Militärlire-Scheine 1943 für Italien –Fälschungen und Verfälschungen
- Michael H. Schöne

- 15. Sept.
- 5 Min. Lesezeit
Nach der Landung alliierter Truppen auf Sizilien seit dem 9. Juli 1943 wurde die „Operation Husky“ mit dem Übersetzen der Streitkräfte auf das italienische Festland und mit direkten Angriffen von Nordafrika unter dem Code-Namen „Operation Avalanche“ Anfang September 1943 fortgesetzt.

Aus den Erfahrungen nach der Invasion britisch-amerikanischer Truppen in Französisch-Nordafrika 1942 mit der Verwendung von Militärgeld („Spearhead Currency“ = US Silver Certificates mit gelbem Siegel bzw. der britischen Army Issues „BMA Notes“) und mit den aufgetretenen Problemen entschied das AMGOT am 30. März 1943 den einheitlichen Druck besonderer Besatzungs-Geldscheine. Anfangs plante man für einige europäische Länder Blanko-Scheine in gleicher Gestaltung, die sich nur durch verschiedene Farben unterscheiden sollten. [1] Die Scheine hätten den einheitlichen Aufdruck „UNITED STATES MILITARY AUTHORITY“ erhalten. In Veröffentlichungen des US-Finanzministeriums vom 2. August 1943 wurde die Verwendung von Besatzungsgeld für Italien (AM-Lire) angekündigt und am 17. August 1943 mit Einzelheiten des künftigen Umlaufs ergänzt.

Geldscheine zu 1 Lira sowie 2, 5 und 10 Lire (kleinformatig) sowie, 50, 100, 500 und 1000 Lire (großformatig) wurden dann am 3. September 1943 auch auf dem italienischen Festland in den Umlauf gebracht. Gedruckt wurden die Scheine mit dem Wasserzeichen „ALLIED MILITARY AUTHORITY“ vom Bureau of Engraving and Printing in Washington/DC und von der Lohndruckerei Forbes Lithograph Manufacturing Co. in Chelsea/MA. Das in den Ornamenten auf den Vorderseiten sichtbare Druckerzeichen „F“ (für Forbes) unterscheidet die ausführenden Druckereien. Bei den BEP-Scheinen findet man das Druckerzeichen nicht.




Aufgrund der einfachen Gestaltung der Scheine und des verwendeten Offsetdrucks waren in der Folgezeit zwei Arten von falschen Lire-Scheinen festzustellen. Trotz zweiseitigem Druck und vorhandenem Wasserzeichen war das Besatzungsgeld für Fälschungen und Verfälschungen anfällig. Von den Serien 1943 und 1943A wurden 50-Lire-Scheine verfälscht und von der späteren Nachfolgeserie 1943A waren ebenfalls 50-Lire-Scheine sowie 500- und 1000-Lire-Scheine als Vorlage für Fälschungen betroffen.


Der US-amerikanische Ökonom und Harvard-Absolvent Dr. Kamarck [5] erwähnte 1951 die Aussage eines damaligen Mitarbeiters der US-Militärregierung, dass nach der Landung der Truppen in Salerno im September 1943 die Alliierten verfälschte AM-Geldscheine beschlagnahmten, die auf zwei Army Trucks verladen wurden. Das geschah nur an einem Ort zwei Monate nach der ersten Ausgabe der Original-Scheine! Das war ein Grund für die Ausgabe neuer, besserer Scheine der beschriebenen Nachauflage 1943A mit einem Wertaufdruck in Englisch und Italienisch.

Zum erreichten „Mehrwert“ aus den Verfälschungen dient dieser Vergleich: so kostete ein normales Mittagsgericht in einer Gaststätte in der via Morelli in Neapel lediglich 50 Lire. Das entsprach einem halben US-Dollar; aus 500 Lire ergaunerte man sich entsprechend 5 Dollar. Das Doppelte erzielte man durch die Druckfälschungen von 500- und 1000-Lire-Noten. Auch da gibt es schlichte Fälschungen, aber auch fast perfekte. Solche wurden in ganz Italien angehalten – bis ins Jahr 1950.




Die gefundenen Fälschungen wurden meist mit der Perforation „FALSO“ versehen und zeigen oft einen Stempel oder zusätzliche handschriftliche Vermerke. Nahezu perfekte Fälschungen wurden erst nach längerem Umlauf erkannt. Bei dem folgendem Schein in stark gebrauchter Erhaltung ist selbst das Druckerzeichen „F“ nachgeahmt; jedoch scheiterte man an der zu hohen Kontrollnummer A 94830591 A, die bei Forbes gedruckten 1000er wurden jedoch nur bis zur Kontrollnummer A 69108000 A gedruckt. Ein weiterer gefälschter Schein ist mit der Kontrollnummer A 71225625 A der Serie 1943A bekannt. Diese Unkenntnis der Fälscher über gedruckte Mengen der jeweilige Scheine erkennt man auch auf einem falschen 500-AM-Lire-Schein mit der Perforation „FALSO“. Die verwendete Kontrollnummer A 79364343 A liegt oberhalb der höchsten offiziellen Nummer A 59 978 000 A.




Eine seltene Ausnahme der gefälschten Wertstufen ist ein 100-Lire-Schein mit der Kontrollnummer A 32148268 B. Druckfälschungen der kleinformatigen Scheine wurden bisher nicht gemeldet.
Bei den sog. „raised notes“ – die von niedrigen auf höhere Werte vervielfachten Verfälschungen – im Gegensatz zu den französischen und deutschen Verfälschungen – achteten italienische Fälscher nicht auf die unterschiedlichen Grundfarben. Blaue 50-AM-Lire-Scheine blieben bei der Verfälschung zum 500-er oftmals unverändert. Mitunter bleichte man die Farbe in ein Grün. Auch die in Frankreich 1944 von US-Truppen ausgegebenen Scheine wurden zu 5000-er „aufgewertet“ oder schlichtweg gefälscht. Bekannt sind Fälschungen von AM-Noten zu 50, 100 und 1000 Francs, Die deutschen AM-Scheine wurden von 20 Mark auf 100 Mark „erhöht“ – aufgrund der selben Farbgebung in Violett.



Italien galt in den 1940er und 1950er Jahren als Hochburg der Geldfälscherei in Europa: es ist somit kein Wunder, dass auch Banknoten der Bank von Italien oft gefälscht wurden.

Michael H. Schöne
Anmerkungen:
vergl.: „Memorandum Regarding Invasion and Occupation Currencies“ des US-Finanzministeriums, Washington DC, vom 30. März 1943
Decreto Ministeriale vom 18. Februar 1950, veröffentlicht im Amtsblatt der Republik Italien, Nr. 45 vom 22. Februar 1950
Decreto Ministeriale vom 16. April 1951, veröffentlicht im Amtsblatt der Republik Italien, Nr. 99 vom 2. Mai 1951
Gazzetta Ufficiale della Repubblica Italia, Nr. 15 vom 20. Januar 1953
Andrew M. Kamarck: „Allied Financial Policy in Italy“, bis 1951 unveröffentliches Manuskript = „Politica finanziaria degli alleati in Italia (luglio 1943–febbraio 1947)“, Rom 1977.
Gianni Graziosi: „Numismatiche Curiosità: Banconote ,troppoʻ false“, in „Panorama Numismatico“ Heft 5, Serravalle 2017




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