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Abgekupfert

Aktualisiert: 26. März 2021

In der Sammlung, die ich in mehreren Auktionen in Shanghai versteigert habe, befand sich auch ein Notgeldschein über 1 Yuan, ausgegeben von einer Firma (公源荘) in der Stadt Fuqing (福清) in der Provinz Fujian, datiert MG 20=1931.


Abb.1: 1 Yuan 1931 der Firma Gōngyuán.


Ich finde den Schein nicht uninteressant. Einmal zeigt er rechts unten eine Art Unterschrift, „Kungyuan“, doch handelt es sich keineswegs um eine Signatur, sondern um die damals übliche Romanisierung des Firmennamens "Gōngyuán". Dass der Firmenname wie eine Signatur auf der Note angebracht wurde, ist schon etwas eigenartig.

In der Mitte sieht man ein komplexes Gebäude. Dieses Bild kam mir bekannt vor, aber ich konnte lange nicht herausfinden, wo ich es schon einmal gesehen hatte. Ich habe an mehrere Sammler in der Provinz Fujian geschrieben, doch konnte mir keiner helfen. 

Doch vor Kurzem hat sich hat sich das Rätsel gelöst:  Ich arbeite im Moment an einer Art „Pick-Katalog“ für chinesische Noten und musste mich jetzt mit der „Land Bank of China“ befassen. Und auf all deren Noten (P.501 bis P.506) findet sich das Gebäude! Hier ein Beispiel:


Abb. 2: 1 Yuan 1931, Land Bank of China, Vorderseite.


Ja, mehr noch, man weiß sogar, um welches Gebäude es sich handelt. Im SCWPM steht zwar „shoreline temple at ctr.“, aber das ist reine Fantasie. Vielmehr handelt es sich um eine der sog. „Faktoreien“ in Guǎngzhōu. „Factoreien“ waren Gebäudekomplexe, in denen ausländische Kaufleute, „factors“ genannt, wohnen und ihren Geschäften nachgehen konnten. Jede der insgesamt 13 Faktoreien hatte einen eigenen Namen, das hier in Rede stehende Gebäude hieß Lìquánháng (麗泉行).


Ursprünglich war das Gebäude kurz nach 1800 von einem reichen chinesischen Kaufmann, Pān Chǎngyào (潘長耀) errichtet worden. Von ihm wissen wir, dass er von US-Amerikanern um 1 Million Liang (besser als „Tael“ bekannt) betrogen wurde. Als erster Chinese überhaupt klagte Herr Pān in den USA (1814 in New York und Philadelphia) auf Wiedergutmachung. Er schrieb 1815 mehrere Briefe an den US-Präsidenten Madison, jeweils auf Chinesisch. Portugiesisch und Englisch, und bat um Unterstützung. Diese Briefe werden noch heute in Nationalarchiv der USA aufbewahrt. Pān gewann zwar alle Prozesse, erhielt aber sein Geld am Ende doch nicht zurück. Daher ging er bankrott.


Die Banknoten der Land Bank of China wurden allesamt von Waterlow & Sons gedruckt. Die Firmennote wurde aber lokal hergestellt und das Motiv einfach übernommen.

Das geschah nicht selten, denn die von den Unternehmern mit dem Entwurf lokaler Banknoten beauftragten kleinen Druckereien waren oft überfordert. Sie suchten sich Motive auf schon existierenden Banknoten, oft aus fernen Provinzen, vielleicht, damit der Ursprung der Bilder nicht gleich offenbar wurde.


Erst jetzt bemerke ich, dass auch die 5-Jiao-Note der selben Firma ein „gestohlenes“ Bild zeigt, und zwar wieder von der „Land Bank of China“, nun aber von der Rückseite.


Abb.3: 5 Jiao 1931, Firma Gōngyuán.


Man sieht hier einen sehr steil abfallenden Felsen mit einem Pavillon. Am Fuße des Felsens eine Plattform mit Personen. Im Hintergrund sieht man einen See mit einem Boot, in dem jemand steht, am gegenseitigen Ufer eine hügelige Landschaft. Auch hier hat der Entwerfer des Scheins das komplette Bild übernommen, er hat jedoch rechts oben einen kleinen Teil eines Schildes hinzugefügt, auf dem man die Buchstaben „P“, „B“ und „AT“ erkennen kann.


Abb.4: 1 Yuan 1931, Land Bank of China, Rückseite.

Auch dieses Bild kennt man: es handelt sich um eine Szene aus Macao! Der Fels steht in einem öffentlichen Park, dem Báigēcháo-Park (白鴿巢公園). „Báigēcháo“ bedeutet „Nest der weißen Taube“. Hier lag früher der Eingang zu einer Höhle, sie heißt 賈梅士洞, Jiǎméishì-Höhle. „Jiǎméishì“ ist die chinesische Wiedergabe des Namens Camões und bezieht sich auf den portugiesischen Dichter Luis de Camões (1524~1580). Der hatte zwei Jahre in Macao verbracht und soll (aber das ist natürlich nur Legende) hier in dieser Höhle sein berühmtes Epos „Os Lusiadas“ geschrieben bzw. vollendet haben. Der Pavillon existiert schon lange nicht mehr, und die Höhle ist verfallen. An der Stelle, wo früher der Höhleneingang war, steht jetzt eine Bronzestatue von Camões.


Abb. 5: Bild des von Pān errichteten Hauses, Guǎngzhōu-Museum.


Als Vorlagen für die beiden Motive dienten der Druckerei Waterlow & Sons zwei Bilder, die heute im Guǎngzhōu-Museum hängen. Das eine, es zeigt das von Pān errichtete Gebäude, kann ich hier abbilden, es stammt aus einem alten Buch über Guǎngzhōu (Copyright erloschen).


Erwin Beyer

Abb. 1, 2, 3: Yangming Auctions, Shanghai, Erlaubnis durch Cai Xiaojun.

Abb. 4: Peter Mösselberger.

Abb. 5 ohne Copyright.

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