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Wert: СТО ЉУДИ – 100 Ljudi – 100 Menschen

Aktualisiert: 15. Sept. 2022

Am 26. Januar 1944 verkündeten die deutschen Besatzungsbehörden in Jugoslawien eine Amnestie für alle Partisanen, die zur deutschen Armee überlaufen würden. Unterstützt wurde diese Ankündigung durch bisher nicht gekannte Propaganda-Maßnahmen.


Zwischen Januar 1942 und Mai 1944 unternahmen deutsche, italienische, kroatische und bulgarische Verbände vergeblich mehrere Großoffensiven, an denen bis zu 120.000 Soldaten beteiligt waren. Dennoch gelang es nie die Partisanenverbände vernichtend zu schlagen und „das Land zu befrieden“. Dies wollte man nun ändern. Anfang 1944 überschwemmte die Deutsche Wehrmacht das von Partisanen beherrschte Gebiet mit Flugblättern in allen erdenklichen Ausführungen. Unter ihnen befanden sich auch solche, die wie die jugoslawischen 100-Dinara-Banknoten der Vorkriegszeit aussehen.[1]


Abb. 1.1: Fälschung: Narodna Banka Kraljevine Jugoslavije, 1. Dezember 1929, 100 Dinara, Fälschung, Vorderseite.

Abb. 1.2: Fälschung: Narodna Banka Kraljevine Jugoslavije, 1. Dezember 1929, 100 Dinara, Fälschung, Rückseite.


Abb. 2.1: Srpska Narodna Banka, 1. Mai 1941, 100 Dinara, Vorderseite.

Abb. 2.2: Srpska Narodna Banka, 1. Mai 1941, 100 Dinara, Rückseite.


Bei genauem Hinsehen entpuppt sich der Schein als Überläuferausweis/Passierschein, der 100 Partisanen Freiheit und Verpflegung versprach, wenn sie sich mit ihren Waffen den deutschen Streitkräften ergeben würden. Auf dem Schein heißt es in kyrillischer Schrift:


„Diese Banknote bringt Ihnen die Freiheit und rettet Ihr Leben. Kommen Sie zu uns, bevor es zu spät ist. Retten Sie Ihr Leben, solange es noch Zeit ist. Schafft eure Kommissare[2]ab und kommt.“


Der Schein ist auf sehr dünnem Papier ohne Wasserzeichen gedruckt. Beide Seiten präsentieren sich in violetter Farbe, während die echte Banknote in blasser Mehrfarbigkeit mit gelbem Unterdruck gehalten ist und ein Wasserzeichen aufweist. Die Propagandanote ist auf den 26. I. 1944 datiert; das Datum entspricht dem Datum der deutschen Amnestie-Ankündigung für Partisanen. Im Bereich des Wasserzeichens der Propagandanoten befindet sich auf der Vorderseite das „Siegel der Wehrmacht“ (Adler mit Hakenkreuz). Auf der Rückseite ist im Bereich des „Wasserzeichens“ die achtzeilige Anweisung an die deutschen Soldaten: „Diese / Überläufer / kommen freiwillig, / sie sind bevorzugt zu / behandeln und dem / nächsten deutschen / Offizier / vorzuführen“. Unten rechts am Rand ein Druckvermerk

„PSK-NS“. Er steht für „Propagandaabteilung Südost Staffel Kroatien – Nebenstelle Sarajevo“.

Die PSK hatte ihren Hauptsitz in Belgrad und verfügte u. a. über Zweigstellen in Sarajewo, Banja Luka und Dubrovnik.


Abb. 3.1: Überläuferausweis, 26. Januar 1944, Variante 1, Vorderseite.

Abb. 3.2: Überläuferausweis, 26. Januar 1944, Rückseite.


Abb. 4.1: Überläuferausweis, 26. Januar 1944, Variante 2, Vorderseite.


Abb. 4.2: Überläuferausweis, 26. Januar 1944, Variante 2, Rückseite.

Von den Scheinen sind verschiedene Varianten bekannt. Eine ist sauber gedruckt, und die Schattierungslinien sind im Allgemeinen zart gezeichnet und leicht eingefärbt, um dem Stil der echten Banknote zu entsprechen. Von dieser Ausführung existieren zwei „Untervarianten“, die sich deutlich durch den Abstand zwischen der Unterschrift und dem kleinen Turm auf der Vorderseite unterscheiden. Daneben gibt es Scheine, die stärker eingefärbt sind und bei denen die Schattierungen wie Tintenflecken wirken.


Die Überläufer-Scheine wurden vor allem über Kroatien und Slowenien abgeworfen, wo die Partisanenbewegung am stärksten war, seltener wohl in Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, während sie in Serbien und Montenegro unbekannt waren. Ob die Aktion den gewünschten Erfolg hatte, kann bezweifelt werden.


Uwe Bronnert


Anmerkungen [1] Die Banknote diente der Serbischen Nationalbank als provisorische Banknote. Zu diesem Zweck wurde sie mit dem neuen Banknamen und dem Datum 1. Mai 1941 überdruckt. Ihre Verwendung als Überläuferausweis verbot sich, da sie zu dieser Zeit noch im Umlauf waren. Auch wären die Propagandatexte auf einer bereits überdruckten Note kaum erkennbar gewesen.

[2] Anm. d. Verf.: Ein Kommissar war ein politischer Offizier der Kommunistischen Partei, der einer Militäreinheit der Partisanen angehörte.

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