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Polen: Teuerstes Toilettenpapier der Welt?

Aktualisiert: 28. Feb. 2022

Das lange schon über die Grenzen Polens hinaus bekannte Auktionshaus „Gabinet Numizmatyczny“ Damian Marciniak in Warschau führte die 16. Winter-Auktion vom 4.-10. Februar 2022 in Warschau durch und hatte neben einem hervorragenden Sortiment an Münzen auch viele Banknoten im Angebot. Diese wurden am 10. Februar 2022 aufgerufen. Hier gab es neben seltenen Geldscheinen auch einige sehr bemerkenswerte private Produkte aus der Solidarnosc-Zeit. Im Sommer 1981 waren bereits viele Spott-Scheine mit Werbung für die erste freie Gewerkschaft SOLIDARNOSC im "Umlauf", aber auch „bissige“ Zettel, die häufig echten Banknoten ähnelten, wurden heimlich von Hand zu Hand gereicht. Sie alle zu katalogisieren wurde mehrfach versucht, entsprechende Kataloge waren übrigens bei dieser 16. Versteigerung auch im Angebot. Fantasiereich waren die Schöpfer dieser Propaganda- und Protestnoten, was Gestaltung, also Inschriften, Symbole und Personen anging, die dort gezeigt wurden.


Polen, Propagandanote vom 13.12.1981 auf Toilettenpapier, Vorder- und Rückseite.


Ein ganz besonderes Stück soll vorgestellt werden, dies ist die Nr.7121. Dieser einseitig bedruckte Schein weist das Datum 13. Dezember 1981 auf, an jenem Sonntag wurde der „Kriegszustand“ gegen das eigene Volk ausgerufen. Auf einem Stück Toilettenpapier (!) 155 mm x 100 mm groß ist der damalige Regierungssprecher „Genosse Urban“ zu sehen, links dazu die Spitze des Kulturpalasts in Warschau, den die Sowjetführung den Polen nach dem Zweiten Weltkrieg als „Geschenk“ baute und der sehr an die Stalin-Zeit erinnert.


Viele Westdeutsche und junge Leute in anderen Ländern werden vielleicht nicht ahnen, warum gerade Toilettenpapier für den „Schein“ benutzt wurde. Dies hat einen ganz besonderen Grund, denn schon seit vielen Jahren vor 1981 war dieses Gebrauchspapier,

das man im Westen immer für Kleingeld kaufen konnte, in Polen schwer oder nicht zu kriegen. Die Menschen mussten sich mit Zeitungspapier begnügen (was auch für die DDR um 1960 herum zutraf). Manchmal sah man in Warschau Leute, die mit 20 Rollen auf einer Strippe aufgezogen durch die Stadt zogen. Sie wurden laufend angesprochen, wo sie diese (Parteijargon) „defizitäre Ware“ denn erworben oder erstanden hatten.


Dieser Schein wurde mit 500 Zloty (ca. 111 €) aufgerufen, der Zuschlag erfolgte erst bei 2200 Zloty, was 440% Zuwachs entsprach (ohne Aufgeld). Dies waren rund 489.- €.

Interessenten sollten sich im Internet (www.aukcje.gndm.pl ) die anderen Propagandanoten oder die ganze Auktion mal ansehen.


Wolfgang J. Mehlhausen

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