Objekttyp: Banknote
Sammlung: Uwe Bronnert
Historischer Kontext:
Am 14. Oktober 1806 wurde das preußische Heer in der Schlacht bei Jena und Auerstedt von den Truppen Napoleons vernichtend geschlagen. Der bisherige preußische Verbündete, Kurfürst August III. von Sachsen, wechselte ins napoleonische Lager. Im Vertrag von Posen (11. Dezember 1806) trat Kursachsen dem Rheinbund bei und erhielt als Gegenleistung den früheren preußischen Kreis Cottbus sowie die Königswürde. Der Frieden von Tilsit (7./9. Juli 1807) besiegelte dann die völlige Unterwerfung Preußens, das die im Zuge der Zweiten und Dritten Polnischen Teilung annektierten Gebiete an Napoleon abtreten musste. Als Herzogtum Warschau übernahm der sächsische König Friedrich August die Herrschaft. Der neue Pufferstaat zwischen Preußen, Russland und Österreich hatte eine Ausdehnung von 104.000 km² mit 2,6 Millionen Einwohnern.
Das Herzogtum von Napoleons Gnaden hatte während seiner gesamten Dauer, d. h. von 1807 bis 1815, mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die durch die politische und wirtschaftliche Lage und das Fehlen einer stabilen Währung verursacht wurden.
Zur Lösung der Probleme schlug der sächsische Finanzier Baron von Manteuffel die Ausgabe von Kassenscheinen vor. Am 29. Dezember 1810 unterzeichnete Friedrich August das königliche Dekret zur Einführung von Geldscheinen im Herzogtum. Da mit dem Druck der Kassenscheine in Dresden schon früher begonnen wurde, tragen sie bei der Angabe des Dekrets ein „falsches“ Datum: 1. Grudnia (Dezember) 1810.
Die Kassenscheine wurden in drei Nominalen emittiert. Nach dem Dekret sollten
700.000 Scheine zu 1 Taler = 4.200.000 Złoty
250.000 Scheine zu 2 Taler = 3.000.000 Złoty
60.000 Scheine zu 5 Taler = 1.800.000 Złoty
1.010.000 Scheine = 9.000.000 Złoty
ausgegeben werden, wobei der Taler mit 6 Złoty gerechnet wurde.
Die Geldscheine wurden auf weißem Papier gedruckt, in Bogen zu jeweils sechs Scheinen. Zum Schutz vor Fälschungen waren sie mit Wasserzeichen, Trockenstempel und zwei gedruckten Faksimile-Unterschriften versehen. Unten rechts in der Ecke immer die faksimilierte Unterschrift des Kontrollers Marian Piramowicz; unten links in der Ecke eine
von neun Unterschriften der Kontrolleure: entweder von Tomasz Adam Ostrowski, Walenty Sobolewski, Stanislaw Kostka Zamoyski, Marcin Badeni, Aleksander Potcki, Jósef Jaraczewski, Stanislaw Ossoliński, Jan Nepomucen Małachowski oder Antoni Kochanowski. Eine vollständige Sammlung aller Nominale und Unterschriftsvarianten umfasst also 27 Scheine.
Der gesamte Papiergeldausgabe war auf 1,5 Millionen Taler begrenzt und ihr Umlauf wurde von der „Dyrekcja Biletów Kasowych“ (Direktion der Kassenscheine) beaufsichtigt, deren Vorsitzender Tomasz Adam Ostrowski war. Die meisten Sitzungen der Kommission fanden im Krasiński-Palast in Warschau statt.
Erst am 2. Juli 1811 wurden die ersten Kassenscheine ausgegeben. Obwohl dieses Geld durch die Zolleinnahmen des Herzogtums Warschau gesichert war, wurde es von der Bevölkerung nicht ohne weiteres akzeptiert. Dies lag vor allem daran, dass die Annahme von Geldscheinen eingeschränkt oder sogar verweigert werden konnte. Nicht alle Geldzeichen – sieht man vom Nominal zu 5 Talar ab – gelangten in Umlauf.
Parallel zu den Misserfolgen der französischen Truppen in Russland verloren die Kassenscheine des Herzogtums Warschau zunehmend an Wert. Anfang 1813, noch vor dem Eintreffen der russischen Armee, zog die Direktion nach Krakau um. Trotz der Einwände der Regierung ließ sie dort bis zum 6. März die noch vorhandenen Scheine im Gesamtwert von etwa 500.000 Taler verbrennen. Nach den Niederlagen der napoleonischen Armee in Russland und später in der Völkerschlacht bei Leipzig erließ der russische Kaiser Alexander I., der sich in Deutschland aufhielt, am 31. Oktober 1813 in Frankfurt am Main ein Dekret, das den Umlauf von Geldscheinen des Herzogtums Warschau verbot.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich noch Papiergeld für etwa 100.000 Zloty in den Händen von Privatleuten. Erst 1824 wurde mit der Einlösung der Scheine in Kongreß-Polen begonnen.
Hierzu war 1824 die Zentrale Liquidationskommission eingerichtet worden, die nun die Liquidation der Finanzschulden des ehemaligen Herzogtums Warschau regelte. Sie versah die ihr vorgelegten Kassenscheine des Herzogtums mit ihrem Kastenstempel: „KOMMIS:CENTRAL:LIKWID:“. In Sammlungen befinden sich heute meist so gekennzeichnete Scheine. Die Frist für die Anmeldung von Ansprüchen gegenüber der Kommission endete am 1. Juli 1825.
Land/Region/Ort: Warschau, Großherzogtum
Emittent: Dyrekcja Biletów Kasowych (Direktion der Kassenscheine)
Nominal: 1 Talar
Datierung: 1. Grudnia (Dezember) 1810
Vorderseite: Schwarzer Druck des Schmuckrahmens, der den polnischen Text (Wert,
Angaben des Ausgabedekrets, Ausgabeort und -datum, Unterschriften,
Serienbezeichnung und Kontrollnummer) einschließt.
Rückseite: unbedruckt, hier mit Einlösungsstempel
Material: weißes Papier mit Wasserzeichen und Prägestempel
Wasserzeichen: am oberen Rand: KASSOWY BILLET, darunter K.B.X.W.;
am unteren Rand: XIĘSTWA WARSZAWSKIEGO
Unterschriften: Aleksander Potochi (Kommissar), (Marian) Piramowicz (Kontroller)
Druck: Druckerei in Dresden
Format: 175 x 96 mm
Nummerierung: 25515, Lit. A
Auflage: 700.000 Scheine (alle Unterschriftsvarianten eingeschlossen)
Umlauf: 2. Juli 1811 bis 31. Oktober 1813
Authentizität: Original
Zitate:
A12 (Standard Catalog of World Paper Money, Vol. II – General Issues)
A12g (Czesław Miłczak, banknoty polskie i wzory, Tom I 1794–1941)
57 (Jerzy Koziczyński, Banknoty Polskie, Kolekcja Lucow, Tom I 1794–1866)
B101 (Irwin/Linzmayer: The Banknote Book – Duchy of Warsaw)
Uwe Bronnert
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