Nach einem Bericht auf www.chinadaily.com.cn, der bereits 2011 veröffentlicht worden war, sind die Lebensmittel-Rationskupons, die vor Jahrzehnten ein Produkt der chinesischen Planwirtschaft waren, inzwischen mitten in der boomenden Marktwirtschaft des Landes als beliebte Sammlerstücke wieder aufgetaucht.
Volksrepublik China: Rationskupon über 0,5 Shìjīn = 250 Gramm Reis von 1965.
Volksrepublik China: Rationskupon über 3 Shìjīn = 1500 Gramm Reis von 1966.
Die Kupons, auf Chinesisch "liangpiao" genannt, wurden von der Regierung ab den 1950er Jahren ausgegeben, als Lebensmittel und andere Rohstoffe knapp waren.
Sie wurden erst in den 1990er Jahren nach dem Wachstum der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion abgeschafft. Wie der Journalist Hu Yang damals berichtete, seien sie zu begehrten Gegenständen auf Auktionsmärkten geworden, die von Sammlern und Investoren sehr geschätzt würden. Das ist zwar etwas übertrieben, man kann sie aber tatsächlich auf vielen Flohmärkten in China finden.
Volksrepublik China: Rationskupon über 5 Shìjīn = 2500 Gramm Reis von 1966.
Die chinesische Regierung führte 1955 ein Rationierungs-System ein, und es wurden Kupons für Lebensmittel, Treibstoff und sogar Fahrräder und Fernseher ausgegeben. Ohne diese Kupons durften chinesische Einwohner diese Waren nicht kaufen.
Provinz Heilongjiang: Rationskupon über 0,5 Shìjīn = 250 Gramm Reis von 1978.
Zhang Wei, ein Sammler dieser Rationskupons, erinnerte sich daran, dass in den 1970er Jahren die durchschnittliche monatliche Ration 15 Kilogramm Reis für einen Mann und 13 Kilogramm für eine Frau betrug. Fleisch war viel seltener, und es wurde auf 0,25 Kilogramm pro Person und Monat rationiert.
Provinz Henan, Stadt Nanyang: Rationskupon über 1 Shìjīn = 500 Gramm Reis von 1980.
"Selbst wenn man viel Geld hatte, ernährte man sich überwiegend vegetarisch, weil man für die meisten Lebensmittel, außer Gemüse, Kupons benötigte", erinnert sich Zhang. "Auf dem Land war Fleisch nur zu seltenen Anlässen erhältlich, wie zum Beispiel zum chinesischen Neujahrstag, an dem die Haushalte ein von ihnen aufgezogenes Schwein schlachteten und eine Woche lang feierten."
Provinz Jilin: Rationskupon über 0,1 Shìjīn = 1 Shìliǎng = 50 Gramm Reis von 1975.
Mit der Reform und Öffnung Chinas haben die Nahrungsmittel- und Rohstoffversorgung schnell aufgeholt und die Nachfrage sogar übertroffen. Allmählich gab es immer weniger Rationskupons. Die Verbreitung von Lebensmittel-Rationskupons, der wichtigsten Form von Rationskupons, wurde dann 1993 eingestellt.
Provinz Qinghai: Rationskupon über 0,5 Shìjīn = 250 Gramm Reis von 1975.
Wie Zhang Wei 2011 berichtete, haben diese Rationskupons ein Comeback für Sammler erlebt. Viele Menschen in China wollen sie als Erinnerung an die alte Zeit behalten. Immerhin gab es sie rund vier Jahrzehnte lang. Sie werden auf Flohmärkten angeboten und auch im Internet, wo man nach ihnen suchen kann. um sie zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen. Es gibt auch Sammler außerhalb Chinas, so dass, wenn man nach den Wörtern "liangpiao" oder "food ration coupons" im Internet sucht, u.a. Auktionsartikel auf eBay erscheinen.
Provinz Shanxi: Rationskupon über 0,5 Shìjīn = 250 Gramm Reis von 1976.
Nach damaliger Einschätzung sind die Preise für Gutscheine für gängige Artikel erschwinglich und reichen von mehreren Yuan bis zu Hunderten von Yuan. Aber für einige seltene Stücke, können die Preise Hunderttausende von Yuan auf dem Auktionsmarkt erzielen. Experten gingen 2011 davon aus, dass Lebensmittel-Rationskupons einen sehr stabilen Wert haben, da sie eine historische Periode darstellen und die bestehende Anzahl begrenzt ist.
Provinz Yunnan: Rationskupon über 0,5 Shìjīn = 250 Gramm Reis von 1973.
Soweit inhaltlich die chinesische Veröffentlichung von 2011. Was können wir dem hinzufügen? Fakt ist, dass es sehr viele unterschiedliche chinesische Rations-Kupons gibt. In China wurden dazu auch eigene Kataloge ausgegeben, die aber leider nur in Chinesisch verfasst sind und so das Auffinden einer Ausgabe zwar in mühevollem Abbildungsvergleich ermöglichen, aber keine Information preisgeben, wenn man kein Chinesisch beherrscht.
Regierungsunmittelbare Stadt Tianjin (Tientsin): Rationskupon über 0,1 Shìjīn = 50 Gramm Reis von 1972.
Ich bat den bekannten China-Experten Erwin Beyer um seine Meinung zu den Kupons, er schrieb: "Der Artikel in Chinadaily ist o.k., was die Verwendung der Scheine betrifft. Aber die Einschätzung, dass diese Scheine in China stark gesammelt werden und teilweise sehr hohe Preise erzielen, erscheint mir stark übertrieben.
Es stimmt, dass es für einzelne Städte bzw. Gebiete Kataloge gibt, für die meisten Rationierungskupons gibt es jedoch keine Kataloge. Auf den chinesischen Flohmärkten kann man immer noch größere Akkumulationen solcher Scheine finden, wobei die einzelnen Scheine – wenn man alles kauft – auf 4 bis 5 Eurocent kommen. Nur gewisse militärische Scheine sind deutlich teurer. Der teuerste solcher Scheine, den ich in China gesehen habe, kostete ca. 50 €. Nur die Getreidekupons hießen übrigens Liangpiao
("liang" bedeutet Getreide). Scheine über Stoff hießen z.B. Bupiao (weil „bu“ Stoff heißt) usw."
Provinz Anhui, Stadt Huainan: Rationskupon über 0,1 Shìjīn = 1 Shìliǎng = 50 Gramm Reis
von 1983.
Man muss im Wesentlichen drei verschiedene Arten dieser Kupons unterscheiden.
Es gab Kupons der Volksrepublik China, die in ganz China galten und z.B. von Funktionären genutzt wurden, die viel durch das Land reisten. Daneben gab jede der 22 chinesischen Provinzen (siehe Verwaltungsgliederung), die fünf autonomen Regionen (Innere Mongolei, Guangxi, Ningxia, Tibet und Xinjiang) und die vier regierungsunmittelbaren Städte (Peking, Tianjin, Chongqing und Shanghai) eigene Kupons aus, die in der gesamten jeweiligen Region gültig waren. Schließlich gaben auch noch große Städte eigene Kupons für ihre Bevölkerung aus.
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einige Beispiele für Rationskupons zeigen.
Die Kupons der Volksrepublik China sind leicht am roten Staatsemblem auf der Rückseite zu erkennen. Deutlich seltener sind Kupons des Militärs.
Provinz Henan, Stadt Xinxiang: Rationskupon über 0,3 Shìjīn = 3 Shìliǎng = 150 Gramm Reis von 1983.
Provinz Hebei: Rationskupon über 0,1 Shìjīn = 1 Shìliǎng = 50 Gramm Reis von 1983.
Provinz Henan, Stadt Xuchang: Rationskupon über 25 Gōngjīn = 50 Shìjīn = 25 Kilogramm Reis von 1991.
Autonomes Gebiet Ningxia, Stadt Yinchuan: Rationskupon über 100 Gramm Reis von 1991.
Provinz Shandong: Rationskupon über 1 Shìjīn = 500 Gramm Reis von 1984.
Allgemeine Angaben (Titelzeile):
中华人民共和国 (Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó) = Volksrepublik China
省 (Shěng) = Provinz
安徽 省 (Ānhuī Shěng) = Anhui Provinz
自治区 (Zìzhìqū) = Autonome Region
直辖市 (Zhíxiáshì) = Regierungsunmittelbare Stadt
Hier finden Sie eine Übersicht über alle chinesischen Provinzen, Autonomen Regionen und Regierungsunmittelbaren Städte mit ihrer chinesischen Schreibweise!
Güter:
粮 (Liáng) = Korn, Getreide, Reis
肉 (Ròu) = Fleisch
食 (Shí) = Essen, Lebensmittel
粮食 (Liángshí) = Lebensmittel aus Getreide usw.
棉花 (Miánhuā) = Baumwolle
布 (Bù) = Stoff, Textilien
油 (Yóu) = Öle, Treibstoffe (verwendet bei Tank-Kupons)
Bezugschein:
票 (Piào) = Ticket, Kupon
市 (marktüblich)
市制 (Shìzhì) = Marktstandard
Gewichte: Verwendet bei Getreide, Fleisch und Baumwolle
克 (Kè) = 1 Gramm
两 (Liǎng) = 50 Gramm
斤 (Jīn, deutsche Bezeichnung: Kätti bzw. Pfund) = 500 Gramm
Mit Wertangaben sieht das dann so aus:
半市斤 (Bàn shì jīn) = 1/2 Shì jīn = 250 Gramm
壹市斤 (Yi shì jīn) = 1 Shì jīn = 500 Gramm
贰市斤 (Èr shì jīn) = 2 Shì jīn = 1.000 Gramm
叁市斤 (Sān shì jīn) = 3 Shì jīn = 1.500 Gramm
伍市斤 (Wǔ shì jīn) = 5 Shì jīn = 2.500 Gramm
公斤 (Gōngjīn) = 1.000 Gramm
Längenmaße: Verwendet bei Stoffen
寸 (Cùn, vgl. Zoll) = 1/10 Chǐ = 3 1/3 cm
尺 (Chǐ, vgl. Fuß) = 10 Cùn = 33 1/3 cm
Flüssigkeitsmaß:
升 (Shēng) = 1 Liter
Weitere Mengen:
Manchmal gab es keine festen Einheiten auf einem Gutschein, sondern Angaben wie:
一 人 (Yī rén) = 1 Person
一 张 (Yī zhāng) = 1 Blatt (gemeint ist 1 Portion oder Ration)
Der Kupon konnte dann flexibel verwendet werden (z.B. für eine Portion oder Ration Lebensmittel, Stoffe oder auch als Tankkupon.
Bedenkt man, dass es Tausende verschiedene solcher kleinen Kupons gibt, versteht man auch, warum die meisten chinesischen Sammler nur ihre Provinz oder Stadt sammeln.
Wer sich mehr über die Rationierungskupons der Volksrepublik China informieren möchte, dem sei die Internetseite http://www.chinarationcoupons.com/ von David Holler empfohlen.
Herzlichen Dank an Karl-Heinz Futterknecht und Erwin Beyer!
Hans-Ludwig Grabowski
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