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Das Mysterium des „Schweine-Tausenders“

Die 1000-DM-Banknote der Deutschen Notenbank Ausgabe 1948 – im Umlauf oder nicht?


Die Banknote der Deutschen Notenbank über 1000 DM Ausgabe 1948 weckt Interesse

und wirft zugleich Fragen auf. Es ist der einzige Geldschein der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) und DDR mit einem derart hohen Nennwert.

Angesichts der Tatsache, dass der Schein praktisch ausschließlich in kassenfrischer Erhaltung vorkommt, stellt sich unweigerlich die Frage – war er überhaupt im Umlauf?


Sowjetische Besatzungszone Deutschlands und DDR: Deutsche Notenbank, Banknote zu 1000 DM von 1948, Vorder- und Rückseite. Sammlung Grabowski.



Der Schein zählt zur ersten Banknotenserie der Deutschen Notenbank, die ab 25. Juli 1948

in Umlauf gegeben wurde. Die Scheine zu 2 bis 1000 DM wurde am 13. Oktober 1957 infolge eines unangekündigten Geldumtauschs in der DDR („Aktion Blitz“) ungültig, während die Scheine zu 50 Pfennig sowie 1 DM noch bis 30. November 1965 gültig blieben.


Ein Großteil der heute auf dem Sammlermarkt erhältlichen Banknoten zu 1000 DM 1948 stammt aus der Versteigerung des Nachlasses der Staatsbank der DDR durch das Auktionshaus Busso Peuss in Frankfurt am Main im Jahr 1995. Damals wurden rund 700 Scheine verkauft.


Er war aber bereits davor für Sammler erhältlich. Schon Kurt Jaeger berichtete 1972[1], dass der Schein für 30 US-Dollars (umgerechnet seinerzeit ca. 95 DM) bei der Deutsche Buch-Export- und Import-GmbH in Leipzig[2] erhältlich sei. Es gibt weitere Hinweise, wonach Bestände in den 1980er Jahren aus der DDR ihren Weg in den westdeutschen Münzhandel fanden, wo der Schein nach meiner Erinnerung für ca.150 DM in kassenfrischer Erhaltung angeboten wurde. Der aktuelle Verkaufspreis im Handel liegt bei EUR 100 Euro. Er ist damit für Sammler erschwinglich.


Anhand der Kontrollnummern nachgewiesen sind derzeit rund 780 Scheine der Serien A und B, wobei der aktuell bekannte Nummernkreis der Serie A von A 0007019 bis A 0146987 und der Nummernkreis der Serie B von B 0007585 bis B 0042653 reicht. Es gibt damit in Sammler- und Händlerkreisen mehr Scheine als 1995 versteigert, und es dürfte weitere Bestände geben[3]. Die amtliche Auflage betrug 225.000 Stück[4]. Die bisher bekannten höchsten Kontrollnummern der Serien A und B sprechen dafür, dass 150.000 Stück der Serie A und 75.000 Stück der Serie B gedruckt wurden, wenn man annimmt, dass die Scheine fortlaufend nummeriert wurden. Allerdings bestehen bei den bekannten Nummernkreisen große Lücken. So sind bisher etwa Scheine aus den Nummernkreisen A 0017000 bis

A 0032000, A 0036000 bis A 0050000 oder B 0030000 bis B 0041000 nicht bekannt geworden. Wie viele der tatsächlich gedruckten Scheine der Vernichtung entgangen sind,

ist ungeklärt.


War der Schein im Umlauf?

Seine legale Verwendung war jedenfalls seit Erlass des Gesetzes über die Regelung des Zahlungsverkehrs vom 21. April 1950[5] nur noch sehr beschränkt möglich. Nach § 2 mussten Verwaltungen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, alle volkseigene Betriebe, Industriebetriebe und Großhandelsunternehmen, Gewerbebetriebe mit einem Jahresumsatz von mehr als 20.000 DM, Vermieter mit monatlichen Mieteinnahmen über 250 DM sowie Berufstätige mit drei oder mehr Angestellten Girokonten eröffnen und gemäß § 3 ihren geschäftlichen Zahlungsverkehr bargeldlos abwickeln. Ziel des Gesetzes war die Kontrolle und Steuerung der Wirtschaft über den Zahlungsverkehr. Das verhinderte zwar nicht die Bildung von Schwarzgeldguthaben, die dann durch die Währungsreform vom 13. Oktober 1957 entwertet werden sollten, wohl aber für die entsprechenden Personenkreise die Möglichkeit der legalen Verwendung von Banknoten zu 1000 DM im geschäftlichen Zahlungsverkehr. Zudem hätte die Bildung von Schwarzgeldbeständen unter Verwendung dieser Scheine einen Verstoß gegen die genannten gesetzlichen Vorgaben nur allzu offensichtlich gemacht. Schon zuvor war in der SBZ versucht worden, die Barzahlung größerer Beträge durch juristische Personen zu unterbinden[6] und laut Gesetzblatt der DDR 1950 S. 355 etwa Kontoverfügungen und Gehaltszahlungen über 300 DM nur noch durch Überweisungen zuzulassen. Allerdings wurde die Anwendung dieser Bestimmungen in den einzelnen Ländern unterschiedlich gehandhabt, und jedenfalls bei sowjetisch-deutschen Aktiengesellschaften wie der Wismut AG sowie durch die russische Militärverwaltung selbst scheinbar nicht umgesetzt.


Ausgenommen von den Vorgaben des Gesetzes blieben Privatpersonen und grundsätzlich auch selbständige Bauern, da sie nicht in dessen Anwendungsbereich fielen. Außerdem hätte eine Verwendung des Scheins bis zum Erlass des Zahlungsverkehrsgesetzes im April 1950 grundsätzlich nicht den dargestellten gesetzlichen Einschränkungen unterlegen.


Nach Grabowski sollen 1949/1950 insgesamt 743 Stück ausgegeben worden sein[7].

Für Privatpersonen hätte bei den Lohnverhältnissen der Zeit der Schein mehreren Monatsgehältern entsprochen, so dass schon eine Auszahlung in der wöchentlichen oder monatlichen Lohntüte nicht in Frage kam. Allein die durch Akkordlöhne und Prämien möglichen monatlichen Spitzenverdienste von Bergleuten bei der seinerzeitigen Wismut AG reichten an den Nennwert des Scheines heran[8]. Eine Verwendung bei Lohn- und Gehaltszahlungen und damit eine Ausgabe an Privatpersonen kann damit wohl ausgeschlossen werden.


Michael H. Schöne schreibt, dass der Schein bei der Vergütung von Pflichtabgaben der Bauern durch staatliche Stellen Verwendung gefunden haben soll. Daher rühre auch die Spottbezeichnung „Schweine-Tausender“[9]. Jedenfalls mit den dargestellten gesetzlichen Vorgaben zur Reduzierung des Bargeldumlaufs wäre das durchaus auch nach April 1950 vereinbar gewesen.


1000 DM 1948 mit A 0051940 in gelaufener Erhaltung, Vorderseite.


1000 DM 1948 mit A 0051940, Ausschnitt der Rückseite mit deutlich erkennbaren Falzspuren.



In meiner Sammlung befindet sich ein 1000-DM-Schein tatsächlich in gebrauchter Erhaltung, mit der Kennung A 0051940, den ich im Sommer 1988 auf einem (West-)Berliner Flohmarkt in einer "Grabbelkiste" fand. Der Schein weist deutliche Gebrauchsspuren auf, was vor allem auf der Rückseite erkennbar ist, er wurde mehrfach gefaltet und befand sich wohl für etwas längere Zeit in einem Portemonnaie oder einer Brieftasche. Auch Peter Reissig[10] bildet einen solchen Schein ab und führt in der von ihm begründeten Übersicht einen als "Schweine-Tausender" bezeichneten Schein mit der Kennnung A 0051955 auf; vermutlich handelt es sich bei dem von ihm abgebildeten genau um diesen Schein. Festzuhalten ist: Beide Scheine liegen in der Nummernfolge nur 15 Ziffern auseinander. Das legt die Vermutung nahe, dass Scheine aus dem Nummernkreis A 00519XX tatsächlich zirkuliert sind. Aber wo und wann, und wer hat sie benutzt?


Zeit für eine Recherche in den Archivunterlagen der Deutschen Notenbank, die sich heute im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde befinden[11]. Aussagekräftig ist insoweit die Stückelungskartei[12] der in Umlauf gegebenen Zahlungsmittel von 1948–1954, in der die Notenbank jeweils per Stichtag die Beträge der im Umlauf befindlichen Banknoten und Münzen je Nominal festhielt, sowie die Übersicht der Kassenbestände der Emissions- und Girobanken in den einzelnen Ländern.


Stückelungskartei der Deutschen Notenbank – Umlaufbeträge in Stücken zu 1000 DM.



Aus den Übergabeprotokollen der Notenbank ergibt sich, dass diese am 13. August 1948

von der gedruckten Gesamtauflage nur 76.000 Scheine zu 1000 DM in ihre Tresore übernahm. 2000 Stück gingen an die sowjetische Militäradministration, 6000 an das Berliner Stadtkontor. Der Rest verblieb in der Notenreserve. Von diesem Bestand wiederum wurden bis Mai 1949 überhaupt nur 46.470 Scheine in den Kassenbestand der Notenbank zwecks Ausgabe überführt.


Der Umlauf der Scheine entwickelte sich rückläufig. Waren am 31. Dezember 1948 46.350 und am 31. Dezember 1949 noch 45.930 Scheine zu 1000 DM als Umlauf verbucht, waren es per 31. Dezember 1950 nur noch 2.400, Ende 1951 nur noch 268 und Ende 1953 ganze 64 Stück. Die Tatsache, dass bis 1951 zusammen 195 Scheine als vernichtet aus dem Umlauf ausgebucht wurden, könnte darauf schließen lassen, dass sie im Geldverkehr abgenutzt waren. Ein Großteil der Umlaufabgänge wurde als Tausch gegen andere Nominalwerte verbucht.


Zum Tausender von 1948 ein Blick auf den Zahlungsverkehr in Mecklenburg. Tatsächlich bestand dort im Frühherbst 1949 ein erheblicher Bargeldbedarf, den die VEAB (Volkseigene Erfassungs- und Aufkaufbetriebe) zum Aufkauf sogenannter „freier Spitzen“ – Produktionsmengen, die über die Ablieferungssollmengen hinausgingen – benötigten und den die Emissions- und Girobank in Schwerin kaum befriedigen konnte. Beklagt wurde durch Emissions- und Girobank in Schwerin zudem, dass Landwirte trotz Aufforderung auf Konten gutgeschriebene Geldbeträge sofort in bar abhoben. Man traute den staatlichen Institutionen nicht. Hier war zeitweise ein hoher Bargeldbedarf zu befriedigen, wahrscheinlich auch mit größeren Nominalen.


Schreiben der Emissions- und Girobank Mecklenburg vom 14.2.1949 an die Deutsche Notenbank Berlin: Man schickte 800 Banknoten zu 1000 DM an die Hauptkasse der Notenbank zurück.



Noch im Februar 1949 hatte die Emissions- und Girobank Mecklenburg 800 Scheine zu 1000 DM an die Hauptkasse der Notenbank nach Berlin zurückgeschickte, die nun wohl kurzfristig fehlten, weil die Aufforderung, bargeldlos zu zahlen, jedenfalls bei den Bauern nicht verfing. Nach der in Berlin angeforderten Belieferung mit kleineren Wertstufen flossen im Oktober 1949 jedenfalls 30 Scheine zu 1000 DM aus Schwerin wieder an die Notenbank nach Berlin zurück.


Eine monatliche Übersicht über die Kassenbestände der Kreditinstitute in den Ländern der DDR für das Jahr 1950 zeigt, dass dort nur geringe Stückzahlen der im Umlauf befindlichen Scheine zu 1000 DM verfügbar waren. Ein Großteil blieb in der Kasse der Notenbank in Berlin. So ist etwa für den Monat August 1950 in Mecklenburg nur ein Stück zu 1000 DM als Kassenbestand registriert. Über das Jahr waren es dort nie mehr als elf Scheine, in Brandenburg kaum über 40. Lediglich in Sachsen wurden Kassenbestände von bis zu 120 Scheinen verzeichnet, mit abnehmender Tendenz im Laufe des Jahres. Die Zeit des „Schweine-Tausenders“ war 1950 abgelaufen.


Fazit

Die 1000-DM-Note von 1948 ist in den Umlauf gekommen, allerdings nur etwa Ende 1950, möglicherweise durch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), die 1948 Stücke dieses Nominales erhalten hatte, sowie in Einzelfällen jedenfalls in Mecklenburg.

Für anderen Länder der DDR kann das ebenfalls nicht ausgeschlossen werden, da Stücke in den Kassen der Banken dort jedenfalls bis Ende 1950 in wenigen Exemplaren verfügbar waren. Als im Umlauf nachgewiesen können Scheine aus dem Nummernkreis A00519XX gelten. Vielleicht existieren auch noch aus anderen Nummernkreisen gelaufene Scheine.


Bereits Ende 1950 spielte die Banknote zu 1000 DM im Geldverkehr keine Rolle mehr. Welchen Weg der mir vorliegende Schein mit der Nummer A 0051940 von der Ausgabe bis 1988 genommen hat und welche Geschichte dahintersteht, lässt sich nicht mehr aufklären, denn Bargeld ist und bleibt als Zahlungsmittel anonym. Spannend wäre es aber allemal.


Dr. Sven Gerhard


Anmerkung der Redaktion

Natürlich gelangten mehr als die 1995 in Frankfurt am Main versteigerten 700 Stück Tausender der Deutschen Notenbank von 1948 aus dem Besitz der ehemaligen Staatsbank der DDR auf den Sammlermarkt. Schon zu DDR-Zeiten wurden kassenfrische Tausender aus Restbeständen nicht nur über Leipzig gegen harte Devisen in den Westen, sondern auch an Sammler aus der DDR verkauft. Wenn ich mich richtig erinnere, dann habe ich meinen Tausender (siehe Abb. ganz oben) in einem damals bekannten Fachgeschäft des Staatlichen Kunsthandels der DDR in Ost-Berlin für 400 Mark der DDR gekauft. Das muss Mitte der 1980er Jahre gewesen sein.


Hans-Ludwig Grabowski


Anmerkungen [1] Kurt Jaeger, Die Zahlungsmittel in Deutschland seit 1948, Basel 1972. [2] Der 1953 gegründete Außenhandelsbetrieb Deutscher Buch-Export und -Import war zuständig für den Export und Import von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Kunstdrucken, Noten, Briefmarken, Kalendern, Schallplatten u. a. Er war dem Ministerium für Außenhandel und dem Ministerium für Kultur der DDR unterstellt. Quelle: Sächsisches Staatsarchiv Leipzig.

[3] Auf der World Money Fair Anfang Februar 2023 bot ein Berliner Händler mehrere hundert Stück aus dem Nummernkreis A 0092XXX in kassenfrischer Erhaltung an, die mit einem Stempel „Requisite“ gekennzeichnet waren. [4] Grabowski, Die deutschen Banknoten ab 1871, 22. Auflage Regenstauf 2021, S. 232. Ebenso die Hinweise im Archiv der Deutschen Notenbank.

[5] Gesetzblatt der DDR 1950 S. 355.

[6] Beschluss der Deutschen Wirtschaftskommission vom 7.7.1948.

[7] Grabowski, ebenda. [8] Illustrativ dazu Jürgen Ziller, Der Zahltag, https://wismut.hypotheses.org/466

[9] Kahnt/Pontzen/Schöne/Waltz, Die Geschichte der Deutschen Mark, Regenstauf 2003, S. 214 f.

[10] Peter Reissig, DDR-Papiergeld - KATALOG UND GESCHICHTE mit Bewertungen (5), moneytrend 2/2011 S. 258 Abb. 3-17.

[11] Bestandssignatur DN 6 – Deutsche Notenbank. [12] Referenz DN 6/652.

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