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Ein merkwürdiger Entwurf für eine thailändische Banknote

Kürzlich sandte mir ein Sammler den Scan eines interessanten, von Hand gezeichneten Entwurfs einer nicht ausgegebenen Thai-Banknote und fragte mich, was ich davon halte (siehe Abb.)

Abb.1 Vorder- und Rückseite eines Entwurfs über 100 Ticals.


Nun, obwohl der Entwurf besonders auf der Rückseite profihaft ausgeführt worden ist, kann das kein ernst gemeinter Entwurf gewesen sein, der Zeichner hatte augenscheinlich weder vom thailändischen Währungssystem noch von der thailändischen Sprache eine Ahnung.

In Thailand wurden die ersten wirklich in der Öffentlichkeit zirkulierenden Banknoten 1902 ausgegeben, sie liefen bis 1925 um. Die Noten wurden von Thomas de la Rue in Großbritannien gedruckt und zeigen eine leere Rückseite.


Abb.2: 5 Baht 1902 der ersten Serie.


Ein paar Jahre vor der Einführung der 2. Serie im Jahr 1925 sprach man schon darüber, völlig neue, kleinformatige, zweiseitig bedruckte Noten ausgeben zu wollen. Verschiedene Entwürfe hierzu, ausgeführt von namhaften Druckfirmen, sind bekannt (kann ich aber hier aus Copyrightgründen nicht abbilden). Insofern stimmt das auf dem Entwurf angegebene Datum durchaus.

Auch die beiden Unterschriften passen zeitlich. Links hat der „Leiter der Abteilung (Banknoten)“ Praya Chaiyos Sombat (พระยาไชยยศสมบัติ) unterschrieben, rechts der Finanzminister Prinz Kitiyakara Voralaksana (กิติยากรวรลักษณ์). Letzterer war übrigens der Großvater väterlicherseits von Königin Sirikit.


Abb.3: Signatur des Leiters der Banknotenabteilung Sombat.


Abb.4: Signatur des Finanzministers Voralaksana.


Doch haben sich auf dem hier in Rede stehenden Entwurf einige bedeutsame Fehler eingeschlichen:

  • In den Ecken steht jeweils „100“, im Text steht 100 Ticals, aber auf Thai steht da auf Vorder- und Rückseite สิบนาท, das heißt 10 Ticals, es ist etymologisch das gleiche Wort wie Schekel, war damals die westliche Bezeichnung für Baht. 1 Tikal = 1 Baht, also 100 Ticals = 100 Baht.

  • Die Thai-Buchstaben sind etwas „wackelig“ geschrieben und teilweise schwierig zu lesen, außerdem kommen Rechtschreibfehler vor. So wird statt รัธบาลสยาม (Regierung von Siam) unter Auslassung des 1. Vokals nur รธบาลสยาม. Der gleiche Fehler ist bei der Amtsbezeichnung neben der linken Unterschrift passiert, hier steht เจ้าพกงาร statt เจ้าพักงาร.

  • Merkwürdig, weil von anderen Entwürfen nicht bekannt, ist auch, dass die Kontrollnummer links oben und rechts unten „000,000“ lautet, die entsprechende Nummer rechts oben und unten links aber ๓๘๔๘๕ (38485).

  • 1920 wurde per Gesetz festgelegt, dass die Noten keine chinesische und keine malayische Textzeile mehr enthalten dürfen. Daher wurden 1920 schon Noten des ersten Typs, nur eben ohne chinesischen und malaysichen Text, emittiert. Der Urheber des vorliegenden Entwurfs kannte dieses Gesetz nicht.

  • Ein entscheidender Fehler liegt auch auf der Rückseite: die abgebildete Dame sieht wie eine typische Inderin aus, auf keinen Fall wie eine Thai!

Wie der Entwurf zu bewerten ist, weiß ich nicht. Jedenfalls ist es kein offizieller Entwurf. Vielleicht ein privater Entwurf, von der Hand eines Nicht-Thailänders und Nichtfachmanns.


Erwin Beyer


Abbildungsnachweis:

Abb.1: private Sammlung

Abb.2: C. Steward, THAI BANKNOTES, Erlaubnis erteilt durch Miss V. Steward

Abb.3 und 4: von einer 100-Baht-Note 1919, aus der ehemaligen Sammlung Beyer

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