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AutorenbildWolfgang J. Mehlhausen

Auktion im Warschauer Schloss

Aktualisiert: 23. Juli

Es gibt heute eine Vielzahl von Auktionen für numismatisches Material in Europa,

so beispielsweise „Dauerauktionen“, bei denen Privatverkäufer und Firmen Ware einstellen, ebenso wie öffentliche Versteigerungen professioneller Verkäufer im Saal.

Eine Mail erinnert interessierte Internetnutzer stets an die wöchentlich anstehenden Auktionen. Münz- und Banknotenfreunde kaufen dort gern und lassen eigenes Material versteigern, aber auch viele Nachlässe kommen bei Versteigerungen „unter den Hammer“.


Das Prozedere einer Auktion ist bei den europäischen Firmen meist gleich oder zumindest sehr ähnlich. Dennoch gibt es Unterschiede, was Ausstattung, Dauer und vor allem das angebotene Material angeht. Beachtliche Unterschiede gibt es natürlich auch, was die Wahl des Versteigerungslokals angeht.


Warschau: Der Hintereingang des Königsschlosses war auch der Eingang zur Auktion,

Foto: Ingrid Mehlhausen.


Berichtet werden soll über eine besondere Versteigerung in unserem Nachbarland Polen. Die Firma Marciniak sp.k., Warschau, gegründet 2003 führte am 8. Juni 2024 bereits ihre

23. Auktion durch, die schon am 3. Juni mit Sitzung 1 startete und mit Sitzung 11 am 13. Juni endete. Insgesamt waren 7.751 Positionen im Angebot. 10 Sitzungen wurden im Internet und in den eigenen Räumen der Firma in Warschau abgearbeitet, aber ein Höhepunkt war die

6. Sitzung, die am 8. Juni 2024 im wieder erbauten Königlichen Schloss Warschau stattfand. Der letzte König Polens Stanislaus August Poniatowski war bekanntlich selbst Münzenliebhaber. Zu dieser Versteigerung in einem sehr ansprechend hergerichteten und gut geeigneten Saal des Königsschlosses wurden für diesen Tag die herausragendensten Stücke von Münzen, Phaleristik und Banknoten ausgesucht.




Für sie gab es einen gedruckten Katalog, der bei der Position 6.001 begann und mit 6.350 endete. Der Katalog für alle anderen Sitzungen war im Internet vor und nach der Auktion einzusehen. Die Internet-Präsentation ist ausgezeichnet, ähnlich wie bei anderen großen Versteigerungen. Im Saal waren hinter dem Versteigerer die zum Verkauf aufgerufenen Artikel immer mit Vor- und Rückseite abgebildet, dazu war sehr gut der aktuelle Bieterstand in Zloty ebenso wie in Euro und US-Dollar zu finden.

Parallel dazu gab es rechts vom Versteigerer noch einen zweiten Bildschirm, auf dem das Objekt in der Hand gedreht gezeigt wurde. Dort konnte man hervorragend die Qualität eines Stückes oder auch seine Fehler sehen und erkennen. Bei teuren Exponaten konnten aber auch Internet-Besucher bei ausgewählten Positionen kleine Filme vorab ansehen, um alle Details richtig beurteilen zu können.


Der Versteigerer nahm sich in dem dunkelrot beleuchteten Raum die notwendige Zeit, nochmals auf Besonderheiten hinzuweisen und gab die Chance, über die höchste Gebotsabgabe im Saal nachzudenken, wobei sich niemand gedrängt fühlen musste. Geboten wurde bei dieser Sektion übrigens im Saal, im Netz und dazu auch noch am Telefon.



Ausgewählte Artikel im Schloss

Der absolute Höhepunkt der Versteigerung im Schloss war die „Aukcja Wieczoru“, die „Auktion am Abend“ vom 8. Juni 2024, die schon gleich mit Geldscheinen von 1794 begann. Neben den Münzen nahm Papiergeld einen recht beachtlichen Raum ein.



Eine 5-Zloty-Note (Los 6.268) aus dem Jahr 1824, auch Erhaltung 5 (rückseitig geklebt) wurde mit nur 5.000 PLN geschätzt, aber erbrachte stolze 8.000 € (34.000 PLN). Zwei weitere Noten dieser Zeit (6.283: 3 Rubel 1841 und 6.284: 1 Rubel 1853 wurden mit 19.588 und 8.412 Euro verkauft. Sehr viel Geld zahlen die polnischen Sammler für gute Erhaltungen der Zwischenkriegszeit. Eine 10-Zloty-Note 1919 mit violettem Kreis in 1/1- (Los 6.294) wurde erst bei 6.588 € zugeschlagen, um nur ein Beispiel zu nennen.


Geldscheine waren auch bei den anderen Sitzungen im Angebot und fanden sehr guten Absatz. Unverkauft blieb nichts, alles erfuhr teilweise recht hohe Zuschläge, ausgerufene Zloty-Preise erreichten sehr häufig beim Zuschlag gleich hohe Euro-Preise und gelegentlich auch mehr. Sehr viel Geld gab es auch wieder für die Noten, die vor dem Zweiten Weltkrieg in England gedruckt, aber nie ausgegeben wurden. Die ganze Serie als Muster war die letzte bei der Rubrik Geldscheine (Los 6.340) und startete mit 80.000 Zloty und wurde für 86.000 PlLN zugeschlagen (20.235 €), aber es handelte sich hier um WZÓR = Musterscheine.

Zwei „echte“, also nicht als Muster gekennzeichte Scheine zu 2 und 10 Zloty 1939 in dürftiger Erhaltung (4-4+) verkaufte man für 2.235 und 2.118 €. Niemand vermag zu erklären, wie die nie ausgegebenen Scheine so stark zerknittert sein können wie alte, lange im Verkehr umgelaufene Noten.


Drei Raritäten bei Münzen, Banknoten und Orden

Drei Spitzenstücke erzielten beachtliche Preise. Bei den Münzen war die Nr. 6.346, ein Zehnfachdukat Sigismund III. von Danzig, das mit mit 500.000 PLN getaxt war und bei 590.000 PLN *) (138.824 €) zugeschlagen wurde.



Bei der Phaleristik war ein Unikat im Angebot: ein Kommandeurskreuz des Ordens Virtuti Militari, das das Militärmuseum für 92.000 PLN (21.647 €) erwarb, was zugleich das letzte Los im Saal war.



Ein drittes Superangebot gab es beim Papiergeld. Dies war die Position 6.347: eine 10 Silber-Rubel-Note von 1847 (Erhaltung 5). Sie wurde mit höchster Seltenheitsstufe (R8) bezeichnet und war nach bisherigen Kenntnissen nur zweimal: 1993 und 2012 zum Verkauf angeboten worden. Geschätzt wurde der Schein mit 40.000 PLN und ging aber erst bei 140.000 PLN (32.941 €) an einen neuen Besitzer.


Eine weitere Banknote dieser Epoche: ebenfalls 10 Silberrubel von 1844 erwies sich als Fälschung, weil das Wasserzeichen fehlte, aber dieses „Falschgeld“ war sehr gut gemacht, wurde aber damals nicht erkannt und lief lange Zeit um, wie die starke Abnutzung bewies und stellt ein durchaus sammelwürdiges Unikat dar. Entsprechend hoch war auch der erzielte Preis für Los-Nr.6.348: geschätzt: 20.000 PLN, vekauft für 35.000 PLN (8.235 €).


Fazit für Geldscheinsammler: hohe Preise

Recht gut verkauft wurden eigentlich alle Scheine, auch die der Volksrepublik Polen, bei denen es auch fast keine Rücklose gab, aber durchweg gute Preise. Das spricht dafür, dass es noch immer „Sammlernachwuchs“ gibt, denen auch viele noch günstig zu bekommende Banknoten fehlen. Wenn selbst noch umlauffähige frühe Banknoten der Republik Polen mit etwas Glück mit der Qualität und niedrigen Kontrollnummern gutes Geld bringen, wird den Banknotenliebhabern signalisiert, dass Ausgaben für die Sammlung gute Rendite bringen können.


Münzsammlungen ohne Geldscheine: Torso?

Allgemein ist festzustellen, dass in Polen sehr viel mehr Münzensammler zugleich auch Geldscheine sammeln. Bei uns sind die Papiergeldfreunde eine kleinere „Gemeinde“ bei der Numismatik. Es ist schwer zu erraten, warum dies so ist. Tatsache ist aber, dass in Polen sehr viele Papiergeldsammler anzutreffen sind.  Gesammelt werden die Notenbankausgaben, aber auch das viele Not- und Ersatzgeld aus polnischer wie deutscher Zeit. Vielfach werden Sammlungen ohne Papiergeld als „Torso“ bezeichnet.


Großen Wert legen die polnischen Sammler bei den Notenbankausgaben auf die Serienbuchstaben und Nummern. Gibt es ein- und zweistellige Buchstaben, so werden auch diese gesammelt, sogar bei dem derzeit umlaufenden Geld. Wer also irgendwann mal Scheine einer A-Serie weggelegt hat, kann sie zu unter Umständen einem Vielfachen des Nennwertes verkaufen. Hier erzielt man „Traumpreise“, wenn es Zahlenkombinationen mit 12345… gibt, oder ganz niedrige Kontrollnummern wie B 00001234.


Erfreulich ist, dass es gute Literatur für Sammler polnischer Banknoten gibt. Die Ausgabe eines 2024er Banknotenkatalogs von Parchimowicz ist noch nicht entschieden, aber frühere Werke müssen hinsichtlich der Preise unbedingt aktualisiert werden.



Sahnebonbons mit Geldscheinverpackung

In den Räumen des Schlosses vor dem eigentlichen Bietersaal gab es übrigens auch nicht nur Kaffe, Tee und sonstige Getränke, sondern auch Häppchen und Kuchen sowie Dinge zum Knabbern, was bei Versteigerungen wahrlich nicht die Regel ist. Nach der „Abendsitzung“ am 8. Juni 2024, wo die teuersten Raritäten versteigert wurden, wurde sogar ein hervorragendes warmes Abendessen serviert.


Eine wirklich ansprechende Idee war es, Sahnebonbons anzubieten, die in Papier gewickelt waren, auf denen einige der versteigerten Raritäten, so auch der beschriebene 10-Silberrubel-Schein 1844 abgebildet waren.

Reklame oder Werbung kann also auch heute noch Freude und Spaß machen, was wahrlich nicht immer der Fall ist, denken wir nur an die vielen unerwünschten Offerten auf dem Handy oder im Briefkasten, die keiner braucht und keiner will.


Blick ins Netz – kein Problem

Im Internetzeitalter kann man nicht nur diese 23. Auktion immer noch im Internet aufrufen, auch frühere Versteigerungen sind dort zu finden, ebenso wie die Preise und sehr gute Bilder. Der Inhaber der Firma Damian Marciniak ist im Netz ständig präsent mit kleinen Filmen zu verschiedenen Sachen. Er beschreibt das Reinigen von Münzen und zeigt auch viele andere Dinge, die mit Scheinen und Geldstücken zusammenhängen, in polnischer Sprache.


Informationen zu den aktuellen und vergangenen Auktionen erhält man stets unter:


Man kann auch im Archiv nachforschen, ob eine Banknote oder Münze schon einmal verkauft oder angeboten worden ist und wie die Verkaufspreise waren. Das alles macht viele Recherchen heute sehr einfach.


Die Adresse der Auktionsfirma lautet:

MARCINIAK sp.k.

Al. Jerozolimskie 65/79 oA.02

PL-00-697 Warszawa

POLSKA-POLEN


Wolfgang J. Mehlhausen

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Bemerkung: *) Alle Preise: Zuschlagpreise in Zlotly (PLN) ohne Aufgeld, Kurs (Durchschnitt) zum Euro am Versteigerungstag

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