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Nullen auf Papier – Besuch bei einem Notgeldkünstler

Aktualisiert: 8. Feb.

Als Sammler von badischen Notgeldscheinen hatte ich das besondere Glück, 1980 mit Professor Alfred Kusche den Gestalter einiger Scheine von St. Georgen, Karlsruhe, Weinheim sowie die der Murgtalgemeinden Gaggenau, Gernsbach und Forbach noch persönlich kennengelernt zu haben. Der Künstler war damals bereits 96 Jahre alt.


Nach dem Kauf einer Sammlung mit vielen kleinen bunten Serienscheinen sagte mir 1980 der Verkäufer, dass er in der Gaststätte des Karlsruher Turmbergbads wiederholt einen älteren Herrn getroffen habe, der die dortigen Notgeldscheine gestaltet hat. Ich war aufgeregt, denn sowohl unter den Motiven der Karlsruher Scheine als auch unter denen von Gaggenau, Gernsbach und Forbach stand A. KUSCHE.

„Der steht im Telefonbuch!“ lautete die Antwort des Wirts der Gaststätte. Und tatsächlich meldete sich ein Herr Kusche und wir vereinbarten einen Termin bei ihm in Karlsruhe-Durlach.


Alfred Kusche war sehr erfreut, dass sich nach sechs Jahrzehnten noch jemand für die von ihm gestalteten Notgeldscheine interessierte. Als er mein Album mit den Scheinen von St. Georgen, Karlsruhe, Weinheim und denen von Gaggenau, Gernsbach und Forbach mit der Lupe aufmerksam studierte, fuhr es aus ihm heraus: „Alte Bekannte schauen mich an!“


Alfred Kusche beim Besuch 1980.


„Alte Bekannte schauen mich an!“ sagte Alfred Kusche, als er die von ihm gestalteten Scheine in der Sammlung von Michael Wessel betrachtete. Foto: Helma Wessel.


Der Karlsruher Künstler Professor Alfred Kusche und das von ihm gestaltete Notgeld

Der Künstler Alfred Kusche (*21. 4. 1884 + 9. 7. 1984)

Der freischaffende Künstler Alfred Kusche war familiär vorbelastet, denn bereits sein Vater war Mitinhaber der Kunstdruckerei Kusche & Eder in Karlsruhe. So lernte er bereits früh das Drucken und Buchbinden. Nach dem Besuch des Lehrerseminars und zwei Jahren Berufspraxis hatte er sich 1904 an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe eingeschrieben, um Zeichenlehrer zu werden. Nach dem Examen unterrichtete er drei Jahre an der Goldschmiedeschule Pforzheim und wurde ab 1908 an die Großherzogliche Baugewerkeschule berufen. Dort brachte er Gewerbelehrern das Zeichnen, Modellieren und Metalldrücken bei. Als andere Ausbildungsstätten Kusche abwerben wollten, wurde er 1920 mit 36 Jahren zum Professor ernannt, um ihn zu halten. Vier Jahre später wurde jedoch die Ausbildung von Gewerbelehrern eingestellt und Kusche in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. So wurde er ein erfolgreicher, vielseitiger freischaffender Künstler und zählt heute zu den bedeutenden Vertretern der Karlsruher Kunstszene zwischen 1909 und 1923.


Mineralwasser-Werbung von Alfred Kusche für Peterstaler Schwarzwald-Perle.

"Mein heimisches Mineralwasser ist auch gesund für Sie!"


Zigaretten-Werbung von Alfred Kusche für Waldorf-Astoria.


Kusche zeigte mir eines seiner Auftragsbücher, in dem er jeden erledigten Auftrag fein säuberlich notiert hatte. Ich war beeindruckt von der Vielfalt und der Vielzahl und fragte, ob er noch Zeit zum Schlafen gehabt habe. Darauf erklärte er mir, dass er immer versucht habe, sehr unterschiedliche Aufträge nacheinander zu erledigen: Eine Anzeige, eine Medaille, ein Tapetenmuster, ein Vasendekor und so weiter. Durch die Abwechslung sei er nicht so schnell ermüdet und habe sehr wenig Schlaf gebraucht.


Eine Fleischkarte machte den Anfang

Durch gute Kontakte zum Karlsruher Oberbürgermeister bekam Kusche bereits 1917 den Auftrag zur Gestaltung einer Fleischkarte für die badische Haupt- und Residenzstadt. Er setzte seinen ganzen Ehrgeiz in die Gestaltung und so hebt sie sich von den sonst üblichen Lebensmittelkarten jener Zeit ab. Neben der Fleischkarte schenkte mir Kusche auch den Andruck der Rückseite für eine Brotkarte. Beides gewissermaßen auch eine Art "Notgeld".


Karlsruhe, Stadt: Fleischkarte für die Sonderzulage April bis Mai 1917.


Als gegen Ende des Ersten Weltkriegs die Banknoten knapp wurden, erhielt Alfred Kusche den Auftrag, einen Fünf-Mark-Schein für seine Heimatstadt zu entwerfen, der dann mit Datum vom 16. Oktober 1918 ausgegeben wurde.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein zu 5 Mark vom 16. Oktober 1918, Vorder- und Rückseite.


Eine besondere Note haben die beiden Notgeldscheine für St. Georgen im Schwarzwald über fünf und zehn Mark die noch mit Datum 1. November 1918 mit der besonderen Bezeichnung „Kriegsgeld“ herausgegeben wurden. Auch bei ihnen wurde der Eindruck der Wertigkeit und die Fälschungssicherheit durch Prägestempel erhöht. Das Deutsche Kulturmuseum Leipzig bescheinigte seinerzeit, dass die Scheine in solch künstlerischer Weise hergestellt wurden, dass man sie in einer ausführlichen Broschüre ausdrücklich erwähnen wolle. Außerdem erkundigte man sich nach dem Künstler, denn Kusche hatte nur mit „A. K.“ signiert.

Einige dieser 5-Mark Scheine wurden übrigens später – am 25. Oktober 1923 – mit dem Überdruck „10 Milliarden“ erneut in Umlauf gesetzt.


St. Georgen, Stadt: Kriegsgeld zu 5 Mark vom 1. November 1918, Vorder- und Rückseite.


St. Georgen, Stadt: Kriegsgeld zu 10 Mark vom 1. November 1918, Vorder- und Rückseite.


Nicht ohne Stolz erklärte Alfred Kusche, dass diese Scheine anstelle der Reichsbanknoten in der Bevölkerung akzeptiert wurden, was bei einfach gestalteten Notgeldscheinen oft nicht der Fall war.

Als Anfang 1919 Kleingeld wieder knapp wurde, da deren Metallwert den Nennwert übertraf und es daher „gehamstert“ wurde, veranlassten die von ihm bekannt gewordenen Scheine von St. Georgen den Bürgermeister von Weinheim an der Bergstraße, Dr. Wettstein, sich im Februar 1919 an Kusche zu wenden, um Scheine über 25 und 50 Pfennige für seine Stadt gestalten zu lassen. Wieder mit reicher Verzierung durch Ornamente und mit geprägtem Stadtwappen erschienen im diese dann April 1919.


Weinheim, Stadt: Kleingeldschein zu 25 Pfennig vom 23. April 1919, Vorder- und Rückseite.


Weinheim, Stadt: Kleingeldschein zu 50 Pfennig vom 23. April 1919, Vorderseite und Vergrößerung der Drucknummer.


„Für die Auftraggeber war das bequem, denn dank meiner guten Beziehungen zu Druckereien überwachte ich anschließend den Druck und lieferte danach die fertigen Geldscheinbündel ab“, erinnerte sich der Senior. Er machte mich aber auch auf eine Besonderheit beim 50-Pfennig Schein aufmerksam: Nach der Nennung der Doering‘schen Kunstdruckerei Karlsruhe i. B. folgt: „133 – 1 PS“. Letzteres hatten die Stadtvorderen als Drucknummer eingeordnet. Kusche klärte sie nach der Ausgabe der Scheine aber auf, dass des sich um den Hinweis auf eine Bibelstelle handelt, die er dem Stadtrat gewidmet habe, denn da heißt es im „Segen der brüderlichen Eintracht“ im Satz 1 von Psalm 133: „Siehe, wie fein und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“


Nachdem ein Jahr später auch in Karlsruhe Not an Kleingeldmünzen entstand, gestaltete er mit Ausgabedatum vom 22. April 1920 einen kleinen feuerroten 50-Pfennig-Schein. Dieser hat eine Besonderheit, auf die mich Kusche aufmerksam machte: Auf der Rückseite wird anstelle der Schraffur in Sütterlinschrift aus Goethes Faust zitiert:


„Such Er den redlichen Gewinn!

Sei er kein schellenlauter Tor!

Es trägt Verstand und rechter Sinn

Mit wenig Kunst sich selber vor.

Und wenn’s euch Ernst ist, was zu sagen,

Ist’s nötig, Worten nachzujagen?

Ja, eure Reden, die so blinkend sind,

In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,

sind unerquicklich wie der Nebelwind,

Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt!“


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 50 Pfennig vom 22. April 1920, Probedruck und Endfassung der Vorderseite.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 50 Pfennig vom 22. April 1920, Probedruck und Endfassung der Rückseite.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 50 Pfennig vom 22. April 1920, Vergrößerung der Randschrift.


Auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, antwortete Kusche sinngemäß: „Es war immer ein Heidenarbeit. Nachdem der Entwurf gebilligt war, fertigte ich alle Druckplatten unter großem Zeitdruck in Tag- und Nachtarbeit selbst an. Da gönnte ich mir so eine kleine Abwechslung der teilweise monotonen Kleinstarbeit.“


1921 meldeten sich wieder die Stadtvorderen von Weinheim und beauftragten ihn erneut mit der Gestaltung von zwei Kleingeldscheinen im Nennwert von 25 und 50 Pfennig mit Ausgabedatum 13. Juli. Auf den 25-Pfennig Schein schrieb Kusche: „Unser Geld werd nimmer schimmlich. Denn wir brauchen immer ziemlich!“ – Bis zur vorgesehenen Ausgabe der Scheine hatte jedoch die Inflation sehr an Fahrt aufgenommen und über Pfennigbeträge dachte niemand mehr nach, als sie gedruckt waren. Je ein Exemplar – noch ohne Kontrollziffer – schenkte mir Kusche bei dieser Gelegenheit. Eine kostbare Ergänzung meiner Sammlung.


Weinheim, Stadt: Gutschein zu 25 Pfennig vom 13. Juli 1921 ohne Kontrollnummer und ohne Überdruck, nicht ausgegeben.


Weinheim, Stadt: Gutschein zu 25 Pfennig vom 13. Juli 1921 mit Kontrollnummer und mit Überdruck zu 250 Mark.


Weinheim, Stadt: Gutschein zu 50 Pfennig vom 13. Juli 1921 ohne Kontrollnummer, Vorder- und Rückseite, nicht ausgegeben


Weinheim, Stadt: Gutschein zu 50 Mark vom 4. Oktober 1922, Vorderseite.


Später wurden die 25-Pfennig Scheine mit dem Überdruck „250 Mark“ versehen und in großer Zahl in Umlauf gebracht. Und bei den Druckplatten für den 50-Pfennig Schein änderte diese Kusche auf das Mark-Symbol und das Datum auf 4. Oktober 1922. So erschien dieser schön gestaltete Schein doch noch im Umlauf.


Nachdem die Reichsregierung nach verschiedenem Hin und Her mit Erlass vom 18. September 1922 die Herausgabe von Notgeld unter bestimmten Voraussetzungen wieder gestattet hatte, beantragten die Murgtalgemeinden Gaggenau, Gernsbach und Forbach dieses gemeinsam herausgeben zu dürfen. Am 5. Oktober 1922 hieß es In ihrer dringenden Bitte an das Innenministerium um Genehmigung: „Unsere großen Betriebe konnten heute ihre Angestellten und Arbeiter nicht ausbezahlen. Es ist daher dringend nötig, daß das Notgeld längstens nächsten Donnerstag, den 12. diesen Monats, in den Verkehr kommt.“

Am Folgetag kam ein Telegramm des Reichsfinanzministeriums: „Genehmige gemeinsame Ausgabe von 70 Millionen Mark Notgeld durch Gemeinden Gernsbach, Gaggenau, Weisenbach und Forbach. Stücke bis 1000 Mark, Laufzeit längstens 2 Monate muß aus Scheinen ersichtlich sein und bekannt gemacht werden. Gegenwert tatsächlich ausgegebenen Notgeldes ist auf gesperrtes Konto der Reichskreditgesellschaft Berlin zu überweisen“. Von den 70 Millionen Mark wurden Gaggenau 38, Gernsbach 22 und Forbach 10 Millionen zugesprochen. Gernsbach übernahm es, Weisenbach und Obertsrot mit zu versorgen.


In der Zwischenzeit hatten sich die Gemeinden mit der Doering'schen Buch- und Kunstdruckerei in Karlsruhe in Verbindung gesetzt. Und so erhielt Alfred Kusche – inzwischen neben seiner Lehrtätigkeit deren künstlerischer Leiter – den Auftrag für die Gestaltung einer interessanten Serie mit Scheinen über 20, 50, 200 und 500 Mark mit einheitlichen Vorderseiten und unterschiedlichen Rückseiten. Als Ausgabemonat wurde der Oktober 1922 genannt.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Gemeinden: Gutschein über 20 Mark vom Oktober 1922, Vorder- und Rückseite mit Ansicht von Gaggenau.


Bei der Stadtansicht von Gaggenau waren mir die sieben Schornsteine aufgefallen. Kusche erklärte mir dazu verschmitzt: „Rauchende Schornsteine galten damals als Symbol für eine florierende Industrie. Ich habe noch ein paar dazu gemogelt!“ – Als Gaggenauer Bürger beeindruckt mich, dass Kusche die Markenzeichen der großen örtlichen Arbeitgeber Benz-Gaggenau, Eisenwerke Gaggenau und Bergmanns Industriewerke und das Stadtwappen geschickt in die Darstellung integrierte. Nebenbei: Das Industriedorf Gaggenau war im Vormonat zur Stadt erhoben worden.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Gemeinden: Gutschein über 200 Mark vom Oktober 1922, Rückseite mit Ansicht von Gernsbach.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Gemeinden: Gutschein über 500 Mark vom Oktober 1922, Rückseite mit Ansicht von Forbach.


Aufgefallen war mir, dass es von den Scheinen des Murgtals jeweils verschiedenartige Kontrollziffern und mehrere Wasserzeichen gab. Ich hatte dies auf unterschiedliche Auflagen zurückgeführt. Aber Kusche erklärte mir, dass in der Eile alle in dem Moment verfügbaren Maschinen und alle greifbaren Papiere verwendet wurden.


Ich war erneut sehr erfreut, als mir Alfred Kusche dann Musterbögen der Doering'schen Buch- und Kunstdruckerei Karlsruhe schenkte, auf denen einige dieser Murgtalscheine aber auch solche für St. Georgen, Weinheim und Karlsruhe – die allermeisten ohne Kontrollziffer – waren. Welch ein Glücksfall für einen Sammler!



Die Scheine der Hochinflation

Ein Notgeldschein von Alfred Kusche sorgte im Februar 1923 für Schlagzeilen und war in aller Munde: Der Notgeldschein für die Landeshauptstadt Karlsruhe vom Februar 1923 – jetzt schon über 10.000 Mark. Unverfänglich war noch die Vorderseite mit Schiffen auf dem Rhein und einem Lastenkran sowie Lagerhäusern und die Karlsruher Pyramide im Hintergrund.

Dazu der Spruch: „Wo einst der Rhein uns lautres Gold bescheert – schafft heute Fleiß uns Goldes Wert“. Und auf der Rückseite mit dem Motiv „Goldwäscher am Rhein bei Karlsruhe um 1800“, war der Spruch zu lesen: „Gold des Rheines münzten einst die Väter hier. Enkel drucken heute Nullen auf Papier.“ Soweit so gut. Aber auf dem Kübel eines Goldwäschers war zudem „L M A 2“ zu lesen, obwohl weder die Buchstaben noch die Zahl in der Vorlage, ein bekanntes Gemälde von …………, enthalten waren. Die Aufregung war in Karlsruhe und darüber hinaus groß, als dies auffiel.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein zu 10.000 Mark vom Februar 1923, Vorder- und Rückseite.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein zu 10.000 Mark vom Februar 1923, Ausschnitt-Vergrößerung des Kübels auf der Rückseite mit "L M A 2".


Dazu erklärte mir Kusche verschmitzt, er habe sich zu einer Wette mit dem Karlsruher Oberbürgermeister hinreißen lassen, dass er sogar in sechs statt der bisherigen ohnehin schon knapp bemessenen zehn Tagen die fertigen Scheine liefern werde. „Bis die Städte ihre Scheine bezahlten, hatte das Geld nur noch einen Bruchteil ihres Wertes. Das ärgerte mich zusätzlich, während ich Tag und Nacht arbeitete. Da mogelte ich „L M A 2“ auf den Kübel.

Ich gewann die Wette, die Scheine wurden schnell ausgegeben und die Aufregung war groß, als die Beschriftung des Kübels auffiel!“

Einem Kritiker schickte Kusche aus seinem Urlaub in Tirol danach das folgende Gedicht, das ebenfalls in der Tageszeitung veröffentlicht wurde:


Zeitungsausschnitt mit dem Gedicht von Alfred Kusche.


Als Zufall bezeichnete es Kusche hingegen, dass bei näherer Betrachtung einer der Goldwäscher am Galgen hängt, wenn man den Schein gegen das Licht hält. Es war der durchschimmernde Kran der Rückseite.


Auch die Städte Gaggenau und Gernsbach hatten sich aufgrund erneuter Zahlungsmittelnot im Februar 1923 wieder die Genehmigung geben lassen, auch Tausender und Fünftausender ausgeben zu dürfen. Sie wurden wieder von Kusche gestaltet, aber eigenartigerweise wird wieder Oktober 1922 als Ausgabemonat genannt. Bei diesen Scheinen wurde jedoch auf der Vorderseite die Stadt Gaggenau oder die Stadt Gernsbach besonders hervorgehoben.

Aber auch die anderen beiden Murgtalgemeinden wurden wieder genannt.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Städte: Gutschein über 10.000 Mark vom Oktober 1922, Vorderseite.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Städte: Gutschein über 5.000 Mark vom Oktober 1922, Rückseite.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Städte: Gutschein über 1.000 Mark vom Oktober 1922, Vorderseite.


Gaggenau, Gernsbach und Forbach, Städte: Gutschein über 5.000 Mark vom Oktober 1922, Rückseite.


Bei den folgenden Gaggenauer Scheinen über eine und zwei Millionen Mark vom August 1923 im Vergleich zu den zuvor verausgabten ist anzumerken, dass sie unter größerem Zeitdruck entstanden sein mussten, denn die Texte und Ziffern waren weitgehend gesetzt und nicht mehr gezeichnet. Die beiden anderen Murgtalgemeinden wurden nicht mehr aufgeführt. Gleiches gilt für spätere Scheine über 20 und 50 Milliarden vom Oktober 1923.

Bei Letzterem reichte die Zeit offensichtlich nicht aus, die vorgesehenen Kontrollziffern einzusetzen.


Gaggenau, Stadt: Gutschein über 1 Million Mark vom August 1923, Vorderseite.


Gaggenau, Stadt: Gutschein über 2 Million Mark vom August 1923, Rückseite.


Gaggenau, Stadt: Gutschein über 20 Milliarden Mark vom Oktober 1923, Rückseite.


Gaggenau, Stadt: Gutschein über 50 Milliarden Mark vom Oktober 1923 ohne Kontrollnummer, Vorderseite.


Anders im September, Oktober und November für Gernsbach. Hier zeigte Alfred Kusche erneut sein besonderes künstlerisches Talent und seinen Ideenreichtum:

Auf einem Gutschein der Stadt Gernsbach vom September über 10 Millionen Mark mit geprägtem Wappen und geprägter Ziffer 10 ist nach einem Stahlstich von Frommel mit dem Schloss Eberstein unter anderem ein Ritter beim sogenannten Grafensprung, dann der Markgraf mit einem Weinkelch und der damalige Verwalter Heinrich Würtenberger nur mit einem Krug Murgwasser zu sehen. In einem geschwungenen Band ist zu lesen: „Den Ebersteinern half der edle Schloßbergwein – dagegen uns nur noch der Nullenschein“.

Und weiter heißt es beginnend beim Grafensprung hoffnungsvoll: „Der Sprung zur Tiefe rettet‘ einst den Grafen kühn – wann wird der Marksprung aufwärts uns aus der Papierflut zieh’n?“


Gernsbach, Stadt: Gutschein über 10 Million Mark vom September 1923, Vorderseite.


Gernsbach, Stadt: Gutschein über 10 Milliarden Mark vom Oktober 1923, Rückseite.


Gernsbach, Stadt: Gutschein über 10 Milliarden Mark vom Oktober 1923, Rückseiten-Detail mit Flickenhose.


Der rasche Geldwertverfall wird auch daran deutlich, dass im folgenden Oktober ein gleichartiger Schein mit anderen Farben als 10-Milliarden-Schein erschien. Zu diesem Schein wies mich Kusche darauf hin, dass er den Schloss-Verwalter Würtenberger nicht leiden konnte. Daher habe er ihm bei einem weiteren Druck Flicken auf die Hose gesetzt.


Gernsbach, Stadt: Gutschein über 100 Milliarden Mark vom November 1923, Vorder- und Rückseite.


Einen Monat später folgte der Notgeldschein über 100 Milliarden Mark – ebenfalls wieder aufwendig gestaltet. Als Motiv wählte Kusche den Storchenturm. Dazu schrieb er in den Nullen der Hundert: „Froh lebt der Storch in seinem Turm – wenn’s kalt wird fliegt er weiter“ und „O Mensch vertrau! – Nach jedem Sturm wird’s Wetter wieder heiter“.


In seiner Heimatstadt Karlsruhe hatte man, nachdem zwischenzeitlich auch zwei andere Künstler beauftragt worden waren, im August 1923 Alfred Kusche offensichtlich verziehen, denn er wurde auch in den folgenden drei Monaten, also bis zum Ende der Hochinflation, mit der Gestaltung von mehreren Scheinen beauftragt. Auch sie sind wieder ein Beleg seines besonderen Könnens.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 500.000 Mark vom 9. August 1923, Vorder- und Rückseite.


Den Anfang machte am 9. August ein Schein über 500.000 Mark mit vier Stadtansichten mit dem Gotischen Turm, dem Nassauischen Palais, dem Durlacher Tor und dem Ettlinger Tor.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 5 Milliarden Mark vom 23. August 1923, Vorder- und Rückseite.


Der Sprung in die Milliarden wurde noch im gleichen Monat mit einem Schein über fünf Milliarden vom 23. August gemacht. Er zeigt den Rondellplatz um 1855 nach einem Stich.



Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 5 Millionen Mark vom 25. August 1923, Vorder- und Rückseite.


Auf 5 Millionen lautete dann trotzdem nochmal ein weiterer Schein mit Ausgabedatum 25. August 1923 mit dem ersten Bahnhof von Karlsruhe 1855.

Aber ab Oktober gab es nur noch Scheine auf Milliarden-Beträge. Alfred Kusche erinnerte sich dazu sinngemäß: „Dem Oberbürgermeister habe ich damals spaßhalber einen Schein auf Gummi gedruckt und ihm gesagt, den könne man langziehen wie man wolle und so viele Nullen draufdrucken wie nötig.“


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 20 Milliarden Mark vom 1. Oktober 1923, Rückseite.


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 50 Milliarden Mark vom 1. November 1923, Vorderseite.


Für den 20-Milliarden-Schein vom 1. Oktober verwendete Kusche ein Stahlstichmotiv von 1855 mit der katholischen Kirche und dem Ständehaus. Und der Einfachheit halber wiederholte er beim Schein über fünfzig Milliarden Mark vom 1. November nochmals die Ansicht mit dem Rondellplatz, die er bereits für den Schein über 5 Milliarden verwendet hatte.


Ohne schmückende Stadtansicht und ohne aufwendigen Prägestempel musste dann im November noch eine Schein über 100 Milliarden Mark auskommen. Eine Zahl mit elf Nullen!


Karlsruhe, Stadt: Gutschein über 100 Milliarden Mark vom November 1923, Vorderseite.


Ein Notgeldschein von Alfred Kusche erlebte den von ihm auf dem 10-Milliarden-Schein von Gernsbach erhofften Marksprung: Mit Datum vom 15. November 1923 gab die Stadt Gaggenau von ihm gestaltete „Spargutscheine für Gas und Wasser über Fünfzig Goldpfennige“ heraus. Damit hatte Kusche insgesamt 44 Notgeldscheine gestaltet.


Gaggenau, Stadt: Spargutschein für Gas und Wasser über 50 Goldpfennig vom 15. November 1923, Vorderseite.



Notgeldscheine für Waldorf-Astoria

Bereits seit 1909 pflegte Alfred Kusche Kontakte zur Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria, nachdem er bei ihnen den 2. Preis bei einem Preisausschreiben gewonnen hatte, und wurde zwanzig Jahre deren künstlerischer Berater. Für sie entwarf er 1923 drei Notgeldscheine über 5, 10 und 20 Millionen Mark mit Ausgabemonat September, die dann mit Überdruck zu 5, 10 und 20 Milliarden aufgewertet wurden. Auch sie erscheinen durch ihren Ornamentenreichtum und einen Prägestempel wertig.

Außerdem gestaltete Alfred Kusche auch einen Gutschein über 1 Goldmark vom Oktober 1923 von Waldorf-Astoria.


Stuttgart, Cigarettenfabrik Waldorf-Astoria: Gutschein über 5 Millionen Mark vom September 1923, Vorderseite.


Stuttgart, Cigarettenfabrik Waldorf-Astoria: Gutschein über 10 Millionen Mark vom September 1923 mit Überdruck zu 10 Milliarden Mark, Vorderseite.


Stuttgart, Cigarettenfabrik Waldorf-Astoria: Gutschein über 1 Goldmark vom Oktober 1923 ohne Kontrollnummer, Vorderseite.



Ausstellung zum 100. Geburtstag

Aus Anlass seines 100. Geburtstags würdigte das Badische Landesmuseum Karlsruhe vom

14. April bis 1. Juli 1984 in Anwesenheit des Künstlers dessen Lebenswerk mit einer Ausstellung. Gezeigt wurden insbesondere seine Keramiken, Treibarbeiten und Grafiken aus der Zeit von 1908 bis 1923. Im Begleitheft wird die große Bandbreite des künstlerischen Schaffens von Alfred Kusche deutlich.


Alfred Kusche spricht anlässlich der Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag.


Wenige Tage nach Ende der Ausstellung starb Alfred Kusche am 9. Juli 1984 nach einem erfüllten und von seinem Schaffen geprägten Leben, wie es in der Trauerkarte heißt.


Michael Wessel










Quellen/weitere Informationen

Alfred Kusche zum 100. Geburtstag – Keramiken, Treibarbeiten, Graphik 1908 bis 1923, Begleittext zur Ausstellung im Badischen Landesmuseum Karlsruhe vom 14.4. bis 1.7.1984.

Das Papiergeld von Baden – 1949-1948, Günter Rupertus, Ludwigshafen, 1988.

Deutsches Notgeld, Band 3: Das deutsche Großnotgeld 1918-1921, Anton Geiger, Regenstauf, 2010.

Deutsches Notgeld, Band 4: Die Notgeldscheine der deutschen Inflation, Manfred Müller, Regenstauf, 2010.

Stadtarchiv Karlsruhe: 1. Mappe mit Vorarbeiten von Kusche zu Notgeldscheinen (Zeichnungen, Probedrucke etc.) – 2. Text von Kusche zu seinem 10.000-Mark-Schein (Zeitgeschichtliche Sammlung).

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