Zwei unedierte Notgeld-Kundenschecks des Bankhauses J. Wichelhaus P. Sohn in Elberfeld
- Thomas van Eck
- vor 2 Tagen
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Historischer Rückblick
Das Bankhaus „Wichelhaus-Bank“ wurde 1790 in Elberfeld gegründet und war neben der Von-der-Heydt-Bank die älteste Bank der Stadt. Im Gründungsjahr gab es im heutigen Wuppertaler Raum keine eigenständigen Banken. In der Regel waren die ersten „Banken“ einem Handelshaus angegliedert und erleichterten das Wechselgeschäft im Handelsverkehr. Das diente dem Handel insbesondere dadurch, dass das seinerzeit aufwändige und gefährliche Mitführen von Gold- und Silbermünzen in größerer Stückzahl unnötig gemacht wurde.
Die Firma J. Wichelhaus P. Sohn war als Garn- und Tuchhandlung gegründet worden.
Das hauseigene Wechselgeschäft entwickelte sich im Laufe der Jahre aber so gut, dass daraus bereits um 1800 ein eigenes Bankgeschäft hervor ging. Die Wichelhaus-Bank bestand bis 1970. In diesem Jahr wurde das Bankhaus durch die Deutsche Bank übernommen.
Kundenschecks 1923
Im August 1923 gab die Wichelhaus-Bank Lohnschecks im Nennwert zu 1 Million Mark aus.
In den nachfolgenden Monaten wurden keine Lohnschecks verausgabt. Die Scheckformulare haben ein einheitliches Aussehen und Format. Der Druck der Vorderseite ist überwiegend grünlich, das Papier ist weiß und verfügt über das Wasserzeichen Hakenmäander.
Im Unterdruck ist ein Patrizierhaus zu sehen. Es war von 1817 bis 1930 Sitz der Bank und befand sich in Elberfeld an der Berliner Straße 73 (heute Hofkamp). Die Rückseite ist unbedruckt. Eine Druckfirma ist nicht genannt.

Das Format der Schecks ist ca. 223 mm x 110 mm. Der gedruckte Text „Eine Million / Lohnscheck gegen gesperrtes Guthaben“ kommt in Schreibschrift und in Blockbuchstaben vor. Ort und Datum wurden durch die jeweiligen Firmen entweder handschriftlich oder durch Stempel ausgefüllt. Lohnschecks in Schreibschrift dürften nach Auffassung des Autors seltener vorkommen.
Rechts unten ist der Aussteller genannt. Es sind rund 55 Aussteller bekannt, vgl. hierzu die entsprechenden Kataloge.[1][2][3] Ausgegeben wurden die Lohnschecks in den damals selbstständigen Städten und Gemeinden: Barmen, Beyenburg, Elberfeld, Dornap, Unterbarmen, Vohwinkel und Wichlinghausen. Auch heute, nach über 100 Jahren, werden
in seltenen Fällen weitere, nicht katalogisierte Ausgaben bekannt.
Der jeweilige Aussteller versah in der Regel den Lohnscheck rechts unten mit seinem Firmenstempel. Es sind aber auch wenige Lohnschecks bekannt, die anstatt eines Stempels nur handschriftlich gezeichnet sind. Dies ist keine Unterschrift eines Kunden, sondern der Firmenname. Diese Lohnschecks sind alle seltener.
Zwei dieser Lohnschecks sollen hier vorgestellt werden. Beide sind in keinem der bekannten Kataloge beschrieben. Beide Kundenschecks liegen nach bisherigen Erkenntnissen nur als Einzelstücke vor.
Brand & Figge
Ausgabeort: Elberfeld (gestempelt)
Ausstellungsdatum: 20. AUG 23 (gestempelt)
Aussteller: handschriftlich

Gegründet 1899 durch Ernst Brand und Ludwig Figge. Die Firma fertigte und vertrieb Damenkonfektion sowie im Besonderen Unterröcke und schwarze Schürzen in großen Stückzahlen. Sie war in Elberfeld zuerst in der Bleichstraße 18 ansässig und zog später mehrfach um. Zwischen 1912 und 1943 befanden sich die Geschäftsräume in der Straße „Hofaue 46“.

Das Foto zeigt die Straße „Hofaue“ und stammt vermutlich aus den 1930er Jahren. Auf dem zweiten Haus auf der linken Bildseite ist der Firmenschriftzug „Brand & Figge“ zu erkennen.
Die Hofaue war allgemein das Zentrum des Textilhandels und des Konfektionsgewerbes in Wuppertal und darüber hinaus. Auf den Eintrag in Wikipedia[4] sowie dem lesenswerten Buch von Hinrich Heyken: „Die Hofaue – Das Textil-Großhandelszentrum in Elberfeld“[5] sei an dieser Stelle hingewiesen.
In den 1920er Jahren ist der Mitinhaber Ludwig Figge ausgeschieden. 1937 wurde die Firma in Brand & Idel umbenannt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden wieder Wirkwaren gefertigt. Im Jahr 1965 ist die Fertigung eingestellt worden und die Firma erlosch.
Am 20. August 1923, einem Montag, gab die Firma einen Lohnscheck aus. Der gedruckte Text „Eine Million / Lohnscheck gegen gesperrtes Guthaben“ ist in Blockbuchstaben ausgeführt. Wie viele Schecks ausgegeben wurden, oder ob an weiteren Tagen weitere Schecks ausgestellt wurden ist nicht bekannt. Auch zur Mitarbeiteranzahl liegen leider keine Angaben vor.
Die Deutsche Reichsbank gab mit diesem Datum eine Banknote zu 5 Millionen Mark[6] aus und nur zwei Tage später Reichsbanknoten über 100 Millionen Mark.
Ernst Graef jr.
Ausgabeort: U. Barmen (handschriftlich) (U. Barmen = Unterbarmen)
Ausstellungsdatum: 9. Aug. 23 (handschriftlich)
Aussteller: handschriftlich

Ernst Graef jr. gründete 1903 mit Unterstützung seiner Eltern und Geschwister am Stadtrand der damals selbstständigen Stadt Barmen eine Sägefabrik. In angemieteten Räumen wurden zunächst die notwendigen Maschinen für die Herstellung von Metallsägenblätter selbst konstruiert. Am 5. Juli 1903, dem Geburtstag von Ernst Graef jr., konnten die ersten Sägeblätter fertiggestellt und zum Verkauf gebracht werden. Die Firma entwickelte sich weiter und konnte auch frühzeitig Geschäftsbeziehungen ins Ausland knüpfen. 1913 wurde dann auf eigenem Grundstück in der Oberbergischen Straße in Unterbarmen eine Fabrik gebaut.

Das Foto wurde um das Jahr 1920/21 aufgenommen und zeigt die Belegschaft der Firma Ernst Graef jr. Der Firmeninhaber, Herr Ernst Graef jr., verstarb im Jahre 1921 viel zu früh. Seine Geschwister übernahmen die Firma gleichen Namens.
Am 9. August 1923, einem Donnerstag, gab die Firma einen Lohnscheck aus. Der gedruckte Text „Eine Million / Lohnscheck gegen gesperrtes Guthaben“ ist in Schreibschrift ausgeführt. Wie viele Schecks ausgegeben wurden, oder ob an weiteren Tagen weitere Schecks ausgestellt wurden ist nicht bekannt. Die Deutsche Reichsbank gab mit diesem Datum Reichsbanknoten über 50.000, 200.000 Mark, 1 und 2 Millionen Mark[7] heraus.
Im Jahr 1924 wurde die Firma erweitert, aufgeteilt und unter den Namen der jeweiligen Besitzer weitergeführt. Eine der aus der Aufteilung hervorgegangenen Firmen führte August Graef, Bruder und Mitarbeiter von Ernst Graef jr., erfolgreich unter seinem Namen weiter.

Heute führt diese den Namen „August Graef GNU GmbH“ und ist in Wuppertal in der Wernerstraße 28 ansässig. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Stanzlinien, Schnellzurichtung, Auswerfmaterialien und Zubehör für die Druck- und Verpackungsindustrie weltweit. Näheres zur August Graef GNU GmbH und seiner Produktpalette kann bei Interesse der Firmenwebseite entnommen werden.[8]
An dieser Stelle meinen besonderen Dank an die Mitarbeiter des Stadtarchivs Wuppertal und an die Firma August Graef GNU GmbH für die freundliche Unterstützung.
Thomas van Eck
Bildnachweis:
Kundenschecks: Sammlung van Eck
Hofaue: mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Wuppertal
Belegschaft Firma Ernst Graef jr. und Firmenansicht und Firmenansicht um ca. 1924:
mit freundlicher Genehmigung der Firma August Graef GNU GmbH
Anmerkungen:
Keller-Katalog: Das Notgeld der deutschen Inflation 1923
Katalog van Eck: Das Papiernotgeld der preußischen Rheinprovinz 1914-1948
Wolfgang Schulten: Wuppertaler Medaillen mit Anhang von Horst Kimpel: Das Wuppertaler Kriegs- und Inflationsgeld
http://stadtgeschichte-wuppertal.de/hheyken_bilder/heyken_hofaue.pdf
Hans-Ludwig Grabowski: Die deutschen Banknoten ab 1871; DEU-117
Hans-Ludwig Grabowski: Die deutschen Banknoten ab 1871; DEU-110 bis 116