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Was ist dran an den Gerüchten, das "Dritte Reich" habe spanische Banknoten gefälscht?

Aktualisiert: 5. Juni

Unter Führung von General Francisco Franco (* 4. Dezember 1892 in Ferrol, Galicien; † 20. November 1975 in Madrid) putschten im Juli 1936 konservative, monarchistische

und faschistische Militärs gegen die demokratisch gewählte republikanische Regierung.

Mit der "Legion Condor" griff das Deutsche Reich aktiv in den Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der aufständischen Nationalen Front ein. Trotz der geleisteten militärischen Hilfe dachte Franco nicht daran, sich an Hitlers Angriffskrieg gegen die Sowjetunion zu beteiligen. Zwar entsandte er nach dem deutschen Überfall die "División Española de Voluntarios" ("Blaue Division") zur Unterstützung, ansonsten setzte er auf eine wohlwollende Neutralität gegenüber dem "Dritten Reich", d. h. man lieferte Südfrüchte, Olivenöl sowie kriegswichtiges Eisenerz und Wolfram, das die deutsche Waffenproduktion dringend für die Herstellung panzerbrechender Munition benötigte.

Kurz nach Beginn des Bürgerkrieges gründeten die Putschisten eine eigene Notenbank, die Banco de España in Burgos, dem Sitz der Junta[1] Da sich sowohl Bradbury, Wilkinson & Company als auch Thomas De La Rue weigerten, Banknoten für die Bank in Burgos zu drucken, wandte man sich an die deutsche Banknotendruckerei Giesecke & Devrient in Leipzig. Unter dem Ausgabedatum 21. November 1936 druckte sie die erste Banknotenserie mit den Nennwerten 25, 50, 100, 500 und 1000 Peseten.


Mit dem Druck der nächsten Banknotenausgabe, die auf den ersten Jahrestag des Militäraufstands am 18. Juli 1937 datiert werden sollte, beauftragte die Notenbank die italienische Druckerei Officine Grafiche Coen & Cia. (später Calcografia & Cartevalori)

in Mailand. Laut Vertrag vom 1. August 1937 sollte das Unternehmen 98 Millionen Banknoten in den klassischen Stückelungen 25, 50, 100, 500 und 1000 Peseten im Tiefdruckverfahren herstellen. Da Coens jedoch nicht über die nötige Erfahrung mit diesem Druckverfahren verfügte und die neu importierten Druckmaschinen Probleme bereiteten, genehmigte die Bank schließlich die teilweise Verwendung des Steindrucks (Lithographie).


Abb. 1.1/2: Banco de España, 18. Juli 1937, 1000 Peseten, Vorder- und Rückseite, Quelle: <https://www.billetesantiguos.es/1000-pesetas-1937-pick-106e/

Die Vorderseite zeigt in der Mitte in einem Medaillon das Brustbild Karls V. nach einem Gemälde von Tizian im Prado-Museum und die Rückseite zeigt die Szene der Gefangennahme von König Franz I. durch die Truppen Karls V. nach einem Wandteppich

in Neapel.


Abb. 2.1/2: Banco de España, 18. Juli 1937, 100 Peseten, Vorder- und Rückseite.

Die Banknote zeigte auf der Vorderseite ein Porträt des Generals Castañs und auf der Rückseite ein Gemälde, das die Kapitulation des französischen Generals Dupont in der Schlacht von Bailén darstellt.


Am 13. August 1938 warnte der spanische Geheimdienst [Servicio de Información y Policía Militar (SIMP)] vor möglichen Problemen bei Coen. In der folgenden Woche teilte Coen dem Auftraggeber mit, dass die bestellten 1000-Peseten-Banknoten nicht zufriedenstellend ausgefallen seien. Man wolle daher mit dem Druck noch einmal beginnen. Auch die Qualität der Noten zu 100 Peseten entsprach nicht den Wünschen der Banco de España in Burgos. Daher wies sie einen Monat später die Italiener an, alle fehlerhaften Banknoten zu vernichten. Jedoch ignorierte Coen die Anweisung und verwahrte zunächst die fertigen Noten zwei bis drei Wochen in einem Lagerhaus auf. Hier müssen dann einige Exemplare gestohlen worden sein, denn am 24. Oktober 1938 wurde in Bilbao eine 25 Peseten-Note und am 26. Oktober in Hendaye ein 1000-Peseten-Schein aus dem Umlauf gezogen.

Auch anderswo wurden weitere Scheine der nicht in Verkehr gesetzten Ausgabe entdeckt. Die Ermittlungen der SIMP führten dazu, dass sich die Banco de España (Burgos) entschloss, auf die Ausgabe aller von Coen gedruckten Banknoten gänzlich zu verzichten und die gelieferten Scheine in der Bankfiliale von Soria zu verbrennen. Anstelle der Italiener erhielt nun erneut Giesecke & Devrient den Auftrag für den Druck einer zweite Banknotenserie mit dem Ausgabedatum vom 20. Mai 1938.

Als am 9. Mai 1939 José Larraz López Finanzminister wurde, war sein Augenmerk darauf gerichtet, nicht noch einmal solch ein Desaster wie bei der gescheiterten Ausgabe der Calcografia & Cartevalori zu erleben. Daher bat er am 18. Januar 1940 Antonio Goicoechea Cosculluela (Gouverneur der Banco de España von April 1938 bis August 1950) die Druckplatten, die noch bei Giesecke & Devrient lagerten, aus Deutschland zu holen oder unter Aufsicht des Bankmitarbeiters Primitivo Erviti und des spanischen Konsuls in Deutschland zu vernichten. Am 19. Februar 1940 teilte Larraz dem Finanzminister mit, dass die Zerstörung der Druckplatten abgeschlossen sei.


Während des Zweiten Weltkriegs war das nicht kriegsführende Spanien ein bevorzugter Tummelplatz der Geheimdienste. Amerikanische und britische Agenten beobachteten genau die deutschen Aktivitäten und umgekehrt. Die Ergebnisse der Alliierten-Spionage wurden häufig den spanischen Behörden zugespielt, um so zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zum "Dritten Reich" beizutragen oder Entscheidungen der spanischen Seite im eigenen Sinne zu beeinflussen. So wurden immer wieder Stimmen laut, die behaupteten, dass in Deutschland spanische Banknoten gefälscht worden seien.


In einem im August 1945 freigegebenen Geheimbericht des US-amerikanischen Office of Strategic Services (OSS) wird behauptet, dass die Reichsregierung 1940 spanische Banknoten im Wert von insgesamt 4 Milliarden Peseten auf eigene Rechnung gedruckt habe und so die Unterstützung Francos im Bürgerkrieg bezahlen würde.[2] Dieses Geld wäre ab Mai 1945 (!) in Spanien in Umlauf gebracht worden. Es hätte zur Bezahlung von Aktivitäten der nationalsozialistischen Partei in Spanien gedient, z. B. zur Bezahlung von Spitzeln, für den Erwerb von Immobilien, Unternehmen und Transportschiffen. Nach dem Dossier sollen Spione, Witwen, Invaliden und Veteranen der "Blauen Division" zwischen 25.000 und 50.000 Peseten erhalten haben. Die deutschen Konsuln in Santander und Bilbao sollen Zuwendungen zwischen 300.000 und 500.000 Peseten erhalten haben.


Andere OSS-Berichte erwähnen auffällig hohe Geldbewegungen der deutschen Botschaft. Beträge in Höhe von mehr als 50 Millionen Peseten wären bei der Banco Alemán Transatlántico und der Deutsch-Südamerikanische Bank eingezahlt wurden.


Die Banco de España hätte offenbar keine Kenntnis von diesen Zahlungen gehabt oder dies ignoriert. In einem OSS-Bericht vom Februar 1943 wird behauptet, dass die spanische Notenbank von der Verwendung gefälschter Banknoten durch die Deutschen gewusst, aber lediglich nur deshalb nicht darauf reagiert hätte, um einen Skandal zu vertuschen. Man hätte die Banknoten eingesammelt, bei denen die Kontrollnummer doppelt vorgekommen seien. Möglicherweise wurden die alliierten Agenten bei dieser Meldung von der Geschichte des portugiesischen Fälschers Alves Reis inspiriert, der 500-Escudo-Noten der Banco de Portugal beim britischen Unternehmen Waterlow & Sons mit den identischen Kontrollnummer bereits ausgegebener Noten nachdrucken ließ.[3]


Abb. 3.1/2: Banco de España, 20. Mai 1938, 1000 Peseten, Original, Vorder- und Rückseite.


Im Bericht 28193 vom 4. Februar 1943 wird behauptet, dass 65.000 Banknoten zu 1.000 Peseten mit Ausgabejahr 1938 (= 65 Millionen Pesetas) in einer Nacht bei Giesecke & Devrient illegal nachgedruckt worden seien. Dies wäre dadurch ermöglicht worden, weil der spanische Verwalter vergessen hätte, die Druckplatten in Verwahrung zu nehmen. Nun, die Druckmenge hätte man in einer Nacht drucken können, aber etwas anderes macht stutzig. Die US-amerikanischen Spione behaupteten, dass man in der Druckerei die Unterschriften hätte fälschen müssen. Dies kann aber nicht stimmen, da ihre Gravur bereits auf den Druckplatten vorhanden war. Auch nennt das Papier keinen zeitlichen Rahmen, erwähnt aber, dass 50 Millionen Peseten in Sabadell zum Kauf von Armeebekleidung und 15 Millionen Peseten zum Kauf von Olivenöl in Italien verwendet worden seien. Die OSS-Agenten wollen aber eine Banknote mit der Nummer A3.141.165 sichergestellt haben. Wenn dies zutrifft, müssten die deutschen Falsifikate irgendwo zwischen den Nummern A3.100.000 und A3.200.000 liegen. Die Agenten gingen davon aus, dass bei der Nummerierung der illegalen Banknoten bereits zugewiesene Nummern verwendet worden seien. Im selben Bericht ist auch von 100-Peseten-Fälschungen der gleichen Serie die Rede. Sie sollen jedoch nicht mit Original-Druckplatten hergestellt worden seien, denn die Ziffern weisen einen anderen Schnitt auf. Dennoch meinte man, auch diese Fälschungen den Deutschen zuschreiben zu können.


Abb. 4.1/2: Banco de España, 10. Mai 1938, 100 Peseten, Fälschung, Vorder- und Rückseite.


Abb. 4.3/4: Kontrollnummer (Original und Fälschung).


Bereits im Jahr 1942 meldete die Untergrund-Zeitung „L’Hora de Catalunya“ deutsche Peseten-Fälschungen. Die Zeitung, die im Folioformat und mit einem beidseitig bedruckten Einzelblatt in 364 Ausgaben erschien, wurde von einer Gruppe von Leuten aus nicht-intellektuellen Berufen publiziert. Sie bekämpften das Franco-Regime und streuten pro-alliierte Kriegsinformationen.[4] Die Redakteure beriefen sich auf einen Bericht der Case de la Moneda, der am 23. Januar 1942 in Barcelona angekommen sein soll. Sie meldeten, dass Giesecke & Devrient von den folgenden Ausgaben Falsifikate angefertigt hätten:


100-Peseten-Banknoten (Ausgabe vom 21. November 1936) mit der

Serie V mit den Kennziffern 400.001 bis 980.000

Serie X mit den Kennziffern 250.001 bis 750.000

Serie T mit den Kennziffern 150.001 bis 850.000


100 Peseten-Banknoten (Ausgabe vom 20. Mai 1938) mit der

Serie D mit den Kennziffern 0.050.001 bis 2.000.000

Serie (unbekannt) mit den Kennziffern 3.000.001 bis 7.500.000

Serie F mit den Kennziffern 5.900.001 bis 9.500.000


50-Peseten-Banknoten (Ausgabe vom 20. Mai 1938) mit der

Serie B mit den Kennziffern 5.000.001 bis 9.999.999

Serie C mit den Kennziffern 6.000.001 bis 9.999.999

Serie E mit den Kennziffern 3.000.001 bis 9.999.999


25-Peseten-Banknoten (Ausgabe vom 20. Mai 1938) mit der

Serie C mit den Kennziffern 4.500.001 bis 8.500.000

Serie D mit den Kennziffern 1.500.001 bis 9.000.000


Der Zeitungsbericht wirft eine Reihe von Fragen auf. Woher hatte die Casa de Moneda ihre Informationen? Sie befand sich gerade in der Aufbauphase und hatte sicherlich noch keine weitreichenden Beziehungen zu anderen Notendruckereien aufgebaut. Auch war sie nicht dem Gouverneur der Banco de España unterstellt, wie man in der Zeitung lesen konnte. Zweitens werden in dem Artikel zu viele Angaben gemacht, von denen keine mit denen in den OSS-Berichten übereinstimmt. Und Drittens, wenn Giesecke & Devrient die Noten nachgedruckt hätte, wie hätte man diese illegitimen Banknoten von den rechtmäßigen unterscheiden sollen, war doch das Unternehmen der offizielle, legale Drucker der Noten. Dies wäre nur möglich gewesen, wenn vollkommen andere Serien für diese Noten verwendet worden wären, was sicherlich sofort festgestellt worden wäre, oder es hätte eine größere Anzahl von Scheinen mit gleicher Kontrollnummer entdeckt werden müssen.

Dies war nicht der Fall. Bisher scheinen nur zwei 25-Peseten-Banknoten der Serie F aus dem Jahr 1938 mit derselben Nummer entdeckt worden zu sein. Daraus lässt sich ableiten, dass diese Duplizität wahrscheinlich auf einen Fehler zurückzuführen ist, wie es auch bei FNMT[5]-Ausgaben hin und wieder vorkommt.


Der Druck der zweiten Banknotenserie war bei Giesecke & Devrient bereits 1939 abgeschlossen. Zwar waren die Druckplatten zunächst im Unternehmen verblieben, sodass es mehrere Möglichkeiten für ihre unbefugte Verwendung gab: Die Geldfälschungsoperation fand zu einem viel früheren Zeitpunkt statt als in den OSS-Berichten angedeutet, z. B. bei der laufenden Produktion. Zweitens, als die Druckerei von der bevorstehenden Vernichtung der Druckplatten informiert wurde, musste sie auf Verlangen der deutschen Regierung zusätzliche Noten drucken, um diese ggf. als wirtschaftliche Waffe gegen Spanien einsetzen zu können. Diese Aktion könnte dann zwischen Ende Januar und Anfang Februar 1940 datiert werden. Oder sollten einige Druckplatten der Vernichtung entgangen sein?


Es gibt keine Beweise dafür, dass im Auftrag des NS-Regimes spanische Banknoten widerrechtlich nachgedruckt oder gefälscht wurden. Es ist sicherlich eine der vielen Geschichten, die im Krieg zur Desinformation des Feindes gewoben wurden.


Uwe Bronnert


Literatur

 José Antonio Castellanos, Enciclopedia de la Notafilia y Escripofilia española, Volumen 4, Tomo II, Madrid 2021.


Anmerkungen

[1] Während des Bürgerkrieges gab es also zwei Notenbanken in Spanien. Im Herrschaftsbereich der Republik die Banco de España (Madrid) und im Gebiet der aufständischen Nationalen Front die Banco de España in Burgos. Nach dem Sieg Francos wurden beide Banken wieder zusammengeführt und alle Banknoten der Banco de España (Madrid) entschädigungslos eingezogen.

S. Geldscheine-online.com vom 27.07.2022: Uwe Bronnert, Zum Geldwesen des Estado Espanol (1936 – 1939).

[2] Bei einem Umtauschsatz von 11 Peseten für einen US-Dollar, wären das ca. 360 Millionen US-Dollars gewesen.

[3] Vgl. Thomas Gifford, Escudo, Bergisch Gladbach 2005.

[5] Die Fábrica Nacional de Moneda y Timbre ist die Banknotendruckerei sowie Münzprägeanstalt Spaniens. 

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