittel sind die sämtlichen Münzen, die auf Grund reichsgesetzlicher Bestimmungen im Reichsgebiet gesetzliches Zahlungsmittel sind, jedoch mit der Maßgabe, daß neben den Reichsgoldmünzen und Talern auch die Reichssilbermünzen für jeden Betrag in Zahlung genommen werden müssen und daß die Nickel- und Kupfermünzen sowohl im Privatverkehr als auch im Verkehr mit den amtlichen Kassen gesetzliches Zahlungsmittel bis zum Betrag von fünf Mark sind.“ Der Umlauf des Papiergeldes wurde in §§ 6 [„Die Reichskassenscheine sind bei allen amtlichen Kassen zu ihrem Nennwert in Zahlung zu nehmen. Im Privatverkehr findet ein Zwang zu ihrer Annahme nicht statt.“] und 7 [„Die amtlichen Kassen sind ermächtigt, die von der Reichsbank ausgegebenen Noten in Zahlung zu nehmen.“] geregelt.


In seinem Bericht vom 14. Juni 1901 meldete Solf nach Berlin, dass sich das Schutzgebiet[11] erfreulich entwickle, schränkte aber gleichzeitig ein, dass zu wenig Geld im Lande vorhanden sei und die Kreditverhältnisse im Argen lägen. Eine beträchtliche Anzahl von Siedlern könnten mit einem Darlehn von 2-3000 Mark in die Lage versetzt werden, brachliegendes Land zu bearbeiten. Der Gouverneur regte deshalb an, eine Hypothekenbank in Apia einzurichten. Wegen fehlender Erfahrungen erbat er die Unterstützung des Auswärtigen Amtes: „Falls das Privatkapital sich spröde erweist oder dem Auswärtigen Amt aus anderen Gründen die Durchführung des Plans schwierig oder aussichtslos erscheint, beantrage ich, unter anderem auf dem Wege einer Anleihe oder durch Einschaltung unserer Poststation in den Etat dem Gouvernement Mittel zu verschaffen, um an der Erschließung und Hebung des Landes durch Gewährung von Darlehen an geeignete Ansiedler tatkräftig mitzuwirken. Eine Summe von M. 100.000 würde zunächst genügen.“[12]


Bereits mit Schreiben vom 29. August antwortete die Kolonialabteilung. Sie stellte fest, dass eine Gründung einer Hypothekenbank in Apia nicht durchführbar sei und verwies dabei auf das beigefügte Gutachten des Kolonialdirektors. Dieser führte darin aus, dass selbst wenn die Verwaltungskosten der Bank in Apia auf jährlich nur 12.000 Mark veranschlagt würden und die Bank eine fünfprozentige Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals erwarte, müssten mit 6 % verzinste Hypotheken in Höhe von 1,2 Millionen Mark vergeben werden:


Zinseinnahmen (6 % von 1,2 Mio. Mark) 72.000 Mark

Verzinsung des eingesetzten Kapitals (5 % von 1,2 Mio. Mark) 60.000 Mark

Jährliche Verwaltungskosten 12.000 Mark

Wenn Hypotheken in Höhe von nur 200.000 Mark bestellt werden könnten, stiege der Hypotheken-Zinssatz schon auf 11 Prozent. Bei diesen Rechnungen seien die Errichtungskosten der Bank auf Samoa noch nicht einmal berücksichtigt.


Damit war die Angelegenheit zunächst erledigt. Am 26. Juli 1907 antwortete Solf auf ein Schreiben des Staatssekretärs des Reichskolonialamts: „Die Möglichkeit der Gründung einer Bank in Samoa habe ich wiederholt bei mir und mit sachverständigen Kaufleuten erwogen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Verhältnisse des Schutzgebietes noch immer zu wenig entwickelt sind, um einem Bankunternehmen Aussicht auf Erfolg zu versprechen.“


Der Gouverneur wies daraufhin, dass der Bargeldbestand der Gouvernementskasse etwa eine halbe Million Mark betrage, „die ohne Jemand Nutzen zu bringen, als totes Kapital lagert.“ Der Gouverneur fragte daher an: „Ist keine Möglichkeit vorhanden, ohne besondere Genehmigung der gesetzgebenden Behörden diese Gelder bis zur Höhe von vielleicht 100.000 Mark gegen Sicherheiten und auf mäßige Zinsen als Darlehen an Pflanzer auszuleihen? … Das Gouvernement hat bisher angesehenen Firmen Gelder gegen Scheck auf die Legationskasse gezahlt. … Wirtschaftlich wäre es ein Fortschritt, wenn das tote Kapital nutzbringend für die Weiterentwicklung des Schutzgebiets belebt werden könnte.“


Sozusagen als Bestätigung seiner Ausführungen fügte Solf eine Stellungnahme des Leiters der Niederlassung Apia der „Hauptagentur der deutschen Handels- und Plantagen-Gesellschaft der Südsee-Inseln zu Hamburg“ vom 10. Juli bei.[13] Auch er hielt eine Bank für Samoa für nicht existenzfähig und begründete es so: „Es ist zunächst zu berücksichtigen, dass die IMPORTE der Kolonie gegenwärtig zu mindestens einem Viertel in den Händen der D.H.&P.G. liegen und die EXPORTE zu mehr als die Hälfte. – Die D.H.&P.G. braucht aber aus vielen Gründen keine Bank am Platze, sondern kann nach wie vor ihr eigener Bankier sein. – Die Interessen der D.H.&P.G. sind also von vornherein abzuziehen, wenn man den für eine Bank verbliebenen Wirkungskreis berechnen will. – Sodann muss man berücksichtigen, dass die Post den Geldüberweisungsverkehr von und nach DEUTSCHLAND, den australischen Kolonien NEU-SEELAND und den VEREINIGTEN STAATEN billiger besorgt, als eine Bank es tun könnte. – Depositengeld würde der Bank nur dann anvertraut werden, wenn sie eine Filiale einer bekannten, soliden in- oder ausländischen Bank wäre. – Bei einem neugegründeten Privatinstitut würde den Einlegern das Risiko für ihre Depots wahrscheinlich zu groß sein. – Ausserdem würde kaum irgendeine, hier ansässige Bank Depots zu so günstigem Zinsfuss annehmen können, wie die D.H.&P.G., welche stets 4 % für Depots bei nur dreimonatlicher Kündigung zahlt, da sie die Gelder in ihrem Handelsgeschäft immer vorteilhaft verwenden kann. – Der Nutzen, den eine Bank aus Privatleuten ziehen könnte, würde ein ganz unbedeutender sein. Übrigens bleiben für eine Bank also eigentlich nur noch die Hypothekengeschäfte, die mit den einzelnen Pflanzern, evtl. auch mit den kleineren Pflanzungsgesellschaften zu machen wären. Die Pflanzer sind ja auch fast allein diejenigen, welche die Notwendigkeit einer Bank betonen.“


Dennoch fragte man sich im Kolonialamt in Berlin, ob es nicht möglich sein sollte zur Befriedigung der Kreditbedürfnisse eine Genossenschaft auf der Grundlage des Reichsgesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889 zu gründen. „Die Frage, ob das Reich oder auch die Central-Genossenschafts-Kasse einer zu bildenden Genossenschaft, falls die gestellten Sicherheiten ausreichend erscheinen, die nötigen Mittel zur Verfügung stellt, kann zunächst offen bleiben.“ Die Central-Genossenschafts-Kasse erklärte sich bereit, ein Gutachten über die Möglichkeit und die Form einer Genossenschaft auszuarbeiten. Auch dieser Versuch verlief im Sande.


Zwei Jahre später nahm man einen neuen Anlauf, eine deutsche Bank zur Gründung einer Filiale auf Samoa zu bewegen. Die Deutsch-Asiatische Bank winkte ab, da ihr das Geschäftsvolumen zu gering erschien, um die Kosten einer Filiale zu decken. Weder die Deutsche Bank noch die Deutsche Ueberseeische Bank sahen eine Möglichkeit, dem Plan zur Errichtung einer Filiale in Apia näherzutreten. Die Ostafrikanische-Handels-Bank verwies darauf, „dass es für eine Bank unmöglich wäre, ganz verschiedene Gebiete zu bearbeiten, und man sich auf gewisse Zonen beschränken müsse.“ Die Deutsch-Westafrikanische Bank äußerte sich ähnlich. Die Errichtung einer Zweigniederlassung komme nicht in Frage, „weil infolge der Verschiedenheit der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den betreffenden Gebieten der einheitliche Betrieb der Deutsch-Westafrikanischen Bank gestört würde, und weil auch ferner schon der geographischen Lage wegen keinerlei Berührungspunkte zwischen den westafrikanischen- und den Südsee-Schutzgebieten bestehen.“ Auch die Dresdner Bank lehnte die Gründung einer besonderen, kleinen Kolonialbank in Apia ab, da die Einrichtungs- und Verwaltungskosten gegenüber der in Aussicht zu nehmenden Geschäftstätigkeit das Unternehmen für absehbare Zeit unrentabel erschien. Der gesamte Handel betrug zu dieser Zeit noch keine 6 Millionen Mark jährlich.


Am 30. Juni 1910 antwortete der Staatssekretär des Reichs-Kolonialamtes auf ein Schreiben der Deutschen Samoa-Gesellschaft, eine der treibenden Kräfte für eine Bank auf Samoa: „Mit der Frage der Verbesserung der Kreditverhältnisse in Samoa hat sich die Kolonialverwaltung im Benehmen mit dem Gouvernement schon seit längerer Zeit eingehend befaßt. Dabei wurde wegen Gründung einer Bank oder einer Bankfiliale in Samoa mit geeigneten Interessenten diesseits verhandelt. Obwohl den Unternehmen durch zinslose Überlassung von Regierungsguthaben Unterstützung versprochen wurde, haben sich die befragten Interessenten nicht entschließen können, dem Plan näher zu treten. Man befürchtet die großen Spesen, Personal-Schwierigkeiten und geringe Rentabilität. Zu meinem Bedauern vermag ich keine Auskunft darüber zu geben, ob und in welcher Weise in Deutschland Hypotheken auf Samoanische Grundstücke erhältlich sind. Hypothekenbanken [in Deutschland, Anm. d. Verf.] kommen nach Lage der gesetzlichen Bestimmungen jedenfalls nicht in Betracht.“


Am 22. Mai 1911 meldete der Gouverneur nach Berlin, dass kürzlich Mr. A. Grabet-Steber, Leiter der Filiale in Suva (Fidschi) der Bank of New-South-Wales, anfragt habe, ob die Bank eine Agentur in Samoa eröffnen dürfe und „ob das Gouvernement eventuell seine Barmittel der Bank zum Depot bezw. zur Verwaltung uebergeben wuerde.“


Diese Nachricht veranlasste die Hamburger Nachrichten am 25. August 1911 unter dem Titel „Eine Bank für Samoa!“ das Thema aufzugreifen und ihre Leser über die schwierigen Verhältnisse in Samoa zu informieren: „Bankmäßige Kreditvermittlung, Diskont- und Lombard-Geschäfte sind unbekannt. Zu bestimmten Zeiten herrscht in Apia eine Geldknappheit, die geradezu ans Unglaubliche grenzt. Sie hängt unmittelbar mit dem Kopraeinkaufsgeschäft zusammen, indem alles flüssige Geld nach den Inlandstationen geschickt wird zur Ausgabe an die Eingeborenen für Kopra. Dabei kann es kommen, daß sonst ganz solvente Firmen unter allerdings vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten zu leiden haben. Da das Koprageschäft sechs Siebtel des gesamten Ausfuhrhandels ausmacht, ist die Kalamität

unter den samoanischen Geschäftsleuten fast allgemein. Für kurze Barkredite werden dann gern 1 ½ bis 2 v. H. monatlich gezahlt, während der Zinsfuß hierfür unter normalen Verhältnissen 1 v. H. monatlich beträgt. Nicht viel besser steht es mit der Kreditbeschaffung auf Landsicherheiten. Selbst die im Grundbuch des Bezirksgerichts eingetragenen Hypotheken pflegen an erster Stelle mit 8 v. H., an zweiter mit 10 v. H. bis 12 v. H. verzinst zu werden. Und auch dann noch ist es oft schwierig, Geld auf gute Landsicherheiten, wenn auch nur vorübergehend, zu erhalten. Hypotheken in der zweiten Hälfte des Taxwertes gehören zu den Seltenheiten. Mit dem zunehmenden Geschäftsverkehr in Samoa ist das Bedürfnis einer Bank immer dringender geworden. Da der bedeutendste Teil des samoanischen Handels nach Sidney geht, haben dortige Firmen ein besonderes Interesse daran, diese Schwierigkeiten zu beseitigen, wovon sie sich mit Recht eine weitere Stärkung des Geschäftes versprechen. Ein australisches Bankunternehmen hat daraufhin den interessierten Kreisen in Samoa das Angebot gemacht, in Apia eine Filiale zu errichten.“ Das Blatt setzte im Bericht auf die nationale Karte und appelliert an die Bankvorstände. Zwar würden weite Teile des Pflanzervereins das Angebot begrüßen, aber natürlich würde man einer nationalen Bank den Vorzug geben und glücklicherweise sei noch keine Entscheidung gefallen und man hoffe vielmehr, „daß deutsche Bankkreise sich diese Gelegenheit zur Betätigung in unserer Kolonie nicht entgehen lassen.“


Im Dezember 1911 kam es in Berlin zu einem Treffen zwischen dem Vorstandsmitglied der Deutsch-Asiatischen Bank, Emil Rehders, dem Geheimen exp. Sekretär im Reichs-Kolonial-Amt, Hintze, sowie dem Bezirksamtmann Dr. Klug als Schutzgebietsreferent. Ziel des Gesprächs: Ausräumen der Bedenken der Bank gegen die Errichtung einer Bankniederlassung. Die Regierungsvertreter sahen die zukünftige Entwicklung Samoas recht positiv. Die Einbeziehung Samoas in die Lloyd-Schifffahrts-Linie Singapore-Rabaul würde den Handel mit Deutschland erheblich steigern und die wirtschaftliche Abhängigkeit von Australien verringern. Die Kokospalmen- und Kakaokulturen böten gegenüber anderen Arten von Planzungen mehr Sicherheiten und die zunehmende Zahl chinesischer Arbeiter, die für die Arbeit auf den Plantagen angeworben würden, würde sich für die Bank, die in Ostasien ihr Hauptbetätigungsfeld habe, sicherlich vorteilhaft auswirken. Den Einwand, die Bank dürfe nach den Statuten nur in Asien tätig sein, könne man leicht ausräumen. Das Unternehmen könnte darüber hinaus auch durch die zinsfreie Überlassung des Gouvernementsguthaben von etwa 300.000 Mark unterstützt werden. Im Oktober 1912 kam dann Rehders Absage.

Die Deutsch-Asiatische Bank werde weder in Apia noch in Rabaul (Bismarck-Archipel, ehemals Neupommern) eine Filiale einrichten.


Eineinhalb Jahre später hatte man andere Probleme. Am 29. August 1914 kreuzten acht Schiffe des neuseeländischen Expeditionskorps vor Apia auf. Mehr als 1400 Offiziere, Mechaniker, medizinisches Personal und Techniker waren am 15. August von Wellington aus in See gestochen. Ohne auf Widerstand zu stoßen, besetzten sie Deutsch-Samoa. Wenn auch unter anderen Vorzeichen, erhielt Samoa nun die lang ersehnte Bank. Am 28. April 1915 eröffnete in Apia in den Räumen des Amtes für Vermessung und öffentliche Arbeit die Bank of New Zealand eine Zweigniederlassung.


Vor der Eröffnung der Filiale wurden am 27. März 1915 £1-Noten der sechsten Ausgabe der Bank of New Zealand (Wellingtoner Druck) mit der S.S. Talune an Colonel Logan verschifft.[14]


Diese Lieferung umfasste 5.000 Noten, die von E917001 bis E920000 und von E935001 bis E937000 nummeriert waren. Später, am 3. April, wurden 20.000 Noten mithilfe der Post verschickt. Diese waren nummeriert von E920001 bis E935000 und von E937001 bis E942000. Am 22. April folgten weitere 25.000 Scheine mit den Nummern E995001 bis E1000000 und G000001 bis G020000 und am 21. Mai schließlich weitere 25.000 mit den Nummern G058001 bis G083000. Diese Scheine erhielten in der neuseeländischen Regierungsdruckerei einen roten Überdruck. Der Name der Bank of New Zealand wurde durchgestrichen und durch „Government of Samoa“ ersetzt. Apia ersetzte den durchgestrichenen Ausgabeort Wellington, und der Schriftzug "The Bank of New Zealand is not liable hereon" [Die Bank of New Zealand haftet hierfür nicht.] wurde oben zusätzlich aufgedruckt. Die Rückseite der Banknoten blieb unverändert.


Abb. 8: Government of Samoa, 1. April 1915, 1 Pound, Vorderseite

Auch 5000 £5-Banknoten der dritten Ausgabe wurden auf der S.S. Talune mit der ersten Sendung von £1-Banknoten nach Apia gesandt. Sie waren von 960401 bis 965400 nummeriert. Mangels weiterer Informationen vermag ich nicht zu sagen, ob sich Scheine mit Aufdruck erhalten haben.


Abb. 9.1/2: Bank of New Zealand, o. D., 5 Pounds, ohne Überdruck „Government of Samoa“, Vorderseite, Quelle: <https://fr.numista.com/catalogue/note237185.html> (02.07.2023)



Das neuseeländische Schatzamt gab am 1. März 1920 3.500 10-Shillings-Noten der zweiten Ausgabe der Bank of New Zealand mit den entsprechenden Aufdrucken in Umlauf. Es handelt sich um die mit 709001 bis 716000 nummerierten Scheine. Von diesem Wert ist möglicherweise nur der Schein mit den zwei diagonalen „SPECIMEN“-Aufdrucken erhalten geblieben. Der Grundschein wurde bei Bradbury Wilkinson in London gedruckt und hat die Größe 175 x 88 mm. Die Noten zu 10-Shillings, £1 und £5 können als Besatzungsgeld betrachtet werden, da Neuseeland formal erst am 17. Dezember 1920 das Mandant des Völkerbunds für Samoa erhielt.


Abb. 10.1/2: Government of Samoa, 1. Oktober 1917, 10 Shilling, Vorder- und Rückseite.


Ab 1922 begann die neuseeländische Regierung mit der Ausgabe neuer 10-Shillings-, £1- und ab 1920 £5-Noten. Sie sind mit Territory of Western Samoa überschrieben und wurden Treasury Notes genannt. Grundlage hierfür war der Samoa Act von 1921. Die Ausgabe in neuseeländischer (britischer) Pfund-Währung erfolgte durch das neuseeländische Außenministerium. Die Geldzeichen tragen die Unterschrift des neuseeländischen Außenministers und des Sekretärs des neuseeländischen Finanzministeriums. Als Sicherheit der Ausgabe diente Bargeld, verpfändete Schuldverschreibungen, Namensaktien oder andere von der neuseeländischen Regierung ausgegebenen Wertpapiere.


Am 1. April 1959 wurde der Betrieb der Apia-Filiale der Bank of New Zealand auf die neu gegründete Bank of Western Samoa übertragen. Die neuseeländische Bank war weiterhin mit 50 % am Kapital der neugegründeten Notenbank beteiligt.


Uwe Bronnert

Anmerkungen [1] Allerhöchster Erlaß, betreffend die Erklärung des Schutzes über die Samoainseln westlich des 171. Längengrades w. L. vom 17.02.1900 [RGBl. 1900, S. 135]. Abgedruckt in: Archiv des Deutschen Kolonialrechts, hrsg. v. Dr. Norbert B. Wagner, 2. berichtige Auflage, Brühl/Wesseling 2008, S. 377.

[2] Vertrag über Samoa, die Tonga-Inseln, Salomonsinseln und Sansibar zwischen Deutschland und Großbritannien vom 14. November 1899. Die USA unterzeichneten den Samoa-Vertrag am 2. Dezember 1899 in Washington. Der Austausch der Ratifikationsurkunden erfolgte am 16. Februar 1900. Abgedruckt in: Archiv des Deutschen Kolonialrechts, S. 226.

[3] Dr. Günther Meinhardt, Die Geldgeschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete, Heft 6: Deutsch-Mikronesien und Samoa, Rundschau der Geldzeichensammler, Dortmund 1964, S. 35. [4] „Die Matten werden stückweise aus schmalen Streifen der Blätter der Pandanusstaude geflochten u. bei guten Matten an der Unterkante mit den Brustfedern des kleinen samoanischen Papageis geschmückt. Einen Handelsartikel zwischen Eingeborenen u. Weißen bilden sie nicht; ihre Verwendung beschränkt sich vielmehr auf das innere samoanische Leben. Da mit fortschreitender Civilisirung des Landes alte Gebräuche u. Kunstfertigkeiten schwinden, sind auch die Tage der feinen Matten gezählt.“ <https://blog.deutsches-museum.de/2022/04/08/kanonenboote-und-feine-matten> (02.07.2023) [5] Dr. Günter Meinhardt, S. 40. [6] Ebenda, S. 40 f.

[7] Verordnung des Gouverneurs von Samoa, betreffend das Geldwesen [Kol.Bl. S. 590] und Instruktion des Gouverneurs von Samoa für die öffentlichen Kassen des Schutzgebiets vom 15. Juni 1901. Abgedruckt in: Karl-Dieter Seidel, Die deutsche Geldgesetzgebung seit 1871, Münzen – Papiergeld und Notenbanken. Mit den Münzverträgen der deutschen Staaten im

19. Jahrhundert, München 1973, S. 139 f.

[8] Matthias Deeken, Das Geldwesen der deutschen Kolonien, Diss. Münster 1913, S. 19.

[9] Ebenda, S. 20.

[10] Verordnung des Reichskanzlers, betreffend das Geldwesen der Schutzgebiete, außer Deutsch-Ostafrika und Kiautschou v. 1. Februar 1905, Anlage II. zur Denkschrift über das Geldwesen der Schutzgebiete, außer Deutsch-Ostafrika und Kiautschou [Deutscher Reichstag, 11. Legislaturperiode, I. Session 1903/1905, Drucksache Nr. 665]. Abgedruckt in: Karl-Dieter Seidel, S. 140 f.

[11] Samoa war mit ca. 2800 km² die kleinste deutsche Kolonie. 1911 lebten auf den Inseln ca. 33.500 einheimische und 557 europäische Einwohner (darunter 329 Deutsche und 132 Engländer), 1025 sog. „Mischlinge“ und 1546 Chinesen. Hauptexportgüter waren Kopra und Kakao. 1912 wurden Waren im Wert von 5.045.000 Mark ausgeführt und für 4.994.000 Mark eingeführt. Seit 1908 benötigte die Muster-Kolonie keine Reichszuschüsse mehr. [12] BA Berlin, R 1001/6447, Acten, betreffend Banken und Geldinstitute in Samoa, von Juni 1901 bis Mai 1914. Als Quelle für die nachfolgenden Ausführungen dient diese Akte.

[13] Aufgrund mangelnder Liquidität stellte „Joh. Ces. Godeffroy & Sohn“ am 1. Dezember 1879 die Zahlungen ein. Im April 1880 erreichte Cesar Godeffroy einen Vergleich mit seinen Gläubigern, dessen Abwicklung über 30 Jahre lang dauerte. 1913 wurde das Unternehmen aus dem Handelsregister Hamburg gelöscht. Die Südsee-Organisation des Handelshauses wurde weitgehend von der 1878 gegründeten „Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft der Südseeinseln“ übernommen.

[14] Die folgenden Angaben nach R. H. Griffin, Bank of New Zealand Banknotes 1861 – 1934, Produced to celebrate the 125th year of the Bank, Wellington, N. Z. 1987, S. 34 ff.

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