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Kurze Geschichte der Vernichtung von Banknoten

Die zurückfließenden Banknoten waren nach den Bestimmungen des Patentes „also gleich zu vernichten“!


„Nur Bares ist Wahres.“ Bis ins letzte Jahrhundert hinein verstand man darunter, dass Zahlungen mit Gold- und Silbermünzen zu erfolgen hatten. Das Misstrauen gegenüber dem papierenen Geld war nicht unbegründet. Zu oft endete es entwertet als Altpapier.


Der Dreißigjährige Krieg hatte auch die Finanzen der europäischen Staaten erschöpft.

In Schweden liefen anstelle von Gold- und Silbermünzen bis zu 20 kg schwere Kupferplatten (Platmynt) um. Johan Palmstruchs Idee Credityf-Zedels (Banknoten) auszugeben, wurde daher wohlwollend aufgenommen. Die 1657 gegründete „Stockholms Banco“ gab ab 1661 Geldscheine aus, die jederzeitigen Rücktausch in Metallgeld versprachen. Aber schon bald geriet die Bank wegen der zu zahlreich ausgegebenen Scheine in Schwierigkeiten.

Auch den Versuchen John Laws mit der Bank of Scotland (1717) und der Banque Royal (1719) in Frankreich und des norwegischen Kaufmanns Jørgen thor Møhlen (1713) war kein Erfolg beschieden.


Im Siebenjährigen Krieges ermächtigte Kaiserin Maria Theresia durch Patent vom 15. Juni 1762 die Wiener Stadtbank, Bancozettel in Höhe von 12 Millionen Gulden auszugeben.

Die Scheine zu 5, 10, 25 und 100 Gulden datieren vom 1. Juli 1762. Sollte das Papiergeld erfolgreich sein, musste man das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen. Daher waren Abgaben an die Staatskassen zur Hälfte in Bancozetteln zu leisten. Ferner wurden die Banknoten nur gegen vollwertige Münzen abgegeben, die zur Deckung der ausgegebenen Noten dienten. Bancozettel im Mindestbetrag von 200 Gulden konnten auch in fünfprozentige Bancoobligationen umgetauscht werden, und schließlich bestimmte das Patent, dass zurückfließende Banknoten „also gleich zu vernichten“ seien. Zu diesem Zweck wurde in Wien „auf dem Glacis linkerhand vor dem Schotten-Thor ein Verbrennungsofen errichtet.“[1]


Schon bald wurde das neue Papiergeld mit einem Agio von 2 ½ % gegenüber dem Metallgeld gehandelt. Dies veranlasste die Finanzverwaltung vier weitere Emissionen vorzunehmen. Anlässlich der vierten Emission (1788) wurde erstmals die Höhe der Ausgabe geheim gehalten und die Bevölkerung begann misstrauisch zu werden. Infolge der Koalitionskriege gegen Frankreich wurden ab 1792 immer größere Mengen an Bancozetteln ausgegeben, sodass der Gesamtumlauf bis 1794 auf 62 Millionen Gulden stieg.


„Schlimm wurde die Situation im Jahre 1796 – das Agio von 1771 hatte sich schon längst in sein Gegenteil verkehrt – als man dem Papiergeld, dessen Ausgabe in unbekannter Höhe ununterbrochen fortgesetzt worden war, Zwangskurs gegenüber allen Zahlungen vom Staat und für den Staat verlieh.“[2]

Auch durch diese Maßnahme war das Vertrauen der Bevölkerung nicht zurückzugewinnen. Bereits im April 1797 führte die Regierung auch einen Zwangskurs für private Zahlungen ein. Österreich erlebte erstmals eine Inflation in großem Maßstab mit ständiger Entwertung des Papiergeldes gegenüber dem Metall und dauerndem Ansteigen der Preise. Bis August 1802 stieg der Notenumlauf auf 300 Millionen Gulden.


Die Regierung war bemüht das Währungschaos einzudämmen. Im August 1803 wurde ein Bancozettel-Tilgungsfond gebildet, zu dessen Dotierung ein Separatzoll auf Zucker, Kaffee und Kakao erhoben wurde.


„Die Bancozettel, welche auf diese Weise eingingen wurden eingezogen und in spektakulärer Weise in einem neuen Verbrennungsofen am Wienfluss in der Nähe der Stubenbastei vernichtet.“[3]

Die weiteren Kriege gegen Napoleon machten aber alle Anstrengungen zunichte. Erst 1835 war der größte Teil des Umlaufs der Wiener Gulden außer Verkehr gesetzt.


Zu Beginn des 19. Jahrhunderts belasteten auch die Erinnerung an die wertlosen Assignaten der französischen Revolution, die Deutschland überschwemmt hatten, das Verhältnis der Bürger zum Papiergeld. Zwar gelangte im Zuge der Industrialisierung zunehmend Papiergeld zur Ausgabe, aber es hatte aus heutiger Sicht eher den Charakter eines Wertpapiers als den eines gesetzlichen Zahlungsmittels.

Sollte sich das Papiergeld im Zahlungsverkehr durchsetzen, mussten die Bürger überzeugt sein, dass seine Einlösung jederzeit in Gold- und Silbermünzen möglich war. Daher begrenzten strikte Deckungsvorschriften die Ausgabemenge. In Kurhessen enthielten die Emissions-Gesetze für die Kurhessischen Kassenscheine nicht nur Bestimmungen über die Ausgabe, sondern auch über deren Wiedereinziehung.[4] Gemäß den §§ 4 der beiden Emissionsgesetzte sollten von 1852 ab jeweils jährlich Beträge von 50.000 bzw. 75.000 Thaler wieder eingezogen werden, bis sämtliche ausgegebenen Kassenscheine wieder eingelöst waren.

Über die Vernichtung der ersten eingezogenen Kassenscheine gibt das folgende Protokoll Auskunft:[5]


Protocoll die gänzliche Vernichtung der ... mittelst eines Hohlstempels bereits zum weiteren Umlaufe untauglich gemachten Kurhessischen Staats-Kassenscheine ... betreffend. Geschehen zu Cassel am 14. März 1857 Gegenwärtig: Excellenz der Direktor der Haupt=Staats=Kasse, Herr Geheimrath Schotten, der Oberfinanzrath von Witte, Mitglied der genannten Direktion, sodann: die Mitglieder des dermaligen geheimen Landständischen Ausschusses: Herr Freiherr Waitz von Eschen, Mitglied der 1. Ständekammer, Herr Oberfinanzrath a.D. Zuschlag, Präsident  der 2. Ständekammer Herr Gutbesitzer von Kutzleben, Vicepräsident endlich: der Protokollführer, Secretar Stephan. Nach vorgängigem Einvernehmen hatte man sich heute Nachmittag um 3 Uhr im Lokale der 1. Abtheilung der Haupt=Staatskasse zum Zwecke des im Rubrum bezeichneten Geschäfts eingefunden. Zunächst wurde von Sr. Excellenz ... eröffnet, daß die hier ... aufgelegten, bisher in 2 Kasten, unter Verschluß des Herrn Oberfinanzraths von Witte ... aufbewahrt gewesenen, meistens zu Paketen von 500 Thlr. befindlichen Kassenscheine ... genau die Summe von 125.000 Thlrn. bilden, welche die Kurfürst=Friedrich=Wilhelms=Nordbahn=Gesellschaft ... durch Raten von je 25.000 Thalern in den Jahren 1852, 1853, 1854, 1855 u. 1856 wieder abgetragen habe ... ... und daß zu der ganzen Summe von 125.000 Thalern =         185 Stück Scheine, á 20 Thlr ................      3.700 Thlr. =         975 -“-   -“-            , á  5 -“-   .................      4.875 -“- = 116.425 -“-   -“-             , á  1 -“-   ................. 116.425 -“ zusammen wie oben  125.000 Thlr. gehören, diese daher heute gänzlich zu vernichten seyen. Eine besondere Vorrichtung zum Verbrennen größerer Quantitäten von Werthpapieren hat bis jetzt nicht zur Verfügung ... gestanden, und da das Verbrennen ... in den Oefen der Geschäftslokale feuergefährlich erscheint, so fand der Vorschlag ... den Act des Verbrennens ... in der benachbarten Schmiede des Schmiedemeisters Grebe ... zu vollziehen, Einwilligung. ... Darauf verfügte man sich in die Grebe'sche Schmiede=Werkstatt, woselbst ... der 1. Kiste ... ein Paket nach dem anderen entnahm, ... und ... dem Feuer zum Verzehren übergab. ... die übrigen 4 Kisten ... in gleicher Weise ... bis der Werthinhalt der sämtlichen 5 Kisten den Flammen überantwortet war. ...

Um das Absetzen unverbrannter Teile zu verhindern, wurde die Esse sorgfältig durchstoßen. Dennoch:

Am 3. April 1857, ca. 3 Wochen nach dem Verbrennen der Scheine, überreicht die Kurfürstliche Landgendarmerie Wahlershausen 10 angebrannte 1-Thaler-Scheine. Sechs Stück davon waren auf einem Stück Land gefunden worden, auf welches aus dem Hofe der Hauptstaatskasse (!!!) Dünger gefahren worden war. Der "Taglöhner Martin Eulner zu Wehlheiden‘"gab vor, das Anbrennen sei ihm durch Unvorsichtigkeit mit Streichhölzern passiert, und so gelang es ihm tatsächlich, diese Scheine an den "Handelsmann Katzenberg aus Hoof" für 7 1/2 Silbergroschen zu verkaufen. Die 4 anderen Scheine, bei denen man noch recht gut die durchstanzten Löcher erkennen konnte, fanden sich im Besitz des "Handelsmann Kugelmann aus Breitenbach". Weiter seien "dem Vernehmen nach eine bedeutende Quantität ähnlicher Scheine im Publicum verbreitet, und namentlich sollen solche von Gerstungen aus, wo deren Versilberung ebenwohl versucht worden ist", bei der Polizei eingeliefert worden sein.[6]

In der Zeitschrift „Der Bär“ findet sich die folgende kleine Mitteilung:

Das Verbrennen von eingezogenen Wertpapieren in Berlin, welches unser Bild auf S. 33 darstellt, wird in dem Gebäude der Reichsdruckerei vorgenommen von einer Kommission, bestehend aus fünf bis sechs hohen Beamten. Der Nennwert der in jedem Jahr zur Verbrennung kommenden Wertpapiere (Kassenscheine, Reichs- und Staatsschuldenscheine) und der Wertpapiere, die beim Druck einen Fehler erhalten haben, beläuft sich auf hunderte von Millionen. Um jeden Mißbrauch vorzubeugen, ist ein besonderer Ofen konstruiert, in dem ein sehr starkes Feuer entzündet wird. Sind die einzelnen Päckchen vor den Augen der Kommission verbrannt, so wird dicht über dem Feuer ein enger Rost vorgeschoben, um ein Herausnehmen unverbrannter Papierteile zu verhindern; sodann verschließt die Kommission den ganzen Ofen durch einen Deckel. Der Schornstein des Ofens führt vom Vorderhause unter dem Hofe nach dem Hinterhause vier Treppen hoch ins Freie, ein Rost mit einem feinen Maschennetz bedeckt die Mündung, so daß auch hier jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, daß ein nur angesengtes Papierteilchen in unrechte Hände gelangen könnte.[7]
Abb. 1: Das Verbrennen von eingezogenen Wertpapieren in Berlin. Nach einer Zeichnung von W. Zehmer.
Abb. 1: Das Verbrennen von eingezogenen Wertpapieren in Berlin. Nach einer Zeichnung von W. Zehmer.

Weil das Verbrennen zu viel Zeit erforderte, ging die Reichsdruckerei dazu über, die Papiere durch eine Schlagkreuzmühle zu zerkleinern und den Abfall zu verkaufen.


Abb. 2: Vernichtung von Banknoten.[8]
Abb. 2: Vernichtung von Banknoten.[8]

Ende 1918 hatten auf Veranlassung der Reichsbank zahlreiche Kommunen Notgeldscheine emittiert. Nun verlangte ein Erlass des Reichsfinanzministers und des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 3. und 22. Januar 1919 deren Einzug bis zum 30. April 1919.[9] Die Vernichtung dieser Scheine stellte die Gemeinden vor große Probleme. In einem Runderlass vom 5. April 1919 gab der preußische Minister für Handel und Gewerbe daher genaue Anweisungen für die Vernichtung des Notgeldes:


Die bevorstehende Einziehung der von den Provinzen, Kommunalverbänden, Handelskammern und industriellen Betrieben ausgegebenen Ersatzwertzeichen von 1 M und darüber wird den Beteiligten in der Vernichtung der Scheine vielfach eine neue Aufgabe stellen, deren Schwierigkeit, wenn die sachgemäße Durchführung gewährleistet werden soll, nicht unterschätzt werden darf.  Die erprobten Einrichtungen der Reichsbank, so wünschenswert ihre Benutzung wäre, können hierfür nicht zur Verfügung gestellt werden, da sie den eigenen Bedürfnissen der Reichsbank bereits nicht mehr genügen. Die Beteiligten müssen daher in geeigneter Weise die Vernichtung der Ersatzwertzeichen selbst bewerkstelligen. Bei Vernichtung von Reichsbanknoten ist folgendes Verfahren üblich: die zur Vernichtung bestimmten Reichsbanknoten werden durch mehrfache Durchlochung, die bei den Bankanstalten mittels Locheisens, bei der Reichsbankhauptkasse mittels einer maschinell betriebenen Stanze vorgenommen wird, für den Umlauf unbrauchbar gemacht und dann in bestimmten Mengen in Berlin vernichtet.
Abb. 3.1: Reichsbank, 4. November 1915, 20 Mark, Lochentwertung, Vorderseite.
Abb. 3.1: Reichsbank, 4. November 1915, 20 Mark, Lochentwertung, Vorderseite.
Abb. 3.2: Reichsbank, 4. November 1915, 20 Mark, Lochentwertung, Rückseite.
Abb. 3.2: Reichsbank, 4. November 1915, 20 Mark, Lochentwertung, Rückseite.

Hierzu wurde im Jahre 1915 eine Karbonisierungsanlage errichtet, wie sie in der Kunstwollfabrikation im Gebrauch ist. In verschlossenen drehbaren Trommeln werden die Noten durch Einfluss von Salzsäuredämpfen derartig zerstört, dass ihr Ursprung in den Ascheresten nicht mehr erkennbar ist. Dieses Verfahren gestattet, an einem Tag eine Papiergeldmenge von ungefähr 2750 kg zu vernichten. Früher benutzte die Reichsbank einen Verbrennungsofen mit Treppenrost, in welchem aber kaum der vierte Teil dieser Menge durch Feuer bewältigt werden konnte und außerdem die leitenden Beamten während der ganzen Dauer der Verbrennung, also während etwa 4 Stunden, das Verfahren überwachen mussten, während jetzt hierfür kaum eine Stunde erforderlich ist. Der Papiergeldumlauf hat inzwischen einen derartigen Umfang angenommen, dass auch die Karbonisierungsanlage der Reichbank für die Vernichtung der sich ansammelnden Mengen nicht mehr genügen wird. Die Reichsbank ist daher dauernd bemüht, ein anderes Verfahren ausfindig zu machen, ist aber zu einem befriedigenden Ergebnis bisher noch nicht gekommen. Es ist jedoch festgestellt, dass ein mechanisches Zerfaserungsverfahren, wie es bei der Papierfabrikation angewendet wird, (Zerfaserungsmaschinen, Friktionswalzen oder Holländer) für die Vernichtung von Wertzeichen durch die Reichsbank kaum in Frage kommen, da diese Maschinen nach und nach in kleinen Mengen beschickt werden müssen, so dass die Aufsichtsbeamten während des ganzen Verlaufs des Verfahrens an die Maschinen gefesselt würden. Zudem ist das Verfahren mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des zur Herstellung von Wertzeichen verwendeten Papiers, das mit chemischen Substanzen verschiedener Art durchsetzt ist, keineswegs unbedingt zuverlässig. Versuche, in einer Zerfaserungsanstalt der Stadt Berlin Darlehnskassenscheine der Darlehnskasse Ost zu vernichten, mussten, wie berichtet ist, aufgegeben werden. Die Vernichtung durch Feuer in besonderen Öfen, für deren Konstruktion die Firma H. Kort, Berlin W, Dennewitzstr. 35 Spezialist ist, fordert die Erstellung besonderer Verbrennungsöfen, welche zur Zeit wohl kaum möglich ist. Es lässt sich aber eine Vernichtung durch Feuer, besonders wenn es sich nicht um zu große Mengen handelt, in anderen technischen Betrieben ermöglichen. Hierfür kommen z. B. in Betracht: die Retorten der Gasanstalten, die Martinstahlöfen bei Stahlfabriken sowie die Verbrennungsanlagen der Krematorien. Auch die Lumpenkocher in Papierfabriken, sowie die Autoklaveanlagen, wie sie in verschiedenen chemischen Betrieben im Gebrauch sind, werden unter Umständen herangezogen werden können. Letztere haben den Vorzug, dass die durch Kochen mit Lauge erzielte breiartige Masse bei der Papp- oder Papierfabrikation weitere Verwendung finden kann. Bei der Vernichtung durch Feuer besteht für gewisse Feuerungsanlagen die Gefahr, dass der Zug zu stark ist, vor allem bei dem Beginn der Verbrennungen, so dass Scheine völlig unbeschädigt aus dem Schornstein geschleudert werden können. Bei Holzfeuerung besteht die weitere Gefahr, dass Scheine, vor allem, wenn sie in Päckchen in den Ofen geworfen werden, nur zum Teil verkohlen, sich auch zwischen die Holzscheite klemmen und nicht zerstört werden. Solche Feuerungen sind daher, sofern sie überhaupt benutzt werden, was nur bei Vernichtung kleiner Mengen wird in Frage kommen können, nur unter Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln zu benutzen.[10]

Die Anweisung scheint von den Verantwortlichen der Kreisverwaltung des Dillkreises aber nicht ausreichend beherzigt worden zu sein. So titelte die "Dill-Zeitung": „Das Geld liegt auf der Straße, wenigstens in Dillenburg.“[11]

Was war geschehen? Bereits ungültige 5-, 10- und 20-Mark-Notgeldscheine mit dem Ausgabedatum 11. November 1918 des Dillkreises sollten am 21. Mai 1919 in der Heizungsanlage der Tabakfabrik verbrannt werden. Der starke Zug der Feuerung riss eine große Menge der Papiere unverbrannt bzw. nur leicht beschädigt durch den Schornstein ins Freie. Eine halbe Stunde lang regnete dann das Geld anscheinend vom Himmel, das sofort kleine und große Liebhaber fand, die sich ihre Geldbörsen zum Teil bis zum Bersten mit dem Geld vollstopften.


Abb. 4.1: Dillkreis (Dillenburg), 11. November 1918, 5 Mark, Vorderseite. Am linken und unteren Rand sind deutliche Brandspuren zu erkennen.
Abb. 4.1: Dillkreis (Dillenburg), 11. November 1918, 5 Mark, Vorderseite. Am linken und unteren Rand sind deutliche Brandspuren zu erkennen.

Abb. 4.2: Dillkreis (Dillenburg), 11. November 1918, 5 Mark, Rückseite.
Abb. 4.2: Dillkreis (Dillenburg), 11. November 1918, 5 Mark, Rückseite.

Die Mengen der zur Vernichtung anstehenden entwerteten Reichsbanknoten zwangen die Reichsbank während der Inflation, wieder auf alte Mittel zurückzugreifen. So war in der Zeitung zu lesen:


Arnsberg. Die wahnwitzige Geldentwertung macht heute über Nacht Papiergeld, das früher einen bedeutenden Wert darstellte, völlig wertlos. Bei der Reichsbank türmen sich die wertlos werdenden Papiergeldlappen zu riesigen Bergen. Wenn sie die ungefähre Höhe des Babelturmes erreicht haben, schreitet man zur Vernichtung. Man bündelt sie wie Heu und bringt sie zu Papierfabriken, wo sie eingestampft werden. Am Montag fuhren in Arnsberg zwei hoch mit Papiergeldbündeln beladene Fuhrwerke von der Reichsbankstelle zur Papierfabrik Cosak. Hier erlitten die armen Scheine, an denen so viel menschliche Freude und noch viel mehr menschliches Leid klebt, ihr Schicksal.“[12]

Die Deutsche Bundesbank hatte zunächst das von der Bank deutscher Länder und auch früher von der Deutschen Reichsbank angewandte Verfahren des Zermahlens übernommen, bei dem die Banknoten in einen Papierbrei verwandelt werden und die Papiermasse als Rohstoff für grobes Papier oder Pappe erhalten bleibt. Der Arbeitsaufwand bei diesem Verfahren, das in einem fremden Betrieb, meist in einer Papierfabrik, stattfindet, ist jedoch beträchtlich; es sind Arbeitskräfte für das laufende Öffnen der Geldpakete, die gleichmäßige Beschickung des Vorkochers und des Mahlganges sowie für die Kontrolle dieser Arbeiten erforderlich. Auch ist der Unsicherheitsfaktor bedeutend, da die Kollergänge, in denen das vorgekochte Notenpapier unter Beimengung von Wasser durch Mahlsteine bis zur völligen Auflösung zerrieben wird, gegen Zugriff nicht einwandfrei geschützt sind. Als mit dem steigenden Umlauf die Mengen an ausgesonderten und zu vernichtenden Noten immer größer wurden, kam ihre Vernichtung ins Stocken; die Tresoranlagen der Bundesbank wurden immer mehr mit „alten“ Noten verstopft. Sie ging daher zu einem anderen Vernichtungsverfahren, dem der Verbrennung, über. Die Bank erstellte eine eigene Verbrennungsanlage, die Mitte 1960 in Betrieb genommen werden konnte und eine schnelle, sichere und vollständige Verbrennung ermöglicht.[13]

1978 berichtete Peter Brügge in der Zeitschrift „Der Spiegel“ über die Geldpflege der Deutschen Bundesbank auch sehr anschaulich über die Geldvernichtung. Danach waren damals allein 2400 Bundesbank-Beamte damit beschäftigt, die umlauffähigen Noten von den nicht mehr tauglichen Noten zu trennen. Von den 1071 Millionen Scheinen im Wert von 71 Milliarden Mark wurden 450 Millionen Scheine im Wert von 18 Milliarden Mark und mit einem Gewicht von 408 Tonnen ausgesondert und durch neue Noten ersetzt. Die in den Bundesbankfilialen ausgesonderten Banknoten wurden gebündelt und mit einer Stanzpresse sechsfach gelocht. Das gelöcherte Papier erreichte als bewachter Geldtransport die Frankfurter Zentrale, wo die angelieferten Scheine nachgezählt, anschließend in indische Jute-Säcke gestopft und mit besonderem Zwirn eingenäht wurden. Früher benutzte man gebrauchte Kaffeesäcke aus Costa Rica.


Gefüllt mit so unterschiedlichen Werten, wandern an einem endlosen Förderband 67 nummerierte stählerne Kipploren schließlich hin zum zentralen umgitterten Glutofen der Bundesbank, in den alles Papiergeld einmal mündet. Es wird Buch geführt über den Inhalt der Loren bei jedem Umlauf – doch die Nummern der Scheine notiert keiner. Unter ständiger Umdrehung eines Reiß- und Rührwerks verglühen die Scheinbündel in der donnernden Hitze von 1100 Grad Celsius. Erst das feine Pulver, das unten herausfällt, wird nicht mehr bewacht.[14]

Als erstes Unternehmen weltweit begann 1979 Giesecke & Devrient ein professionelles Banknotenvernichtungssystem zu entwickeln und herzustellen, das heute von über 80 Zentralbanken und Banknotendruckereien eingesetzt wird.[15] Das BDS D-System schreddert bis zu 1500 kg Banknoten pro Stunde in kleinste Bestandteile. In der Praxis bedeutet dies eine Schnipselgröße von 36 mm², sodass aus ihnen keine Banknoten mehr zusammengefügt werden können.[16] Die Banknotenpartikel können zudem abgesaugt und zu handlichen Briketts verdichtet werden.


Abb. 5: Banknotenbrikett aus Papierschnipseln von geschredderten 5-DM-Scheinen im ehemaligen Wert von 75.000 DM. Maße: ca. 150 x 120 x 70 mm. Würden ausschließlich 1000-DM-Scheine zerkleinert, dann enthielt das Brikett einen „Wert“ von einer Million DM.
Abb. 5: Banknotenbrikett aus Papierschnipseln von geschredderten 5-DM-Scheinen im ehemaligen Wert von 75.000 DM. Maße: ca. 150 x 120 x 70 mm. Würden ausschließlich 1000-DM-Scheine zerkleinert, dann enthielt das Brikett einen „Wert“ von einer Million DM.

Auch die Deutsche Bundesbank verfügt über spezielle Anlagen zur Banknotenvernichtung, in denen die Scheine geschreddert werden. Durch ihre organische Zusammensetzung eignen sich die Banknotenpartikel hervorragend als Rohstoff für die Herstellung von hochwertigem Kompost. Ein weiterer Teil der zerkleinerten Banknoten wird zur Herstellung von Papierprodukten wie Recyclingpapier verwendet. Bei Einführung des Euro mussten insgesamt rund 2,6 Milliarden D-Mark-Scheine mit einem Gewicht von 2400 Tonnen vernichtet werden.[17]


In den behandelten Beispielen erfolgte die Vernichtung der Geldscheine zur Kurspflege, zur Beseitigung entwerteter oder verschmutzter und beschädigter Geldscheine.

 

Bei kriegerischen Auseinandersetzungen wurden Banknoten häufig vernichtet, damit sie nicht in feindliche Hände fielen: Als im August 1914 der Erste Weltkrieg begann, wurde das weit entfernte Kiautschou von der Nachricht des Kriegsausbruchs völlig überrascht. Bereits am 23. August 1914 trat Japan gegen das Deutsche Reich in den Krieg ein. Die kleine Besatzung des deutschen Pachtgebiets bestand aus 4759 aktiven Soldaten und Reservisten sowie 305 österreichisch-ungarischen Matrosen.

Als die kleine Festung nicht zu halten war, befahl Kapitän zur See Meyer-Waldeck, der letzte deutsche Gouverneur, die Vernichtung der Siegel, Stempel, Briefmarken und auch der Geldscheine der Deutsch-Asiatischen Bank. Dies geschah am 5. November 1914 (Gottberg, Die Helden von Tsingtau. Berlin 1920. Hier S. 163). … Da die Banknoten der Deutsch-Asiatischen Bank in China selbstverständlich noch volle Gültigkeit hatten, war die Ausgabestelle Tsingtau doch ausdrücklich für die ganze Provinz Shangtung tätig, blieb nichts anderes übrig, als eine Million mexikanischer Dollar in Banknoten der Ausgabestelle Tsingtau zu verbrennen. Am 7. November musste die Festung kapitulieren.[18]
Als 1916 durch die voranschreitende belgisch-englische Offensive Tabora [Deutsch-Ostafrika, Anm. d. Verf.] bedroht war, wurde neben der dortigen Papiergelddruckerei eine in Morogoro errichtet, die bis August 1916 arbeitete. Eine in Kissaki (am Südrand des Ulugurugebirges) im Handbetrieb arbeitende Gelddruckerei musste beim Vormarsch der Engländer die Maschinen stehen lassen (Schnee, S. 286). Notenformulare, die man rechtzeitig aus Tabora zum Rufidji gebracht hatte, wurden dort vom Gouvernementssekretär Lenz und seinem Nachfolger Traub im dichtesten Busch fertiggestellt und ausgegeben (ebd.). Die letzten in Tabora verfertigten Scheine konnten nicht mehr abtransportiert werden. Der Stellvertretende Gouverneur Brandes vernichtete sie vor dem Einmarsch der Belgier (Ada Schnee, S. 103).[19] 

Dr. Heinrich Schnee, der letzte Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, berichtete:


Bei der langen Kriegsdauer und der mangelhaften Herstellung der Banknoten, die größtenteils aus gewöhnlichem Konzeptpapier hergestellt werden mussten, sind sicher erhebliche Mengen von Banknoten verloren gegangen. So haben beispielsweise zweifellos vielfach eingeborene Träger, die ihre Noten nicht wasserdicht und sicher verwahren konnten, besonders beim Durchschreiten von Flüssen und während der Regenzeit beträchtliche Verluste an Banknoten erlitten. Auch haben wiederholt englische wie belgische Soldaten den Eingeborenen abgenommene oder sonst erbeutete Bestände an Interimsnoten vernichtet.[20]

Die Reichsbank stellte bei Kriegsausbruch 1939 vertrauliche Grundsätze für die Räumung von Reichsbankanstalten auf. Bei Feindgefahr sollten vorhandene Barbestände nach Möglichkeit an Militärkassen ausgezahlt werden. Wenn dies nicht möglich war, sollten die Geldbestände, Bücher und Scheckformulare vernichtet werden. Darüber musste ein Protokoll angefertigt werden, das von allen Beteiligten zu unterschreiben war. Diese Anordnung galt sinngemäß auch für die Reichskreditkassen.[21]


Bleibt noch anzumerken, dass die DDR-Banknoten nach Einführung der D-Mark 1990 in einem Bergwerk in der Hoffnung eingemauert wurden, dass sie mit der Zeit verrotten würden. Nachdem Geldscheine aus den in den Bergwerksstollen eingelagerten Beständen auftauchten, wurden die Scheine wieder geborgen und verbrannt. Aber das ist eine andere Geschichte.


Uwe Bronnert


Anmerkungen

  1. Dr. S. Pressburger: Oesterreichische Notenbank 1816 - 1966, Geschichte des Oesterreichischen Noteninstituts, hrsg. von der Oesterreichischen Nationalbank, Wien, Wien 1966, S. 12.

  2. Ebenda, S. 13.

  3. Ebenda, S. 14.

  4. Gesetz vom 26ten August 1848 und Gesetz vom 24ten März 1849, die Emission Kurhessischer Kassenscheine betreffend. Abgedruckt bei Lothar Brendel, Das Papiergeld des Kurfürstentums Hessen – Staatliche Kassenscheine und Privatbankausgaben, Beiträge zur Münzkunde in Hessen-Kassel 7, Kassel 1979, S. 7.

  5. Ebenda, S. 18.

  6. Ebenda, S. 19 f.

  7. "Der Bär", Nr. 3 vom 15. Oktober 1892, S. 35.

  8. Quelle: „Deutsche Reichsbank, Vernichtung von Banknoten,” Krisenjahr 1923, zuletzt aufgerufen am 24. Mai 2025, https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/krisenjahr-1923/items/show/33.

  9. "Dill-Zeitung", Nr. 96 vom 25.04.1919.

  10. Hessisches Staatshauptarchiv Wiesbaden, Akte 405 Nr. 6098, Bl. 298 u. 299.

  11. "Dill-Zeitung", Nr. 118, Donnerstag, 22.05.1919.

  12. "Sieg-Post", Nr. 243 v. 19.10.1923.

  13. Kurt Jaeger und Ulrich Haevecker: Die deutschen Banknoten seit 1871, Engelbert/Württ. 1963, S. 170 f.

  14. Peter Brügge: „Das ist der größte Bazillenträger“, in: "DER SPIEGEL", Nr. 30/1978, S. 61 – 64.

  15. Die BDS® Produktfamilie, Werte sichern, auch wenn wir sie vernichten, S. 10. https://www.gi-de.com/corporate/Currency_Technology/Currency_Management/Intelligent_Automation_Solutions/Banknote_Destruction_Systems/gd_brochure_bds_concept_DE.pdf  (23.04.2025).

  16. https://www.gi-de.com/de/spotlight/payment/vernichtung-von-banknoten  (11.06.2021).

  17. https://www.prosegur.de/blog/cash/zweites-leben-banknoten  (23.04.2025).

  18. Dr. Günther Meinhardt, Die Geldgeschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete, Heft 7: Deutschland in China, Dortmund o. J. (1965), S. 22.

  19. Günther Meinhardt: Die Geldgeschichte der ehemaligen deutschen Schutzgebiete, Heft 4: Deutsch-Ostafrika, Sonderausgabe Nr. 23 der "Rundschau der Geldzeichensammler", Dortmund o. J. (1961), S. 49.

  20. Heinrich Schnee: Deutsch-Ostafrika im Weltkriege, Wie wir lebten und kämpften, Leipzig 1919, S. 283.

  21. Vgl. BA Berlin, R 29/3, Bericht über Sitzung des Verwaltungsrates der Reichskreditkassen vom 29. Januar 1942.

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