Die Verwendung von Military Payment Certifikates durch die US-amerikanische Armee in Deutschland (16. September 1946 – 27. Mai 1958)
1945: Deutschland lag am Boden, die deutsche Bevölkerung hungerte. Nur auf dem Schwarzmarkt ließen sich heiß begehrte Waren eingetauscht. Hier waren in den Westzonen auch die alliierten Soldaten zu finden. Hier wechselten Fotoapparate, Uhren, Silberbestecke und andere vor der Kriegszerstörung gerettete Güter gegen Lebensmittel und Zigaretten den Besitzer. Besonders begehrt waren US-amerikanische Zigaretten als Tauschware. Sie traten vielfach an die Stelle der wertlos gewordenen Reichsmark.
Der Verkauf von Zigaretten auf dem Schwarzmarkt bot US-Soldaten ungeahnte Verdienstmöglichkeiten. So importierten viele Gis Zigaretten aus den USA. Geschätzt die Hälfte der Millionen Paketen, die jeden Monat mit der Militärpost in Deutschland eintrafen, waren Zigarettenlieferungen. In den PX-Läden[1] kostete eine Stange Lucky Strike einen
US-Dollar. Auf dem Schwarzmarkt erzielte man dafür über 1000 Reichsmark. Dieses Geld tauschten die US-Soldaten wie ihren Sold, den sie in Marknoten der Alliierten Militärbehörde ausbezahlt bekamen, in US-Geld zum Kurs von 10 Mark pro US-Dollar.
Abb. 1.1: Alliierte Militärbehörde, Serie 1944, 10 Mark, Vorderseite.
Abb. 1.2: Alliierte Militärbehörde, Serie 1944, 10 Mark, Rückseite.
Der GI lebte nicht nur gut und hatte praktisch keine Ausgaben, sondern schickte auch enorme Summen nach Hause. In einem einzigen Monat im Jahr 1945 überwiesen die in Berlin stationierten Soldaten allein 3.163.519 US-Dollars, das waren über 100.000 US-Dollars mehr als der ausgezahlte Sold und dies selbst, nachdem sie etwa 300.000 US-Dollar in den PX-Läden ausgegeben hatten! Die in Deutschland stationierten Soldaten überwiesen eine halbe Milliarde Dollar, euphemistisch „Pokergewinne“ genannt, nach Hause.[2]
Das War Department (Kriegsministerium) war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch die gegenwärtigen und zukünftigen Interessen der US-amerikanischen Soldaten zu schützen und der Notwendigkeit mit der wachsenden finanziellen Belastung für den US-Steuerzahler umzugehen. Die US-Militärverwaltung schränkte daher ab November 1945 den unbeschränkten Umtausch von Reichsmark in US-Dollar ein und ließ Überweisungen nur noch in Höhe des Soldes zu. Zudem verbot die US-Armee am 26. Mai 1947 die kostenlose Einfuhr von Zigaretten aus den USA durch ihre Soldaten im besetzten Deutschland.
Der Secretary of the Treasur (Finanzminister) Fred M. Vinson führte in einem Schreiben vom 18. Februar 1946 an das Kriegsministerium aus:
„Die Unfähigkeit der US-Armee, den Umtausch von Fremdwährungen in Dollar zu verhindern, die die Soldaten auf unerlaubtem Weg erworben haben und die mangelnde Bereitschaft des Kriegsministeriums wirksame Kontrollen einzuführen, die das Finanzministerium in der Vergangenheit vorgeschlagen hat, haben zu einer ernsthaften Verschlimmerung der Situation geführt.“
Vinson forderte „drastische Maßnahmen, die den Umtausch der Armee überflüssig machen und damit beseitigen würde.“ Nur widerwillig akzeptierte das Kriegsministerium den Plan, eine „Sonderwährung“, ähnlich dem Kantinengeld der deutschen Wehrmacht (Behelfszahlungsmittel) auf dem Balkan, einzuführen.
Petrov zitiert einen Studenten, der die Notwendigkeit für die Einführung des Kantinengeldes wie folgt ausdrückte:
„Kantinengeld ist die verspätete Anerkennung der Tatsache, daß bei einer Invasion oder Besetzung drei getrennte Devisenbereiche beteiligt sind: das eroberte Land, das Heimatland und das Militär, wobei das Militär ein eigenes System von wirtschaftlichen und finanziellen Transaktionen bildet. Die Transaktionen zwischen diesen drei Gemeinschaften müssen wirksam kontrolliert werden, wenn die Devisenreserven einer der drei Gemeinschaften nicht unnötig aufgebraucht werden sollen.“ [3]
Noch aber blieb die Frage offen, was mit dem bereits aufgelaufenen Defizit geschehen sollte. Der normale Weg wäre gewesen, den US-Kongress um zusätzliche Mittel zu bitten.
Das Kriegsministerium scheute diesen Weg, da die Republikaner den Kongress kontrollierten und von dort eine ablehnende Haltung zu erwarten war. Außerdem waren die Anhörungen in den Bewilligungsausschüssen öffentlich, somit wäre unweigerlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die finanziellen Unternehmungen der Truppen in Deutschland und Japan gelenkt worden. Dies wollte das Kriegsministerium auf jeden Fall vermeiden. Stattdessen beschlossen Kriegsministerium und Finanzministerium, das ebenfalls öffentlichkeitsscheu war, das Defizit mit „internen Mitteln“ zu beseitigen. Dazu sollten die Preise der Waren in den PX-Läden erhöht werden und deutsche und japanische Verwaltungsstellen einen Teil der Besatzungskosten tragen. All dies reichte aber bei Weitem nicht aus.
Im Kriegsministerium keimte die Idee, dass die deutschen und japanischen Kriegsgefangenen für die Gewinne der US-amerikanischen Schwarzhändler zahlen sollten. Gemäß Artikel 23 und 24 der Genfer Konvention von 1929 hatten die deutschen Kriegsgefangenen in den US-amerikanischen Lagern Anspruch auf einen bestimmten Lohn, der auf Konten gutgeschrieben wurden. Die dafür benötigten 150 bis 200 Millionen US-Dollars hatte der Kongress bewilligt. Als Anfang 1946 Kriegsgefangene entlassen wurden und nach Deutschland zurückkehrten, erhielten sie Bescheinigungen des Finanzministeriums,
in denen der noch zustehende Lohn in US-Dollars angegeben wurde.
Abb. 2.1: Military Disbursing Officers of the United States, Payment Order
vom 15. Juni 1946 über $22,95, Vorderseite.
Abb. 2.2: Military Disbursing Officers of the United States, Payment Order vom 15. Juni 1946 über $22,95, Rückseite.
Hätten die ehemaligen Kriegsgefangenen in Deutschland diesen Betrag in US-Dollars ausgezahlt bekommen, wären ansehnliche Beträge zusammengekommen. Der Preis für einen US-Dollar auf dem Schwarzmarkt lag zu diesem Zeitpunkt bereits weit über 200 Reichsmark. Stattdessen beschloss man in der US-Militärverwaltung diese Anweisungen in Mark auszuzahlen. General Clay sprach sich nachdrücklich dagegen aus, den bei der Truppe verwendeten Umtauschsatz von 1 US-Dollar gleich 10 RM anzuwenden, da dies „den ehemaligen Kriegsgefangenen eine unangemessene Kaufkraft verleihen und die Inflationsgefahr erhöhen“ würde. Er empfahl einen Kurs von 2,5:1, der die relative Kaufkraft der beiden Währungen besser widerspiegeln würde. Die Finanzbeamten der US-Armee stellten jedoch fest, dass die Briten den ehemaligen Kriegsgefangenen, die in ihre Zone zurückkehrten, einen um 50 Prozent höheren Satz zahlten. Da dies zu Schwierigkeiten in der Bevölkerung hätte führen können, bat General McNarney das Kriegsministerium, den Umtauschsatz für die Kriegsgefangenenscheine des Schatzamtes auf der Grundlage 3 US-Dollar gleich 10 Mark auszahlen zu dürfen. Nach langem Hin und Her wurde die Zustimmung erteilt. Damit trugen die Kriegsgefangenen einen wesentlichen Beitrag zum Abbau des Defizits der Armee bei. Dennoch dauerte es Jahre, bis die Schulden getilgt
waren.[4]
Abb. 3.1: Military Payment Certificates, Series 461, 1 Dollar, Vorderseite.
Abb. 3.2: Military Payment Certificates, Series 461, 1 Dollar, Rückseite.
Ab 16. September 1946 erfolgte die Soldzahlung an die GIs nur noch in auf US-Dollar lautende „Military Payment Certificates“ (MPC). Die sieben Nominale (5, 10, 25 und 50 Cents sowie 1, 5 und 10 US-Dollars) wurden gleichzeitig in 18 Staaten/Gebieten in Umlauf gesetzt. Alle Scheine tragen die Serienbezeichnung 461. Die Scheine wurden im Lithografie-Druckverfahren und nicht im Tiefdruckverfahren – dem sonst üblichen Druckverfahren bei Banknoten – von Tudor Press Incorporated, Boston, Massachusetts, gedruckt. Hauptgrund für die Wahl dieses Druckverfahrens waren natürlich die geringeren Herstellungskosten. Dafür nahm man den geringeren Fälschungsschutz in Kauf. Da die Scheine bereits nach kurzer Umlaufzeit gegen eine neue Serie ausgetauscht werden sollten, schien dies akzeptabel.
Als Schutz gegen Fälschungen wurde Planchetten-Papier verwendet, d. h. in dem Papier waren kleine Plättchen aus farbigem Papier eingearbeitet. Obwohl die Anzahl der Planchetten von Schein zu Schein variierte und es statistisch gesehen möglich ist, dass ein Schein keine Planchetten enthält, ist dies nicht wahrscheinlich. Bei abgenutzten Scheinen kann es schwierig sein, die Planchetten zu lokalisieren, aber in der Regel lassen sich bei sorgfältiger Prüfung einige von ihnen finden. Viele gefälschte Geldscheine haben aufgedruckte farbige Punkte, die die Planchetten nachbilden sollen. Der Unterschied zwischen echten Planchetten und Fälschungen wird in der Regel unter Vergrößerung oder durch Halten der Banknote in ein starkes Licht sichtbar. Eine echte Planchette macht die Banknote dicker und lässt sie an diesen Stellen im Gegenlicht dunkel erscheinen.
Auch die Wahl der Druckfarben diente dem Schutz vor Fälschungen. Die Farben werden gedruckt, indem eine Farbe über eine andere gelegt wird, wobei der Verbund das komplette Design des Scheins ergibt. Sobald die Farben übereinander gedruckt sind, ist es für einen Fälscher schwierig, die Farben für seinen eigenen illegalen Druck zu trennen. Das Problem wird in den meisten Fällen durch eine sorgfältige Auswahl der Farbkombinationen noch verschärft. Darüber hinaus wurde mit der Einführung der Serie 461 eine Tinte verwendet, die auf ultraviolettes Licht reagiert. Diese Tinte ist unter normalem Licht nicht als etwas Ungewöhnliches zu erkennen, hebt sich aber unter ultraviolettem Licht deutlich ab. Dieses Sicherheitsverfahren ist heute in vielen Ländern üblich, war jedoch neu, als es erstmals für den Druck von Militärgeldsscheinen verwendet wurde. Trotz dieser Vorsichtsmaßnahmen tauchten bereits drei Wochen nach Ausgabe der Scheine die ersten Falsifikate auf.
Abb. 4.1: Military Payment Certificates, Series 471, 10 Cents, Vorderseite.
Abb. 4.2: Military Payment Certificates, Series 471, 10 Cents, Rückseite.
Abb. 5.1: Military Payment Certificates, Series 471, 50 Cents, Vorderseite.
Abb. 5.2: Military Payment Certificates, Series 471, 50 Cents, Rückseite.
Bereits am 10. März 1947 wurde die Serie 461 durch die Serie 471 (gedruckt bei Tudor Press und nummeriert beim Bureau of Engraving and Printing) abgelöst.
Abb. 6.1: Military Payment Certificates, Series 472, 10 Cents, Vorderseite.
Abb. 6.2: Military Payment Certificates, Series 472, 10 Cents, Rückseite.
Abb. 7.1: Military Payment Certificates, Series 472, 1 Dollar, Vorderseite.
Abb. 7.2: Military Payment Certificates, Series 472, 1 Dollar, Rückseite.
Abb. 8.1: Military Payment Certificates, Series 472, 5 Dollars, Vorderseite.
Abb. 8.2: Military Payment Certificates, Series 472, 5 Dollars, Rückseite.
Abb. 9.1: Military Payment Certificates, Series 481, 1 Dollar, Vorderseite.
Abb. 9.2: Military Payment Certificates, Series 481, 1 Dollar, Rückseite.
Abb. 10.1: Military Payment Certificates, Series 481, 10 Dollars, Vorderseite.
Abb. 10.2: Military Payment Certificates, Series 481, 10 Dollars, Rückseite.
Am 22. März 1948 folgte die Serie 472, am 20. Juni 1951 die Serie 481 und am 25. Mai 1954 die Serie 521 – gedruckt bei Forbes Lithograph Corporation, Bosten, Massachusetts.
Sie blieben bis zum 27. Mai 1958 im Umlauf. Danach wurden Military Payment Certificates
nicht mehr in Deutschland verwendet.
Abb. 11.1: Military Payment Certificates, Series 521, 5 Cents, Vorderseite.
Abb. 11.2: Military Payment Certificates, Series 521, 5 Cents, Rückseite.
Abb. 12.1: Military Payment Certificates, Series 521, 1 Dollar, Vorderseite.
Abb. 12.2: Military Payment Certificates, Series 521, 1 Dollar, Rückseite.
Zwischen 1946 und 1973 ließ das U.S. Department of Defense 15 Serien der Military Payment Certificates drucken, von denen 13 ausgegeben wurden. In den 27 Jahren nutzte die U.S. Army diese Geldzeichen in 22 Staaten. Bei den letzten 5 Serien, beginnend mit der Serie 661, wurde ein zusätzlicher Wert – 20 Dollars – hinzugefügt.
0.1 Übersicht der MPC-Ausgaben[5]
Leider geben nur wenige offizielle Quellen Einblicke in die Entwicklung und Gestaltung der MPC. Die Untersuchung der Entwürfe zeigt deutlich einen Übergang von sehr einfachen zu aufwändigen und farbenfrohen Designs. Obwohl bei der Gestaltung der Militärzahlungsscheine eine Reihe von Originalvignetten verwendet wurden, wurden auch zahlreiche Gestaltungselemente aus anderen Quellen übernommen, z. B. Vignetten und Designelemente von Papiergeld der Vereinigten Staaten, der Philippinen und Westdeutschlands, sowie von Post- und Steuermarken der Vereinigten Staaten. Auch viele ornamentale Umrandungen, Ziffern und ähnliche Elemente anderer Wertzeichen wurden bei den MPCs übernommen. Ein Blick in den Katalog von Schwan gibt hierüber Auskunft.[6]
Was hat es mit der dreistelligen Serienbezeichnung für eine Bewandtnis? Die ersten beiden Stellen geben Auskunft über das Druckjahr (46 also 1946), während die dritte Zahl über die Ausgabe Auskunft gibt. Die meisten Serien enden auf 1, weil nur eine Ausgabe in diesem Jahr gedruckt wurde. Eine zweite Serie wurde nur 1947 (Serie 472) und 1969 (Serie 692) hergestellt. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass einige Serien der MPC in mehreren Auflagen gedruckt wurden. Der offensichtliche Grund dafür war, dass der Bedarf falsch eingeschätzt wurde. Das ist sicherlich leicht zu verstehen. In den 1940er Jahren konnten die Planer nicht die Aufgaben abschätzen, die die Besatzung in Asien und Europa mit sich brachten. Selbst mit Erfahrung war es nicht immer möglich, richtig zu planen. Die sich rasch ausdehnenden Operationen während des Koreakriegs und später in Vietnam erforderten mehrere Drucke.[7]
Auch bei der Herstellung der MPC kamen fehlerhafte Drucke vor, die gegen Austauschnoten ausgewechselt wurden. Sie sind leicht am fehlenden Suffix-Buchstaben in der Kennziffer zu erkennen. Lautete z. B. die Standardnummer „A 01234567 A“, so war auf der Austauschnote nur „A 01234567“ zu lesen.[8]
Die Serie 692 war bis zum 15. März 1973 in Vietnam im Gebrauch. Danach wurden keine MPC mehr ausgegeben. Die Serien 691 und 701 wurden zwar gedruckt, aber nicht mehr ausgegeben. Von der Serie 721 existieren nur Entwürfe.
Uwe Bronnert
Anmerkungen
[1] „PX“ steht für „Post Exchange“ und bezeichnet ein Einkaufszentrum mit amerikanischem Angebot, das nur von US-Soldaten und deren Angehörigen mit speziellen Ausweisen besucht werden kann.
[2] Loren Gatch: From Black Market to Barter Mart in Postwar Germany, <https://paperzz.com/doc/8112798/from-black-market-to-barter-mart-in-postwar-germany> (20.12.2022)
[3] Vladimir Petrov: Money and Conquest, Allied Occupation Currencies in World War II, Baltimor 1967, S. 215.
[4] Vgl. Vladimir Petrov, S. 217 f.
[5] BEP History Fact Sheet, Military Payment Certificates 1946 – 1973, <https://www.bep.gov/media/1041/download?inline> (12.12.2023)
[6] Fred Schwan, Comprehensive Catalog of Military Payment Certificates, Port Clinton,
Ohio 1997, S. 68 ff.
[7] Fred Schwan u. Larry Smulczenski, Comprehensive Catalog of Military Payment Certificates, 5th Edition, Port Clinton, Ohio 2023, S. 20 f.
[8] Fred Schwan, S. 62 f.
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