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Arthur Kampf und Adolf Münzer – Eine letzte unvollendete Serie des Kaiserreichs

Zwei wilhelminische Künstler und ihre Banknotenentwürfe


1906 wurden Reichsbanknoten zu 20 und 50 Mark ausgegeben. Diese Noten waren einfach gestaltet, da sie ursprünglich als Ersatznoten für den Fall eines Krieges gedacht waren.

Um sie gegen Fälschungen zu schützen, wurden sie vornehmlich in Kupferdruck ausgeführt, der als schwer nachahmbar galt.[1] Das Reichsbankdirektorium hatte jedoch höhere Ansprüche an seine Banknoten und gab deshalb neue Reichsbanknoten zu 20 und 50 Mark in Auftrag. Nachdem mehrere Entwürfe verschiedener Künstler begutachtet worden waren, wurde Professor Arthur Kampf (1864 Aachen – 1950 Castrop-Rauxel) gebeten, die beiden Reichsbanknoten zu entwerfen.


In Aachen als Sohn des königlichen Hoffotografen August Kampf geboren, besuchte der Künstler von 1879 bis 1892 die Königliche Kunstakademie in Düsseldorf. 1892 wurde er in den Lehrkörper der Kunstakademie übernommen und schon 1893 als ordentlicher Professor angestellt.


Bereits während seines Studiums schuf Arthur Kampf großformatige Historiengemälde zu Ereignissen aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. Er wurde deshalb früh mit dieser bedeutendsten Bildgattung identifiziert, obwohl er sich noch einer Vielzahl anderer Themen, insbesondere der Porträt- und Genremalerei widmete. Der Ruf, einer der letzten prominenten Historienmaler Europas zu sein, ebnete ihm den Weg zu einer beispiellosen Karriere: 1898 folgte die Übernahme eines Meisterateliers an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin, 1907 und 1911 wurde er deren Präsident sowie von 1915 bis 1924 Direktor der Königlichen Hochschule für die bildenden Künste in Berlin.[2] Er blieb bis 1945 vor allem aufgrund der breiten Rezeption seiner Darstellungen zur deutschen Geschichte sowie seines institutionellen Wirkens einer der prominentesten Künstler Deutschlands.


Die Reichsbanknote zu 20 Mark kam im Dezember 1916 mit Datum vom 4. November 1915 in den Umlauf (Abb.1 und 2).


Beschreibung der neuen Reichsbanknoten zu 20 Mark:

„Die neuen Reichsbanknoten zu 20 M sind mit dem Papierrande 9 cm hoch und 14 cm breit. Das Papier ist auf dem linken Rande der Vorderseite mit einem braunen Faserstreifen versehen und enthält auf der ganzen Fläche ein natürliches Wasserzeichen, in welchem die Zahl 20 und das senkrecht stehende Wort MARK, je für sich in senkrechten Streifen abwechselnd, sich wiederholen. Das eigentliche Druckbild ist sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite der Note 8 cm hoch und 13 cm breit und allseitig von einem ½ cm breiten Papierrande umgeben. Beide Seiten der Note sind in Kupferdruck von tiefblauer Farbe als Hauptdruck derart ausgeführt, dass auf jeder Seite für sich durch einen verschiedenfarbigen Unterdruck eine besondere Tönung hervorgerufen ist. Die Vorderseite wird von vier Rechtecken gebildet, die von einer dunklen Umrandung eingefasst sind. Die beiden hochstehenden und 2 cm breiten Seitenfelder begrenzen rechts und links zwei waagerechte, den mittleren Hauptteil der Note ausfüllende Felder, von denen das obere etwa 4, das untere etwa 3 cm hoch ist. Das obere Mittelfeld zeigt zu beiden Seiten eines kreisrunden Mittelstücks, in ebenmäßiger Anordnung, je eine kniende Männergestalt, die aus einem Füllhorn Münzen schüttet. Das runde Mittelstück wird von einem in zarten Farbtönen gehaltenen Reichsadler ausgefüllt, von dem sich die Zahl 20 in großen Ziffern kräftig abhebt. Unterhalb der Zahl und zum Teil überdeckt ist der Kennbuchstabe in Hellgrau angebracht. Das untere Mittelfeld enthält in kräftiger Schrift den Text, welcher in der ersten Ausfertigung folgenden Wortlaut hat: Reichsbanknote Zwanzig Mark zahlt die Reichsbankhauptkasse in Berlin gegen diese Banknote dem Einlieferer. Berlin, den 4. November 1915. Reichsbank-Direktorium. Im unteren Teil dieses Feldes sind die Buchstaben RBD in Hellgrau eingedruckt. Die beiden Seitenfelder enthalten auf hellem Untergrunde je dunkel getönte Blattverzierungen. Zwischen diesen, in der Mitte der Felder, befindet sich je ein Stempel, der in rotbrauner Farbe den von einem kreisförmigen Bande umschlossenen Reichsadler zeigt. In dem Bande steht in weißen Buchstaben die Inschrift Reichsbankdirektorium. Am Fuße des Adlers trägt das Band einen weißen Schild mit der rotbraunen Zahl 20. Nach außen ist das Band von feinem Linienwerk umgeben. Die Nummer ist in dem unteren Teile der Note zu beiden Seiten der Unterschriften in rotbrauner Farbe zweifach angebracht. Die mit Eckstücken versehene und lorbeerverzierte Umrandung enthält in der Mitte der oberen Längsseite und jeder Querseite in dunklem Druck auf weißen runden Schildern die Zahl 20, während der untere Rand die Strafandrohung in weißen Buchstaben auf dunklem Grunde trägt. Die Rückseite zeigt in zwei hochstehenden achteckigen Feldern figürliche Darstellungen. Links das Brustbild eines kräftigen Mannes als Sinnbild der Arbeit und des tätigen Tages, rechts das Brustbild einer weiblichen Gestalt als Sinnbild der Ruhe und der Nacht. Die Felder sind von hellen mit grünlichem Linienwerk gefüllten Leisten eingefasst. Ebensolche Leisten zerlegen mehrfach auch die übrige Fläche des Druckbildes und schließen zwischen sich dunklere Felder mit verschlungenem Linienwerk in bläulicher Färbung ein. Ein derartiges kreisrundes Feld in der Mittellinie oben enthält die Zahl 20, ein anderes an entsprechender Stelle unten den Buchstaben M in Dunkelblau. Die aus Blattverzierungen gebildete Umrandung der Rückseite trägt unten in der Mitte auf einem Schilde mit hellerem Grunde den Strafsatz in dunklen Buchstaben. Die Nummer der Note ist in rotbrauner Farbe rechts und links auf dem Rande angebracht. Die Note ist mit einer aus senkrechten Linien bestehenden Riffelung versehen.“[3]
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Abb. 1: Vorderseite der Reichsbanknote zu 20 Mark vom 4. November 1915, Format 140 mm x 90 mm, nach einem Entwurf von Arthur Kampf, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


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Abb. 2: Rückseite der Reichsbanknote zu 20 Mark vom 4. November 1915, Format 140 mm x 90 mm, nach einem Entwurf von Arthur Kampf, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


Von der Reichsbanknote zu 50 Mark wurden zwar noch in der Kaiserzeit 100.000 Exemplare gedruckt und eingelagert, ausgegeben wurde sie allerdings erst in der "Weimarer Republik". Nachdem die Note durch den Verzicht auf die Kaiserkrone auf dem Adlerkopf geringfügig an die neuen politischen Verhältnisse angepasst wurde, kam sie im Dezember 1920 mit dem Datum vom 23. Juli 1920 in den Verkehr (Abb. 3 und 4).


Beschreibung der neuen Reichsbanknote zu 50 Mark:


„Die neue Reichsbanknote zu 50 M hat eine Größe von 10 x 15 cm. Das Papier, auf welches sie gedruckt ist, enthält ein natürliches Wasserzeichen, welches die Zahl 50 in zwei verschiedenen Stellungen zeigt. Auf dem linken Rande der Vorderseite ist ein brauner Faserstreifen angebracht. Das Druckbild der Vorder- und Rückseite lässt allseitig einen ½ cm breiten Papierrand frei, hat also die Größe 9 x 14 cm. Der Hauptdruck beider Seiten ist in Kupferdruck in kräftig grüner Farbe ausgeführt, doch ist der Farbenton jeder Seite für sich infolge Anbringung eines anderen Unterdrucks verschieden. Die Vorderseite zeigt innerhalb eines das Ganze zusammenstehenden breiten Rahmens, welcher dunkel und hell getönt und mit feinen Zierlinien ausgefüllt ist, zwei ungleich große Felder, von denen das größere linke die Aufschrift enthält. Dieses Feld ist quadratisch; in seinen vier Ecken sind kleinere Quadrate abgeteilt, von denen die oberen die Zahl 50 in heller Schrift auf dunklem Grunde umschließen, während die beiden unteren je einen Stempelabdruck des Reichsbankdirektoriums mit der Zahl 50 enthalten. Der ganze, zwischen den vier Eckfüllungen verbleibende Raum ist – wie diese selbst – mit feinem Zierlinienwerk gefüllt, aus welchem sich in der Mitte eine große 50 und darüber in dem Raume zwischen den beiden Eckquadraten ein Reichsadler in zarter Strichelung hervorheben. Auf dem Untergrunde erscheint in einfacher, kräftiger Schrift der Text der Banknote, welcher folgende Fassung hat: Reichsbanknote Fünfzig Mark zahlt die Reichsbankhauptkasse in Berlin gegen diese Banknote dem Einlieferer. Berlin, den 23. Juli 1920. Reichsbankdirektorium Die beiden Stempel des Reichsbankdirektoriums in den unteren Ecken sind wie die Nummern, die in der Mitte der kurzen Seiten des Rahmens ihren Platz gefunden haben, in brauner Farbe gedruckt. Das rechte Feld der Vorderseite enthält innerhalb eines hellen, mit leichten Zierlinien versehenen Rahmens auf dunklem Grunde das Brustbild einer sonnigen Mädchengestalt, die auf dem Kopf ein Rosengewinde und in den Händen einen schweren Früchtekranz trägt. Die Rückseite der Banknote ist in drei rechteckige Felder zerlegt, von denen die beiden äußeren als sinnbildliche Darstellung der Landwirtschaft und des Gewerbefleißes die kräftigen Gestalten eines Mähers und eines Werkarbeiters auf entsprechendem Hintergrunde im Brustbild zeigen. Das Mittelfeld enthält in seinem oberen Teile das Wort „Reichsbanknote“ und im unteren Teile die Strafandrohung in grünem Druck auf zarten Zierlinien. In der Mitte befindet sich in kreisrunder Umrahmung auf reichem dunklen Zierwerk eine große kräftige „50“ mit dem darunter stehenden Worte „Mark“. Außerdem haben im Mittelfelde oben der grau gedruckte Kennbuchstabe und unten die Buchstaben RBD Platz gefunden. Die drei Felder werden allseitig von einem breiten reichgeschmückten Rahmen umschlossen, der mehrfach den Wert der Banknote erkennen lässt sowie über und unter dem Mittelfelde deren Nummer in brauner Farbe trägt. Um diesen Rahmen legt sich an den vier Hauptseiten eine aus kleinen Quadraten mit Zierlinien gebildete Einfassung.“[4]
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Abb. 3: Vorderseite der Reichsbanknote zu 50 Mark vom 23. Juli 1920, Format 150 mm x 100 mm, nach einem Entwurf von Arthur Kampf, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


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Abb. 4: Rückseite der Reichsbanknote zu 50 Mark vom 23. Juli 1920, Format 150 mm x 100 mm, nach einem Entwurf von Arthur Kampf,

Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


Arthur Kampfs Entwurf für den 20-Mark-Schein zeigt als figürliche Bildelemente auf der Vorderseite zwei männliche Aktfiguren mit Bändern im Haar, die in kniender Haltung spiegelbildlich jeweils neben dem bekrönten Reichsadler im Medaillon Füllhörner mit Münzen ausschütten. Die Füllhörner sind seit der Antike ein Symbol des Glücks, wobei hier der Überfluss thematisiert wird. Die Nacktheit der Figuren soll Überzeitlichkeit verdeutlichen, ihr antikes Aussehen tradierte Seriosität. Völlig konträr dazu gestaltete Kampf die Rückseite des Scheins und wurde damit auch auf diesem künstlerischen Gebiet seinem Ruf gerecht, innerhalb der akademischen Formensprache neue Bildformen und -motive umzusetzen. Figürlichen Darstellungen wurde hier ein derart großer Raum zugebilligt wie nie zuvor.

Arthur Kampf symbolisierte die Gegensatzpaare Tag/Nacht, Arbeit/Ruhe sowie Mann/Frau durch allegorische männliche und weibliche Figuren. Den Tag kennzeichnet der aktive Mann, der, unter Laubwerk vor der aufgehenden Sonne stehend, seine Hemdsärmel hochkrempelt. Rechts hinter ihm begrüßt ein singender Vogel im Geäst den neuen Tag. Es handelt sich hier jedoch nicht um eine historische oder mythologische Figur. Kampf zeichnete einen Zeitgenossen des frühen 20. Jahrhunderts, der den Betrachter direkt anblickt, also mit ihm kommuniziert und ihn so auffordert, es ihm gleichzutun. Auch dies war ein Novum in der Geldscheingestaltung. Die rechte Seite des Geldscheins ist der passiven Nacht zugeordnet, symbolisiert durch eine schlafende Frau unter Sternenhimmel. Ihre Hände sind gefaltet, die Arbeit ruht. Diese Gegensätze beziehen sich im Grunde aber auch auf den Gesamtentwurf. Während die figürliche Vorderseite durch den Bezug zur Antike die tradierte Gestaltungsweise des Papiergeldes rezipiert, zeigt die Rückseite den Einfluss der künstlerischen Moderne seit Beginn des Jahrhunderts. Anstelle von Personifikationen, mythologischen Figuren, Herolden, Rittern oder anderen Bildelementen höherer Sphären stellte Arthur Kampf Menschen aus der Alltagswirklichkeit dar und verwies damit auf ein Motivspektrum, mit dem er sich in seinen Genrebildern intensiv auseinandersetzte. Insbesondere die Wiedergabe von Szenen aus dem Leben der Arbeiter war über einen langen Zeitraum kennzeichnend für sein Schaffen. Die Art der Gestaltung des Mannes auf dem 20-Mark-Schein korrespondiert darüber hinaus mit dem neuartigen Entwurf des Geldscheins. Statt die Person als Staffage-Figur mit einem bedeutsamen Blick in die Ferne anzulegen, legt der Künstler sie durch die frontale Darstellung des Gesichts als Individuum an und wertet sie damit auf.[5]


Die Vorderseite des 50-Mark-Scheins zeigt als figürliche Darstellung das Brustbildnis eines Mädchens en face. Sie trägt auf ihrem Kopf einen Kranz aus Rosenblüten und hält in den Armen verschiedene Früchte vor dem Körper. Durch eine starke Beleuchtung von der linken Seite wird das Gesicht vor dunklem Hintergrund stark akzentuiert. Die Rückseite des Geldscheins zeigt, wie bei der Reichsbanknote zu 20 Mark, zwei Personen. Auch diesmal stehen sie zueinander in Beziehung und repräsentieren erneut die Lebenswelt der Werktätigen. Die beiden sich zugewandten Männer symbolisieren mit ihren Werkzeugen die wichtigsten Arbeitsbereiche des Deutschen Reiches, die Landwirtschaft und die Industrie. Links schleift ein Mäher mit Backenbart und Hut im Getreidefeld stehend seine Sense.

Auf der rechten Seite des Geldscheins schultert ein Arbeiter einen Vorschlaghammer vor der Kulisse rauchender Industrieschornsteine. Beide Darstellungen werden von breiten schrägen Bildelementen dominiert, links die Sense, rechts der kräftige Unterarm des Arbeiters.[6]


Nachdem 1911 eine neue Reichsbanknote zu 100 Mark herausgebracht worden war –

der sogenannte „Flottenhunderter“, der von Professor Friedrich Wanderer ursprünglich als Reichskassenschein zu 50 Mark entworfen und ab 1902 zu einer 100-Mark-Reichsbanknote umgestaltet wurde – bestand auch Bedarf für eine neue 1000-Mark-Reichsbanknote.

Der ursprüngliche Entwurf der 1000-Mark-Reichsbanknoten entstammte noch den 1880er Jahren. Sie erschienen ab November 1884 und wurden im Laufe der Zeit nur geringfügig angepasst. Der Tausender war in die Jahre gekommen und wirkte nicht mehr ganz zeitgemäß. Die Reichsbankdirektion beauftragte deshalb um 1910 mehrere Künstler, Entwürfe zu einer neuen Reichsbanknote zu 1000 Mark zu gestalten. Einer dieser Künstler war Adolf Münzer, der im Jahre 1911 einen entsprechenden Entwurf zeichnete (Abb. 5).


Der Entwurf zeigt in einem symmetrisch von Ornamenten umrahmten achteckigen zentralen Feld Merkur und Germania, die sich an den Händen halten. Während die Germania sitzend im Profil von links an Merkur vorbeischaut, kniet der Gott des Handels vor ihr und blickt im Halbprofil ebenfalls nach links aus dem Bildfeld hinaus. Die linke Hand hält die Germania auf ein Schwert gestützt, das Stärke und Verteidigungsbereitschaft symbolisiert. Mittig im Hintergrund ist die Frontansicht eines Segelschiffs zu sehen, das für die weltumspannende Handelsmacht des deutschen Reiches steht. Der göttliche Beistand ist der Wirtschaft Deutschlands also sicher. Abgesehen von der kompositorischen Gedrängtheit der Bildelemente, entsteht der Eindruck, der Entwerfer wolle eher die künstlerischen Möglichkeiten von Ansichten – Seite, Halbfrontal, Frontal – abbilden. Inhaltliche mutet das Gesamtmotiv antiquiert an und repräsentiert keine moderne Nation. Allerdings muss man Adolf Münzer zu Gute halten, dass ihm für diese begrenzte Fläche kaum mehr als das große Segelschiff zur Versinnbildlichung des internationalen Handels zur Verfügung stand.

Über und unter dem zentralen Feld sind die Kontrollnummern angebracht. Beide Randfelder geben jeweils die Wertzahl 1000 in reichhaltiger Ornamentik in den oberen Hälften an.

Die unteren Hälften nehmen verkleinert das zentrale achteckige Bildfeld auf und geben rechts das Wasserzeichen und links den Reichsadler wider.


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Abb. 5: Entwurf aus dem Jahre 1911 zur Bildseite einer Reichsbanknote zu 1000 Mark von Adolf Münzer, Maße nicht bekannt, vermutlich wie bei den vorherigen Reichsbanknoten zu 1000 Mark  187 mm x 110 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


Nachdem der „Flottenhunderter“ (Abb. 6 bis 8) massiv kritisiert worden war, verschob sich die Priorität der Reichsbank und die Gestaltung einer neuen 100-Mark-Reichsbanknote wurde als wichtiger eingestuft.[7] Im Tagebuch von Adolf Münzer sind nach 1911 keine Arbeiten an einer 1000-Mark-Reichsbanknote eingetragen.[8]


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Abb. 6: Einseitige Druckprobe der Vorderseite der Reichsbanknote zu 100 Mark ("Flottenhunderter") vom 21. April 1910, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


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Abb. 7: Vorderseite der Reichsbanknote zu 100 Mark vom 21. April 1910, Format 207 mm x 102 mm, nach einem Entwurf von Friedrich Wanderer, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


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Abb. 8: Rückseite der Reichsbanknote zu 100 Mark vom 21. April 1910, Format 207 mm x 102 mm, nach einem Entwurf von Friedrich Wanderer, Abb. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte.


Besonders das große, längliche Format der von Friedrich Wanderer gestalteten 100-Mark-Reichbanknote wurde als unhandlich angesehen, da eine Summe in 100-Mark-Banknoten mehr Platz in der Brieftasche beanspruche als die gleiche Summe in Gold.[9]

Das Reichsbankdirektorium berichtete, dass die freie Fläche des Schaurands häufig für Stempel und Reklamezwecke missbraucht wurde und man die kuponartige Verlängerung sehr häufig abtrennte.[10] Die künstlerische Gestaltung wurde ebenfalls stark in Frage gezogen. So kritisierte bereits 1911 die Zeitschrift „Der Kunstwart“, dass „der neue Hundertmarkschein ein neues Glied in der Kette der – man kann es nicht gut anders ausdrücken – Attentate der Reichsregierung gegen den guten Geschmack und gegen die Würde der künstlerischen Kultur Deutschland bilde.“[11] Selbst von „Schund“ ist in diesem Artikel die Rede. Wie der spätere Bundespräsident Theodor Heuß 1918 (zu der Zeit Geschäftsführer des Deutschen Werkbundes) in einem Artikel zum Kriegsnotgeld schreibt, „dass das Ausland hier [bei der Gestaltung des Geldes] keinen Vorsprung hat (wie doch zumeist bei den Briefmarken), das kann nicht davon zurückhalten, hier eine Besserung für recht wünschenswert anzusehen. Nicht aus einer »pädagogischen« Groteske (die »Kunst dem Volke« über den Hundertmarkschein), sondern weil anständig aussehen soll, was deutsche Reichs- und Staatsarbeit ist und kein gleichgültiges Pfuschertum, keine akademische Ideenlosigkeit bleiben. Für ihre Kriegsanleihe-Propaganda hat die Reichsbank die Graphiker jetzt gefunden; hoffentlich schließt sie mit ihnen über diese Zweckarbeit hinaus gute Freundschaft.“[12]


Die allgemeine Kritik veranlasste das Reichsbankdirektorium schon kurz nach der Ausgabe des 100-Mark-Scheins, eine neue Reichsbanknote zu 100 Mark im alten Format in Auftrag zu geben. Aus den eingegangenen Entwürfen wurde der von Professor Adolf Münzer (1870 Pleß/Oberschlesien – 1953 Landsberg am Lech) ausgewählt.

Nach der Ausbildung zum Dekorationsmaler sowie Besuch der Kunst- und Gewerbeschule in Breslau zog Adolf Münzer nach München, wo er von 1889 bis 1896 zuerst an der Kunstgewerbeschule, dann an der Akademie der bildenden Künste studierte. Da er seinen Lebensunterhalt nicht als freischaffender Maler verdienen konnte, zeichnete er ab 1896 zunächst für das Satireblatt „Simplicissimus“, dann für die neu gegründete Zeitschrift „Jugend – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben“. Innerhalb weniger Jahre stieg er zu einem der prominentesten Mitarbeiter des stilbildenden Magazins auf und lieferte bis 1938 mehr als 300 Bildbeiträge. Insbesondere seine über 30 Titelbilder in den Jahren um 1900 waren charakteristisch für die Formensprache der Zeitschrift, deren Titel für den gleichnamigen Kunststil übernommen wurde. 1899 gehörte Münzer auch zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Künstlervereinigung „Die Scholle“, deren Mitglieder sich einem modernen Naturalismus zuwandten und den Bildtypus der „Großen Dame“ entwickelten.


Die Mitarbeit bei der „Jugend“ verschaffte Münzer nicht nur regelmäßige Einkünfte, sondern wirkte sich auch auf seine künstlerische Entwicklung aus. Dank finanzieller Unterstützung des Herausgebers Dr. Georg Hirth hielt er sich zwischen 1900 und 1902 zu Studienzwecken

in Paris auf, wo sein Zeichenstil unter dem Eindruck der französischen Plakat- und Illustrationskunst an Leichtigkeit und Eleganz gewann. In den kommenden Jahren charakterisierten Münzers Darstellungen, die meist Szenen aus dem Leben der Frau thematisieren und im Milieu des Großbürgertums bzw. der Bohème angesiedelt sind, weiche Konturen, reiche Binnenzeichnung und intensive Farbgebung.

1910 erhielt der Künstler eine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie und führte bis zu seiner Emeritierung 1932 zahlreiche Wandmalereien, u.a. in Düsseldorf, Gleiwitz und Stuttgart aus. Je nach Aufgabenstellung sind sie in repräsentativen Zusammenhängen häufig allegorisierend-mythologischer Natur und werden durch Klarheit in der Komposition sowie Strenge in der Form bestimmt.[13] 1915 kurzzeitig Kriegsmaler, gestaltete der Künstler auch Propagandaplakate im Ersten Weltkrieg und wurde dadurch erneut einer breiten Öffentlichkeit bekannt.


Arthur Kampf und Adolf Münzer verbanden viele Aspekte. Beide unterrichteten mit einer zeitlichen Differenz von rund 20 Jahren an der Kunstakademie in Düsseldorf, beide waren Maler, Zeichner und Illustratoren, besaßen ein enormes Zeichentalent und gestalteten Propagandaplakate während des Ersten Weltkriegs. Sogar die Karrieren zogen sich parallel bis ins „Dritte Reich“, auch wurden beide in die „Liste der Gottbegnadeten“[14] aufgenommen. Während Kampf bereits während seines Studiums auch die Historienmalerei als prominenteste Bildgattung umsetzte und gleichzeitig eine institutionelle Karriere anstrebte, fokussierte sich Adolf Münzer auf die graphischen Künste und kam erst später zur ersehnten Professur. Beide standen auch persönlich in Kontakt. Möglicherweise kannte man sich bereits aus den Anfangstagen der Zeitschrift „Jugend“, die im ersten Band 1896 Beiträge von Kampf ankündigte und im zweiten Band auch abdruckte.[15]  Münzer notierte am 19.01.1915 in sein Tagebuch, dass Kampf Nachfolger Anton von Werners an der Hochschule für die bildenden Künste in Berlin geworden sei und dass er im Juli desselben Jahres Briefe an ihn geschrieben hätte.[16]  Warum? Kampf strukturierte die Ausbildungsstätte neu, vielleicht bot Münzer seine Dienste an? 1915 befand sich Arthur Kampf auf dem Höhepunkt seiner Karriere und war als ein akademisch-traditionell arbeitender Künstler bekannt, der allerdings auch moderne Tendenzen unterstützte und neue stilistische Einflüssen in seinen Werken verarbeitete. Stilistisch zeigen die freien Malereien Adolf Münzers einen Duktus, der sich mit breitem Pinselstrich eher an den Impressionismus anlehnt. Beide Künstler variierten ihre künstlerische Ausdrucksweise je nach den Erwartungen des Auftraggebers.


Abbildungen der Entwürfe zur 100-Mark-Reichsbanknote waren bislang nicht bekannt, doch wurden sie vor Kurzem im Nachlass des Künstlers im Adolf Münzer Museum in Utting am Ammersee entdeckt (Abb. 9 bis 11).[17] Wie bei seinem Entwurf zum 1000-Mark-Schein teilte Münzer die Fläche in drei vertikale Abschnitte, wobei die beiden schmaleren Felder jeweils zwei Bildelemente übereinander zeigen und die figürliche Darstellung das größere zentrale Feld einnimmt.


Der erste Entwurf der Rückseite (Abb. 11) zeigt als allegorische weibliche Figur eine junge Frau mit zeitgenössischem Antlitz im germanisierenden Gewand und einer Halskette. Sie sitzt zwischen einem Getreide- und einem Rebenfeld auf dem Boden und blickt mit einem nach links ins Dreiviertelprofil gedrehten Kopf in die Ferne. Auf ihrem Schoß liegen Äpfel sowie ein mittelalterlich aussehendes Schwert in seiner Scheide. Die Aussage ist eindeutig: Der Reichtum eines Landes ist nur durch Wehrhaftigkeit zu sichern. Die den Motivfeldern unterlegte Ornamentik bedeckt ebenso wie auf der Vorderseite in ihrer Struktur die gesamte Reichsbanknote und hinterlässt den Eindruck einer großen Unübersichtlichkeit. Es handelt sich dabei um pflanzliche und ornamentale Muster, die in den jeweiligen Eckbereichen durch maskenhafte, Satyr-ähnliche Gesichter ergänzt wurden. Münzer griff hier – vermutlich aus Gründen der Fälschungssicherheit – auf Flechtwerkmuster des 19. Jahrhunderts zurück, wie sie z. B. im dekorativen Buchschmuck der englischen Künstler William Morris oder Edward Burne-Jones zu finden sind.


Adolf Münzer überarbeitete seine Bildidee aber nach Beginn des Ersten Weltkrieges[18] (Abb. 10). Ende 1914 äußerte sich das Reichsbankdirektorium dazu wie folgt:

„Die Stimmung der Zeit legte ihm den Gedanken nahe, dass eine weibliche Figur, wie er sie im Mittelbild der Rückseite der 100-Mark-Reichsbanknote ursprünglich dargestellt hatte, nicht mehr am Platze wäre. Er hat nun in diesem Gefühl eine in stiller Nacht auf deutscher Flur kniende, zum Himmel aufsehende, in Erz gewappnete, trotzige Germania gestaltet als dauernde Erinnerung an unsere große Zeit: Germanias Gebet. Diese Germania dürfte auch, worin dem Künstler zuzustimmen ist, dem Volksempfinden entsprechen. Das Reichsbankdirektorium ist dieser Auffassung beigetreten und hat beschlossen, das neue Mittelbild an Stelle des ursprünglichen für die Note zu wählen.“[19]

Bei den Deutschen herrschte keine Freude über den Krieg, aber die meisten Männer waren bereit, für das Vaterland in den Kampf zu ziehen. Wie in den anderen kriegsbeteiligten Staaten überwog auch in Deutschland die Überzeugung, einen Kampf zur Verteidigung der Heimat und der eigenen Kultur führen zu müssen.[20] Dieses Gefühl, für die Heimat einzustehen und sie mit Gottes Segen zu verteidigen, vermittelt dem Betrachter die zentrale Figur der „erz-gewappneten Germania, die zum Himmel aufblickend in stiller Nacht auf deutscher Flur betend kniet“,[21] den Schild an der Seite. Im Hintergrund ist der Kölner Dom zu erkennen.


Das Kölner Wahrzeichen wird bis heute wie kaum ein anderes Bauwerk mit dem Rhein verbunden. Münzer verortete seine betende Germania bewusst an diese Örtlichkeit, da der Fluss spätestens seit den Forderungen der französischen Regierung von 1840 im Nachbarland als Grenze zu Deutschland aufgefasst werden konnte. Als unmittelbare Reaktion entstanden daraufhin auf deutscher Seite das patriotische Lied „Die Wacht am Rhein“ sowie im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts prominente Leinwandgemälde mit einer den Rhein bewachenden Germania von Lorenz Clasen und Hermann Wislicenus. Nach dem deutschen Sieg über Frankreich 1871 wurde mit dem 1883 eingeweihten Niederwalddenkmal bei Rüdesheim auch eine dauerhafte Erinnerung an die Bedeutung des Flusses als Nationalmythos geschaffen. Neben der steinernen Germania wacht am Sockel eine bronzene Allegorie des Krieges, die Frankreich zugewandt ist. Angesichts der beginnenden Kämpfe gegen die französische Armee entschied sich Adolf Münzer also ganz bewusst für die Standortbestimmung seines Motivs.


Die Bildmotive der Rückseiten beider Entwürfe von Adolf Münzer zu einer 100-Mark-Reichsbanknote muten geheimnisvoll und märchenhaft an, der nordisch-germanischen Mythologie entnommen.[22] Aus der Fruchtbarkeitsgöttin im ersten Entwurf, die an die Göttin Freya erinnern sollte, ist eine Walküren gleiche Germania mit Brustpanzer geworden.

Die Krone, die sie auf den anderen Abbildungen amtlicher Grafik trägt, hat sie gegen einen Helm getauscht. Der Schild, ansonsten als Insignie und Wappenträger eher von dekorativem Charakter, ist dem Beobachter abgewandt. Die Funktion, der Schutz vor dem Angreifer, steht damit im Vordergrund und nicht mehr das Dekorative. Die Sterne vermitteln Hoffnung, göttlichen Schutz und Segen. So ist sie bereit, in dunkler Zeit, die heimatliche Erde zu verteidigen. Die Haltung der knienden Germania wurde nach einem männlichen Modell gezeichnet.[23] Adolf Münzer wollte damit wahrscheinlich sicherstellen, dass seine Germania in einer kraftvollen und martialischen Position verharrt und dem Feind den nötigen Widerstand bieten kann.


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Abb. 9: Vorderseite eines Entwurfs zu einer Reichsbanknote zu 100 Mark vom 30. Oktober 1915 von Adolf Münzer, Format 160 mm x 105 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


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Abb. 10: Rückseite des nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs geänderten Entwurfs zu einer Reichsbanknote zu 100 Mark vom 30. Oktober 1915 von Adolf Münzer, Format 160 mm x 105 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


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Abb. 11: Rückseite des ersten Entwurfs zu einer Reichsbanknote zu 100 Mark vom 30. Oktober 1915 von Adolf Münzer, Format 160 mm x 105 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


Die 100-Mark-Reichsbanknote wird Anfang 1915 wie folgt beschrieben:


„Der von Professor Münzer in Düsseldorf herrührende Entwurf einer 100-M-Reichsbanknote soll beiderseitig in Kupferdruck ausgeführt werden. Der Druck erfolgt auf handgeschöpftem Papier, das auf einer vom Druck freibleibenden Stelle als figürliches Wasserzeichen einen Merkurkopf enthält. Das Papier wird außerdem am Rande mit einem Faserstreifen versehen, dessen Farbe noch zu bestimmen ist. Die Note ist von Künstlerhand in besonders fein auszuführender strenger Linienmanier zu stechen. In Verbindung damit werden vielfach in sich verschlungene zarte Linienmuster angebracht werden. Durch ein Zusammenwirken dieser verschiedenen Mittel wird eine möglichst große Sicherung gegen Nachbildung angestrebt. Die Schrift wird auf beiden Seiten in klaren, kräftigen deutschen Buchstaben ausgeführt und die Strafandrohung auf der Vorderseite in ganz kleiner eigenartiger Schrift, wie sie sich als Schutzmittel bewährt hat, dunkel auf hellem Grunde hergestellt werden. Für den Kupferdruck beider Seiten ist die bisherige blaue Farbe in Aussicht genommen. Der Kontrollstempel auf der rechten Seitenleiste der Vorderseite soll ebenso wie die Nummern in roter Farbe gedruckt werden. Zu weiterer Erhöhung des Schutzes gegen Nachahmung wird die Vorderseite (Textseite) einen farbigen Unterdruck erhalten. Die Rückseite wird teilweise ebenfalls durch einen andersfarbigen feinen Liniendruck geschützt werden, der das Mittelfeld, die betende Germania, und das Wasserzeichen möglichst freilässt. Die Nummerierung erfolgt je zweimal auf beiden Seiten. Die Beschnittgröße des Scheines ist 10,2 x 16 cm.“[24]

Der Entwurf zur Reichsbanknote zu 100 Mark wurde am 12. Juli 1915 Kaiser Wilhelm II. in das Große Hauptquartier geschickt.[25] Am 24. Juli 1915 genehmigte der Monarch den Entwurf mit der erz-gepanzerten Germania, wünschte allerdings, dass der Reichsadler, der stilistisch nicht richtig dargestellt sei, geändert werde. Um den Reichsadler richtig abzubilden, möge man das königliche Heroldsamt oder Professor Emil Doepler hinzuziehen.[26]


Zur gleichen Zeit arbeitete Adolf Münzer auch an einem Reichskassenschein zu 10 Mark. Hier erforderte die schlechte Papierqualität des Reichskassenscheins zu 10 Mark vom 6. Oktober 1906 Ersatz (Abb. 12). Durch das neuartige Kopfwasserzeichen wurde das Papier anfälliger gegen Bruch und Reißen, sodass im Vergleich zu anderen Scheinen deutlich mehr im Umlauf ersetzt wurden. So mussten vom 10-Mark-Schein von 1906 nach 10 Monaten bereits 1,15% ausgetauscht werden, während die Reichskassenscheine zu 50 Mark von 1899 und zu 5 Mark von 1904 mit nur 0,03% beziehungsweise 0,04% zu Buche schlugen.[27]


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Abb. 12: Vorderseite eines Reichskassenscheins zu 10 Mark in der Version des Scheins vom 6. Oktober 1906, Muster für Papiertests, Bildnachweis: Bundesarchiv.[28]


1912, nachdem rund 750.000 Mark im Jahr für den Ersatz beschädigter 10-Mark-Scheine ausgegeben worden waren, entschloss sich die Reichsschuldenverwaltung, einen neuen Reichskassenschein zu 10 Mark herstellen zu lassen. Adolf Münzer erhielt auch in diesem Fall den Auftrag, den Schein zu gestalten. Schon im Februar lag der erste Entwurf vor, der allerdings nicht den technischen Anforderungen genügte. Der Künstler wurde gebeten, schnellst möglich eine Änderung durchzuführen. Sein Entwurf ging Ende April 1913 bei der Reichsdruckerei ein (Abb. 13 und 14). Sein Entwurf zur Rückseite wurde insgesamt als gut befunden, die Vorderseite allerdings abgelehnt.[29]


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Abb. 13: Vorderseite des ersten Entwurfs zu einem Reichskassenschein zu 10 Mark mit dem Datum vom 10. Oktober 1914 von Adolf Münzer, Format 130 mm x 55 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


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Abb. 14: Rückseite des ersten Entwurfs zu einem Reichskassenschein zu 10 Mark mit dem Datum vom 10. Oktober 1914 von Adolf Münzer, Format 130 mm x 55 mm, Bildnachweis: Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.


Adolf Münzer sollte die Vorderseite erneut überarbeiten. Währenddessen lieferten weitere Künstler Entwürfe, die aber den Anforderungen der Auftraggeber nicht genügten, sodass vor dem Beginn des Kriegs keine endgültige Fassung gefunden werden konnte.

Aufgrund des hohen Bedarfs an 10-Mark-Scheinen wurden die eingelagerten Bestände der alten Reichskassenscheine zu Beginn des Ersten Weltkriegs in Umlauf gegeben, was allerdings den hohen Bedarf nur kurzfristig deckte. Deshalb entschloss man sich, statt der in der Gesamtsumme beschränkten Reichskassenscheine Banknoten zu 10 Mark auszugeben. Mit dem Gesetz vom 22. März 1915 wurde die rechtliche Grundlage dafür geschaffen.[30]


Um möglichst schnell die benötigten Reichsbanknoten herstellen zu können, griff das Reichsbankdirektorium auf Münzers Entwurf zu dem Reichskassenschein zurück und bat den Künstler, den Schein zu einer Reichsbanknote umzugestalten. Die fertige Note trägt das Druckauftragsdatum vom 26. Mai 1916 (Abb. 15 und 16).

Der Künstler orientierte sich bei der Gestaltung an gängigen formalen Kriterien und verzichtete hier auf ein durchgehendes Dekorationsmuster. Die unterschiedlich großen Bildfelder sind nun wieder mit einer kontrastierenden Umrahmung versehen und zeigen deutlich erkennbare Motive, wie den Frauenkopf en face auf der Vorderseite.

Diese Personifikation der Ceres, der römischen Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit, gibt inhaltlich aufgrund ihres antikisierenden Charakters das Thema vor. Künstlerisch stehen aber alle weiteren, das Thema aufnehmenden Bildfelder dazu in starkem Widerspruch. Während unter dem erhabenen Kopf die Darstellung des Bauern, der im Beisein seiner kleinen Familie die Sense schärft, anekdotenhaft und illustrativ wirkt, verbleibt die Wiedergabe des Sense-schärfenden Mannes im Skizzenhaften. Keiner dieser Entwürfe erscheint als Banknote repräsentativ.


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Abb. 15: Vorderseite der Reichsbanknote zu 10 Mark vom 26. Mai 1916 nach einem Entwurf von Adolf Münzer, Format 130 mm x 85 mm, Bildnachweis: Archiv der Bundesdruckerei, Berlin.


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Abb. 16: Rückseite der Reichsbanknote zu 10 Mark vom 26. Mai 1916 nach einem Entwurf von Adolf Münzer, Format 130 mm x 85 mm, Bildnachweis: Jürgen Koppatz, Zur Künstlerischen Gestaltung der Reichsbanknoten Teil 2, Der Geldscheinsammler 1994, Heft 3, S. 18.


Eine offizielle Beschreibung der Reichsbanknote liegt nicht vor. Aus den Akten konnten wir folgende Vorgaben entnehmen:


„Aus dem Umstande, dass die von Professor Kampf entworfene Fünfzigmarknote, von der wir eine Photographie hier beifügen, ebenfalls einen sensenschärfenden Schnitter enthält, ist unseres Erachtens ein Bedenken gegen die Annahme des Münzerschen Entwurfs auch dann nicht zu entnehmen, wenn dieser für eine Zehnmarknote verwendet wird, sodass die Aufschriften ähnlich werden. Die Größe der beschnittenen Note soll 8,5 : 13 cm betragen. Als Papier ist ein Maschinenpapier mit fortlaufendem Wasserzeichen und Faserstreifen in olivgrüner Farbe in Aussicht genommen. Der Faserstreifen soll auf der Schauseite an der rechten Seite angebracht werden. Das Papier wird außerdem mit einem künstlichen Kontrollwasserzeichen versehen. Die Note soll in der Hauptsache auf beiden Seiten im Kupferdruckverfahren, und zwar in rotvioletter Farbe, hergestellt werden. Die Originaldruckplatten sind dabei in Kupferstich, und zwar in der für den Banknotendruck allein geeigneten klaren und kräftigen strengen Linienstichmanier von Künstlerhand herzustellen. Im Übrigen wird die Note auf beiden Seiten mit zarten und schwierigen, in sich verschlungenen Linienmustern gefüllt werden. Als Schutz gegen Fälschungen ist je ein farbiger Überdruck vorgesehen. Dieser wird im Buchdruckverfahren hergestellt. Die Schauseite enthält den Text der Note. Die bisherige Formel »pp. zahlt die pp. ohne Legitimationsprüfung dem Einlieferer dieser Banknote« hat die Reichsbank noch von der Preußischen Bank übernommen. Durch das Bankgesetz und durch die Bestimmungen des B.G.B. hat sie ihre innere Berechtigung insofern verloren, als die Worte »ohne Legitimationsprüfung« völlig überflüssig geworden sind. [...] Wir haben daher beschlossen, im Anschluss an die Vorschrift des Bankgesetzes und im Einklang mit den Bestimmungen des B.G.B. lediglich zu setzen: »Zehn Mark zahlt die Reichsbankhauptkasse in Berlin gegen diese Banknote dem Einlieferer«. Das Ausfertigungsdatum und die Unterschriften werden später eingefügt. In der Mitte oben und unten nahe dem Rande soll je einmal die Nummer angebracht werden. Die Rückseite soll auf dem linken Teil den Kontrollstempel erhalten, dessen Reichsadler unter Zuziehung des Professors Emil Doepler heraldisch richtig gestaltet werden wird. Nummern sollen auf der Rückseite links unten und rechts oben angebracht werden. In dem Felde unterhalb des Schnitters soll der Strafsatz, in feinster und doch klarer, eigenartiger Schrift gehalten, eingedruckt werden. Eine Riffelung der Noten ist aus Rücksicht auf die reiche figürliche Ausstattung nicht vorgesehen.“[31]

Ebenso wie die Reichsbanknoten zu 100 und zu 50 Mark kam dieser Entwurf nicht mehr zur Ausgabe. Die Ceres auf der Vorderseite des ersten Entwurfs von Adolf Münzer zum 10-Mark-Schein (Abb. 17) wurde 1917 beim Darlehnskassenschein zu 5 Mark als junges Mädchen (Abb. 18) wieder aufgegriffen. Die Komposition dieses 5-Mark-Scheins unterscheidet sich aber stark von Adolf Münzers Entwurf und die Vorderseite ist eher an den Vorgänger von 1914 angelehnt.


Abb. 17: Ceres aus dem Entwurf Adolf Münzers zum Reichskassenschein zu 10 Mark (Detail, siehe Abb. 11).

Abb. 18: Kopf eines jungen Mädchens vom Darlehnskassenschein zu 5 Mark vom 1. August 1917 (Detail).


Die 50-Mark-Reichsbanknote von Arthur Kampf (Abb. 3 und 4) wurde nur aufgrund des hohen Bedarfs an Papiergeld und der hohen Zahl gefälschter 50-Mark-Reichsbanknoten dann doch noch 1920 unter Protest des Reichskunstwarts und progressiverer, kunstinteressierter Kreise in den Umlauf gebracht.[32]


Durch die Entwürfe von Arthur Kampf und Adolf Münzer lag mit den von Kaiser Wilhelm II. genehmigten Reichsbanknoten zu 10, 20, 50 und 100 Mark und der noch im Entwurfsstadium befindlichen Reichsbanknote zu 1000 Mark eine komplette neue Serie vor, die von zwei anerkannten zeitgenössischen Künstlern gestaltet wurde. Doch nur die Entwürfe von Arthur Kampf fanden den Weg in den Umlauf. Warum?


Es wird verschiedene Gründe dafür gegeben haben, auch gestalterische.

Beide Künstler konzipierten ihre Entwürfe mit unterschiedlichen Stilmitteln. Auffällig sind bei Adolf Münzer die oft verwendeten großen zentralen Achteckfelder, in denen mythologische Ganzfiguren ihren manchmal beengten Platz fanden. Hinterlegt wurde die Gesamtkomposition mit einem extrem kleinteiligen Dekormuster, das dem Künstler als Vertreter der Jugendstils geläufig war. Sicherlich fälschungssicher, aber auch verwirrend und wenig harmonisch. Der Betrachter versucht ständig eine zugrundeliegende Struktur zu erkennen. Kampf hingegen setzte auf Pendants: Tag/Nacht, Arbeit/Ruhe, Industrie/Landwirtschaft, Tradition/Moderne. Eingebunden in eine klare, gut proportionierte Aufteilung fand seine Gesamtkonzeption mehr Zustimmung. Vielleicht auch, weil sein Name (Akademiepräsident, Direktor der bedeutendsten deutschen Kunsthochschule etc.) der Größere war?


Andreas Schroyen und Oliver Herzberg


Anmerkungen:

  1. Ernst Crous, 50 Jahre Reichsdruckerei, Verlag der Reichsdruckerei, Berlin 1929, S. 147.

  2. Andreas Schroyen, Oliver Herzberg, Der Künstler Arthur Kampf und seine Entwürfe auf dem Gebiet des deutschen Papiergeldes, Geldgeschichtliche Nachrichten, H. 326, 2023, Jg. 58, S. 74-86.

  3. Deutscher Reichsanzeiger 1916, Ausgabe 296, S. 2.

  4. Deutscher Reichsanzeiger 1920, Ausgabe 293, S. 2.

  5. Ebenda, S. 8-9.

  6. Schreiben der Reichsschuldenverwaltung vom 2. Oktober 1908 an den Reichskanzler (Reichsschatzamt) zu den Reichskassenscheinen, BArch R2/ 41967, Bl. 75-77. Hilfsbanknote von beschränkter Umlaufzeit vorgesehen. Der braune Tausender der Kaiserzeit wurde bis Ende 1922 hergestellt und blieb, wenn auch inzwischen wertlos, bis zum 5. Juli 1925 gültig.

  7. etztendlich kam erst im September 1922 eine neue Reichsbanknote zu 1000 Mark in den Umlauf. Diese war nur als Hilfsbanknote von beschränkter Umlaufzeit vorgesehen. Der braune Tausender der Kaiserzeit wurde bis Ende 1922 hergestellt und blieb, wenn auch inzwischen wertlos, bis zum 5. Juli 1925 gültig.

  8. Tagebücher von Adolf Münzer von 1911 bis 1915, Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.

  9. Deutscher Handelstag, Mitteilungen an die Mitglieder, Bericht über die Sitzung des Ausschusses des deutschen Handelstags vom 9. Oktober 1911, 51. Jahrgang, Nr. 24, 14. Dezember 1911, S. 47-48.

  10. Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Reichskanzler vom 31. Dezember 1914, BArch R3101/ 15998, Bl. 133.

  11. Hundertmarkscheinkunst, Der Kunstwart, 1911, Jg. XXIV, H. 12, S. 418-420.

  12. Theodor Heuß, Kriegsnotgeld, Deutscher Wille, 1918, Jg. 31, 2, H. 11, S. 121-122.

  13. Ulla Heise, Münzer, Adolf. Allgemeines Künstlerlexikon - Internationale Künstlerdatenbank - Online, Hg. Andreas Beyer, Bénédicte Savoy und Wolf Tegethoff. Berlin, New York: K. G. Saur, 2021.URL: https://www.degruyterbrill.com/database/AKL/entry/_00125575/html. (15.06.2025 abgerufen) sowie Christoph Kivelitz, Münzer, Adolf, Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Hg. Kunstmuseum Düsseldorf u. Galerie Paffrath, Düsseldorf, München: Bruckmann, 1998, Bd. 2, S. 434, 436.

  14. Seite „Gottbegnadeten-Liste“, in: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Juni 2025, 08:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gottbegnadeten-Liste&oldid=256678837 (17. Juni 2025 abgerufen).

  15. Jugend, 1896, Jg. 1, Bd. 1, No. 3, S. 52 sowie 1896, Bd. 2, Nr. 37, S. 591.

  16. Tagebucheintrag von Adolf Münzer vom 19. Januar 1915, Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.

  17. Die Autoren danken Herrn Florian Münzer, Utting, für die Unterstützung.

  18. Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Reichskanzler vom 31. Dezember 1914, BArch R3101/ 15998, Bl. 133-135.

  19. Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Reichskanzler vom 31.12.1914, BArch R3101/ 15998, Bl. 133-134.

  20. Arnulf Scriba, „Erster Weltkieg. Kriegspropaganda“, Deutsches Historisches Museum, Berlin. URL:  https://www.dhm.de/lemo/kapitel/erster-weltkrieg/propaganda (28.06.2025 abgerufen).

  21. Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Reichskanzler vom 31.12.1914, BArch R3101/ 15998, Bl. 133-134.

  22. Zur Zeit des ersten Entwurfs arbeitete Adolf Münzer an Motiven der Nibelungen und der Götterdämmerung.

  23. Tagebucheintrag von Adolf Münzer vom 14. August 1914, Adolf Münzer Museum, Utting am Ammersee.

  24. Beschreibung einer 100-Mark-Reichsbanknote vom 12. November 1914, BArch R 3101/15598 Bl. 135.

  25. Schreiben des Stellvertreters des Reichskanzlers an Seine Majestät, den Kaiser und König, vom 12. Juli 1915, BArch R3101/ 15998, Bl. 137-139.

  26. Schreiben an den Stellvertreters des Reichskanzlers von Seiner Majestät, dem Kaiser und König, vom 24. Juli 1915, BArch R3101/ 15998, Bl. 140.

  27. Schreiben der Reichsschuldenverwaltung vom 2. Oktober 1908 an den Reichskanzler (Reichsschatzamt) zu den Reichskassenscheinen, BArch R2/ 41967, Bl. 75-77.

  28. BArch R2/ 41967 Bl. 84.

  29. Schreiben der Reichsschuldenverwaltung vom 7. November 1913 an den Reichskanzler (Reichsschatzamt) zum Reichskassenschein zu 10 M, BArch R2/ 41968 Bl. 79-80.

  30. Gesetz betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen und Reichsbanknoten zu 10 Mark vom 22. März 1915, RGBl., Nr. 40 vom 22. März 1915, S. 179.

  31. Schreiben des Reichsbankdirektoriums an den Stellvertreter des Reichskanzlers vom 20. August 1915, BArch R 3101/ 624, Bl. 42-43.

  32. Andreas Schroyen, Oliver Herzberg, Der Künstler Arthur Kampf und seine Entwürfe auf dem Gebiet des deutschen Papiergeldes, Geldgeschichtliche Nachrichten, Jg. 58, H. 326, 2023, S. 74-86.

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