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Zwei Banken, die oft verwechselt werden

Aktualisiert: 26. März 2021

In westlichen Katalogen zu chinesischem Papiergeld werden zwei Banken, die einen sehr ähnlichen, jedoch nicht gleichen Namen tragen, verwechselt und durcheinander geworfen. Der Standard Catalog of World Paper Money (SCWPM) ist ein Beispiel dafür: unter P.S2854 bis S2965 finden sich die Noten beider Banken gemeinsam bei einer einzigen Bank aufgelistet.

Der chinesische Name der einen Bank besteht aus sechs Zeichen und lautet 東三省官銀號, wörtlich „Regierungsbank der drei Ostprovinzen“, während der Name der anderen Bank nur aus fünf Zeichen besteht und 東三省銀行 lautet, was „Bank der drei Ostprovinzen“ bedeutet. Mit den drei Ostprovinzen meinte man die Mandschurei, bestehend aus den drei Provinzen Fèngtiān (heute Liáoníng), Hēilóngjiāng und Jílín.


Die eine Bank (東三省官銀號,) wurde noch unter dem vorletzten Kaiser der Qing-Dynastie gegründet, genauer im Jahre 1905, mit Sitz in Mukden, heute Shěnyáng (瀋陽) genannt und Hauptstadt der Provinz Liáoníng. In Mukden gab es schon vorher eine Bank der Provinzregierung, sie hieß 奉天官銀號 (Regierungsbank von Fèngtiān), aber infolge des russisch-Japanischen Krieges war diese Bank in eine Schieflage geraten.

Um das Finanzwesen der Mandschurei wieder zu stabilisieren, gründete General Zhào Ěrxùn (趙爾巽) eine neue Bank mit Sitz in Mukden, eben die 東三省官銀號 (mit sechs Zeichen), die als Zentralbank für die Mandschurei fungieren und eigenes Geld emittieren sollte.


1908 wurden dann die ersten Noten ausgegeben. Sie waren durch Silber gedeckt, Silberstandard war „dà lóng yuán“ (大龍元), wörtlich „großes Drachensilber“, was sich auf eine Silbermünze mit Abbildung eines Drachen bezieht. Auf manchen dieser Noten wurde der englische Name „TOONG SAN SANG BANK“ verwendet. „TOONG SAN SANG“ ist die lokale Aussprache der drei Zeichen 東三省 (Aussprache im Hochchinesischen: „dōng sān shěng“).


Sowohl unter Kaiser Dézōng in der Periode Guāngxù als auch unter seinem Nachfolger Pǔyí (Epoche Xuāntǒng) wurden auf Silber bezogene Noten ausgegeben, und es gelang tatsächlich, die Finanzen der Mandschurei einigermaßen in Ordnung zu bringen.


Abb.1a/b: 1 Liang 1908 (Guāngxù Jahr 34)

Abb.2a/b: 10 Jiao 1909 (Xuāntǒng Jahr 1)


Nach der Xīnhài-Revolution 1911, welche das Kaisertum abschaffte und die Republik China schuf, arbeitete die Bank weiter und gab auch wieder Banknoten aus. Jetzt jedoch benutzte sie einen anderen englischen Namen, nämlich „THE BANK OF THE THREE EASTERN PROVINCES“ und etwas später leicht verändert „PROVINCIAL BANK OF THE THREE EASTERN PROVINCES“, zwischendurch auch „THE PROVINCIAL BANK OF MANCHURIA“, und genau diese drei Namen sind es, die zur Verwechslung mit der anderen Bank führten.


Abb. 3a/b: 50 Jiao 1913 (Titel THE BANK OF THE THREE EASTERN PROVINCES)

Abb. 4a/b: 1 Yuan 1917 (Titel THE PROVINCIAL BANK OF MANCHURIA)

Abb.5:  5 Yuan 1929 (Titel PROVINCIAL BANK OF THE THREE EASTERN PROVINCES)


1920 wurde Zhāng Zuòlín (張作霖) Generalgouverneur der drei mandschurischen  Provinzen. Für seine militärischen Unternehmungen benötigte er viel Geld, daher kam er auf die Idee, eine Bank mit Hauptsitz in Hā'ěrbīn (哈爾濱), Provinz Hēilóngjiāng, zu gründen. Diese Bank, die er 東三省銀行 (fünf Zeichen) nannte, wurde als eine Art Aktiengesellschaft gegründet und war mit einem Anfangskapital von 8 Millionen Yuan in Silber ausgestattet. Es wurden 80.000 Aktien zu jeweils 100 Yuan ausgegeben. Die eine Hälfte davon wurde von Privatleuten erworben, die andere von Regierungen der drei Provinzen. Es war eine rein kommerzielle Bank. Die Anteile sollten jährlich 6% Zinsen bringen.

Auch diese Bank hatte von Beginn an das Recht, Noten zu emittieren. Zunächst wollte man Noten nach dem so genannten „Xiǎoyáng“ (小洋) Silberstandard ausgeben. Das ist ersichtlich aus Druckproben zur 1. Serie. Diese Druckproben zeigen nämlich auf der Rückseite den Satz  壹圓作十二角用, was man mit „jeweils 12 Jiao machen 1 Yuan aus“ übersetzen kann.

Nun hatten aber zwei in China führende Banken, die Bank of China und die Bank of Communications, in Hā'ěrbīn schon Noten nach einem besseren, so genannten Hādàyáng (哈大洋) Silberstandard emittiert. Bei diesen Scheinen galt, dass man schon mit 10 Jiao-Münzen einen Dollar kaufen konnte. Solche Noten galten beim Volk als besonders vertrauenswürdig. Unter Führung von Zhāng Zuòlín kam man daher überein, dass die neu auszugebenden Noten aus Wettbewerbsgründen ebenfalls diesem Standard entsprechen sollten. Die schon gedruckten Noten wurden nun auf der Vorderseite mit dem Satz 兌換現大洋 (= „wird in Dayang gewechselt“) versehen; auf der Rückseite wurde die Angabe mit den 12 Jiao-Münzen durch ein Ornament überdruckt und so unleserlich gemacht.


Abb.6a/b: 1 Yuan 1920 der neuen Bank


1921 gab die Bank eine Reihe von Kleingeld-Noten aus, welche die Münzen ersetzen sollten, nämlich 5 Fen, 1 Jiao und 2 Jiao. Die Ortsangabe 哈爾濱= Hā'ěrbīn zeigt, dass die Noten nur in dieser Stadt und ihrer näheren Umgebung umlaufen sollten. Auf der Rückseite findet man den englischen Namen, ganz ähnlich dem von der anderen Bank benutzten: „THE EASTERN PROVINCIAL BANK“.


Abb. 7a/b: 1 Jiao 1921 „THE EASTERN PROVINCIAL BANK”


Schon kurz nach der Ausgabe dieser Noten entschloss man sich, diesen englischen Namen nicht mehr zu verwenden. Schon auf den Kleingeldnoten, die nur 2 Jahre später erschienen, finden wir den neuen Namen „BANK OF MANCHURIA“, ebenfalls sehr ähnlich dem von der anderen Bank verwendeten Namen.


Abb. 8a/b: 1 Jiao 1921, „BANK OF MANCHURIA”


Im Dezember 1923 gab es in große Unruhen in Hā'ěrbīn, die Menschen hatten das Vertrauen in Papiergeld verloren und viele wollten ihre Noten in Silbermünzen umtauschen. Wegen der Schwierigkeiten in Hā'ěrbīn verlegte man den Hauptsitz der Bank kurzerhand nach Mukden in der damaligen Provinz Fèngtiān (heute Liáoníng). Aber hier war die Situation ähnlich und die Bank sah keine Zukunft mehr für sich. Zunächst wollte man es noch mit einer Neuausgabe von Banknoten versuchen, dieses Mal natürlich mit Ortsangabe 奉天 bzw. MUKDEN, aber über das Stadium von Probedrucken ist diese Ausgabe nie hinausgekommen.


Abb.9: Druckprobe 1 Yuan 1924, Mukden


Am 15.6.1924 wurden zwei Banken, nämlich die Fèngtiān Industrial Bank (奉天興業銀行) und die hier in Rede stehende „Bank of Manchuria“ (東三省銀行) in die „Provincial Bank of Three Eastern Provinces“ (東三省官銀號) inkorporiert.

Die Bank bestand bis 1932. In diesem Jahr wurde von den Japanern auf dem Gebiet der Mandschurei „Manchukuo“ gegründet, ein reiner Marionettenstaat. Die neu gegründete „CENTRAL BANK OF MANZHOU“ (滿洲中央銀行), die am 1. Juli 1932 ihre Pforten öffnete, gab sogleich eigene Noten aus. Alle in den drei Provinzen kursierenden Scheine mussten in die neuen Noten umgetauscht werden. Für 1,25 Yuan der „Provincial Bank of Three Eastern Provinces“ bekam man 1 Yuan in der neuen Währung.


Erwin Beyer


Bildnachweis:

Abb.1, 2, 3 und 6, Yangming Auctions, Shanghai, Erlaubnis durch Cai Xiaojun

Abb.4,5,7 und 8: www.banknote.ws , Erlaubnis durch P. Mösselberger

Abb.9 ehemalige Sammlung E. Beyer

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