Tasmanien – Geldscheine vom anderen Ende der Welt
- Michael H. Schöne
- 2. Juni
- 6 Min. Lesezeit
Die veralteten Städtenamen Agram oder Reval kann man mühelos den heutigen europäischen Hauptstädten Zagreb und Tallinn zuordnen. Auch die früheren Ländernamen Rhodesien oder Abessinien kennt man für das heutigen Simbabwe und Äthiopien.
Die Zuordnung des Ortsnamens Hobarton als Hauptstadt des Van Diemenʼs Landes (VDL) ist schon schwieriger. Aber auch dort waren Geldscheine in Umlauf – unterschiedliche natürlich.

Die Niederländer benannten auf der Suche nach dem „terra australis incognita" die am
24. November 1642 entdeckte Insel nach Anthonis van Diemen, dem damaligen Generalgouverneur von Niederländisch-Indien. Zu Ehren Lord Robert Hobarts, britischer Kriegs- und Kolonialminister von 1801 bis 1804 und erster Vizegouverneur von Van Diemen’s Land wurde die größte Siedlung Hobart benannt. Der Ort wurde ursprünglich als „Hobart Town“ bezeichnet und dann umgangssprachlich auf „Hobarton“ verkürzt.
1842 war die Gemeinde groß genug, um offiziell als Stadt anerkannt zu werden. Ab 1. Januar 1881 wurde auf den Zusatz „Town“ verzichtet, so dass der moderne Name „Hobart“ lautet.
Nach 1800 herrschte ein großer Bargeldmangel auf der Insel; es kursierten ausschließlich fremde Münzen und Geldscheine. Auch Rum wurde als Geldersatz verwendet. Um den Missstand zu beseitigen und den täglichen Handel zu erleichtern, kamen nach 1822 private Schuldscheine und sog. „Commissary notes“ in Umlauf. Der nördliche Nachbar auf der australischen Hauptinsel New South Wales hatte 1822 ein Gesetz mit einem Dollarstandard eingeführt, der auch im dazugehörigen Van Diemen’s Land galt.
Der 1796 in Hamburg geborene Brite Thomas James Lempreire gab mit als Erster Schuldscheine im Van Diemen’s Land aus. Bekannt sind Scheine von 1832, mit handschriftlichem Datum und oft mit dem gestrichenen Namen seines Partners John H. Weavell.

Er hatte schon im Februar 1823 und auch im Januar 1824 eigene Scheine ausgegeben.
Auch andere örtliche Händler, wie der Möbeltischler John Lepine und die Woll- und Weinhändler Young & Dillon, fertigten ab 1823 ihr eigenes Geld. Schuldscheine sind von
T. Allison, F. Bradley, G. Clark, J. Eddington, Kemp & Gatehouse, Lake & Alywin, W. Lamb,
J. Martin, R. Murray, J. Parker, G. Robinson, T. Stace, B. Walford und E. Walker bekannt –
alle zwischen 1823 bis 1827 ausgegeben. Die sich ähnelnden Scheine wurden in Sydney vom 1816 aus Irland eingewanderten Buchdrucker Samuel Clayton hergestellt und lauteten meist auf Pound, Shillings oder Pence, seltener auf Dollar oder Cents. Auf manchen Scheinen wurde der Wechselkurs Pound Sterling zum Dollar angegeben: 1 Spanish Dollar = 5 Shillings bzw. 2 Spanish Dollars = 10 Shillings. Außerdem wurden Schuldschein-Vordrucke verwendet – bspw. von T. J. Lempriere.



Der 1822 nach Van Diemen’s Land ausgewanderte Lempriere erhielt eine Landzuteilung, wurde Kaufmann und Stiftungsaktionär der ein Jahr später gegründeten Bank of Van Diemen’s Land. Das „alte Bank“ genannte Finanzhaus gab ab 1825 ihre ersten Banknoten aus – im selben Jahr, als das Van Diemen’s Land eigenständige britische Kolonie wurde.




Nur wenige Jahre währte die Monopolstellung der Bank of Van Diemen’s Land (1823–1891). Nach 1827 gründeten sich weitere Banken: die Derwent Bank (1827–1849), die Cornwall Bank (1828–1836), die Van Diemen’s Land Commercial Bank (1829–1883, ab 1883–1921 Commercial Bank of Tasmania), die Colonial Bank of Van Diemen’s Land (1834–1852) und die Bank of Tasmania (1853–1885, ab 1885–1918 National Bank of Tasmania).
Schon 1826 wurde der Sterling Money Act verabschiedet und die örtlichen Banken gaben eigenen Banknoten und Münzen aus.






Nicht alle auf der Insel gegründeten Banken oder Sparkassen gaben Geldscheine aus:
die Tamar Bank (1834–1838), die Archer Gillies Co. (1840–44) und die Agricultural Bank of Tasmania (1840). Jedoch sind von den 15 australischen Banken vom Festland Banknoten für ihre Filialen auf Tasmanien bekannt: z. B. die Royal Bank of Australia, die Union Bank of Australia, die Bank of Australasia.



Nach 1803 wurde von britischen Auswanderern die erste dauerhafte Siedlung errichtet.
Auf die anfangs als Strafkolonie geplante Insel, kamen bis 1853 etwa 75.000 im Mutterland verurteilte Straftäter nach Tasmanien. Die ersten Bewohner waren Schwerverbrecher und deren Bewacher mit ihren Familien.
Die freien Siedler mussten ab 1816 die zugewiesenen Sträflingen entlohnen – männliche Verurteilte mit bis zu 10 Pfund pro Jahr, weibliche bis zu 2 Pfund. Zwischen 1824 und 1836 war es den Gefangenen dann nicht mehr gestattet, eigenes Geld bei den Kolonisten zu verdienen; Personen mit einem sog. „Ticket of Leave“ hatten jedoch das Recht, einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen. Sie mussten ihr verdientes Geld jedoch bei Convict-Savings-Banken einzahlen; ausgezahlt wurde es nur mit Genehmigung des Vizegouverneurs von Van Diemen’s Land.
Der Derwent Bank war eine Convict Savings Bank angeschlossen, die die Sparsamkeit der Sträflinge fördern sollte, ihre miserable Lage zu verbessern. Außer den zu lebenslanger Haft verurteilten Straftätern konnten alle anderen einen Wochenlohn von sechs Pence verdienen. Ihre Ersparnisse konnten jedoch gestrichen werden, wenn sie sich nicht an die Gesetze hielten. Eine gelungene Entwicklung nahm Reuben Joseph, der 1827 wegen Diebstahl in einem Londoner Lagerhaus zu 14 Jahren Haft verurteilt und anschließend in das Van Diemen’s Land deportiert wurde. Sein „Ticket of Leave“ erhielt er im Juli 1833, 1836 seine Begnadigung mit Auflagen und 1841 seine Freiheit. 1852 gewann er die Ausschreibung für den Betrieb der Mautstelle von New Town für drei Jahre, schaffte es zum „Toll Gate Operator“ und ließ eigene Mautstellen-Token in Birmingham prägen (Abb. 19.a).

Das Van Diemen’s Land wurde 1856 nach dem niederländischen Seefahrer Abel J. Tasman
in „Tasmanien“ umbenannt – im Zusammenhang mit dem Australian Colonies Government Act erhielt die Insel ihre Selbstverwaltung. Seit dem 1. Januar 1901 gehört Tasmanien zum Australischen Bund. Die Insel hatte 1820 etwa 5.500 Einwohner; 1830 zählte man schon knapp 25.000 Bewohner und im Jahre 1870 waren es bereits über 100.000.
Michael H. Schöne
Quellen:
Butlin, S. J.: „Foundations of the Australian Monetary System 1788-1851“, Sydney 1968
Callum J. J: „Banking and Finance in Van Diemen’s Land“, Tasmanian Times, 24. April 2021
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