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Das Großdeutsche Reich: Wie die Nationalsozialisten schrittweise das deutsche Staatsgebiet erweiterten, Teil 1

Von der Saar-Abstimmung bis zur "Rheinlandbesetzung"

Hitler sprach in „Mein Kampf“ von den Deutschen als „Volk ohne Raum“, das neuen „Lebensraum im Osten“ erobern müsse. Bevor Hitler sich anschickte, diesen Lebensraum erobern zu wollen, stand zunächst die Revision des Friedensvertrags von 1919 und die Rückgewinnung der durch das "Versailler Diktat" abgetretenen deutschen Gebiete auf der Agenda.


Das Saargebiet

Das Saargebiet war nach dem Ersten Weltkrieg aus Teilen der preußischen Rheinprovinz und der bayerischen Pfalz trotz seiner deutschen Bevölkerung auf 15 Jahre unter die Kontrolle des Völkerbunds gestellt und in das französische Zollgebiet einbezogen worden, während gleichzeitig die Besitzrechte und die Ausbeutung des Saar-Kohlebeckens an den französischen Staat fielen. Die Scheine der staatlichen französischen Minenverwaltung des Saargebiets (1920 bis 1930) sind deutschen Geldscheinsammlern bekannt. Ausgegeben wurden Werte zu 50 Centimes und 1 Franc, Probedrucke gab es für weitere Nominale zu 5, 10, 50, 100 und 1000 Francs. [Anmerkung der Redaktion]


Abb. 1.1: Mines Domaniales de la Sarre (Staatliche Französische Minenverwaltung des Saargebiets), Gutschein zu 1 Franc ohne Datum (1920), Vorderseite.


Abb. 1.2: Mines Domaniales de la Sarre (Staatliche Französische Minenverwaltung des Saargebiets), Gutschein zu 1 Franc ohne Datum (1920), Rückseite.



Abb. 2.1/2: Saargebiet, Briefmarken zur Volksabstimmung 1935 über 40 und 60 Centimes, ausgegeben ab 1. November 1934, gültig bis 28. Februar 1935.


Der erste Schritt zur Verwirklichung dieses Zieles bot sich am 13. Januar 1935. Die Bevölkerung des Saargebiets war aufgerufen, unter Aufsicht des Völkerbunds über ihre Zukunft abzustimmen. Zur Auswahl stand die Rückkehr zum Deutschen Reich, der Anschluss an Frankreich bzw. die Beibehaltung des Status quo. Von den rund 540.000 Stimmberechtigten votierten 90,5 Prozent für Deutschland. Für den Anschluss an Frankreich stimmten nur 0,4 Prozent.


Abb. 3: Hitler telefoniert am 15. Januar 1935 mit Gauleiter Bürckel und dankt für den "Saarsieg".


Voraus gegangen war von deutscher Seite eine massive Propagandakampagne.

Auf Großkundgebungen warb Propagandaminister Josephe Goebbels mit den Losungen „Deutsch ist die Saar, immerdar!“ und „Heim ins Reich“ für den Anschluss.

Mit einem hohen Votum der Saarländer für die Rückkehr zu Deutschland wollte die 

NS-Rregierung den Westmächten gegenüber deutlich machen, dass die vergangenen 15 Jahre im krassen Gegensatz zum Selbstbestimmungsrecht der Völker gestanden haben.



Abb. 4.1/2/3: Gedenkmarken der Deutschen Reichspost "Die Saar kehrt heim!" zu 3, 6 und 12 Reichspfennig, ausgegeben ab 16. Januar 1935, Druck: Reichsdruckerei Berlin.


Am 2. Februar 1935 erließ die Regierungskommission des Saargebiets eine Währungsverordnung. Danach war die Ausfuhr von Zahlungsmitteln jeder Art sowie die Zahlung von Geldbeträgen nach außerhalb des Saargebiets verboten. Ferner sollten alle nicht auf Reichsmark lautenden Zahlungsmittel zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt an Umtauschstellen abgeliefert werden. Bereits am 18. Februar begann der Umtausch der französischen Zahlungsmittel in Reichsmark. Ursprünglich sollte die Reichsbankstelle Saarbrücken täglich einen Umrechnungskurs bekanntgeben, der auf der Basis des Goldkurses der Reichsbank zu ermitteln war. Jedoch befürchtete man, dass die Bevölkerung bei täglich schwankenden Kursen verunsichert und der Spekulation Tür und Tor geöffnet würde. Daher gaben die Vorstandsbeamten der Reichsbankstelle Emde und Scholz offiziell schon am 14. Februar 1935 bekannt, dass der Franken mit 0,1645 RM gerechnet würde.

Am 1. März 1935 wurde die deutsche Währung zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel im Saargebiet.

Abb. 5: République Française, 10 Francs, 1929, 10 g, Silber (680/1000), Vorder- und Rückseite.

Hierfür erhielt man 1,645 RM.


Abb. 6.1: Banque de France, Banknote zu 100 Francs vom 24. August 1926, Vorderseite.

Hierfür erhielt man 16,45 RM.


Abb. 6.2: Banque de France, Banknote zu 100 Francs vom 24. August 1926, Rückseite.


Dem Volkswillen entsprechend verfügte der Völkerbundsrat mit Wirkung zum 1. März 1935 die Rückgliederung. Ab diesem Tag war auch die Reichsmark alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel. Insgesamt wurden 287,4 Mio. Francs (= 47,4 Mio. RM) umgetauscht.

Täglich lieferte die Reichsbankstelle Saarbrücken die bei ihr abgelieferten französischen Münzen und Banknoten an die Zweigstelle der Banque de France in Saargemünd, die den Betrag auf ein Sonderkonto der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich überwies.

Das Geld war Teil der 900 Mio. Francs, die als Entschädigung an Frankreich für die Rückübertragung der Saargruben und der Eisenbahn zu zahlen waren.

Da das umgewechselte Geld dafür nicht ausreichte, musste der Restbetrag durch Kohlenlieferungen an Frankreich beglichen werden.

 

Das Saargebiet wurde als neu geschaffener Gau Saarland unter Gauleiter Josef Bürckel ins Reich eingegliedert und der nationalsozialistischen Gleichschaltungspolitik sowie Devisenbeschränkungen unterworfen.


Ein zentrales Augenmerk der nationalsozialistischen Politik galt der Wiederaufrüstung Deutschlands. Sie hatte bereits heimlich während der "Weimarer Republik" begonnen und wurde seit der Machtübernahme der NSDAP am 30. Januar 1933, insbesondere seit dem Austritt aus dem Völkerbund im Oktober 1933, forciert. Am 9. März 1935 verkündete der Reichsminister für Luftfahrt, Hermann Göring, die Existenz einer durch den Versailler Vertrag verbotenen deutschen Luftwaffe. Als massive Proteste aus dem Ausland ausblieben, führte das Deutsche Reich am 16. März 1935 die ebenfalls durch den Versailler Vertrag untersagte allgemeine Wehrpflicht wieder ein.


Auch die nächste Aktion blieb ohne Folgen. Am 7. März 1936 überquerten insgesamt 30.000 Soldaten der Wehrmacht die Rheinbrücken und zogen ins entmilitarisierte Rheinland.

Damit brach das Deutsche Reich sowohl den Versailler Vertrag als auch den Locarno-Pakt aus dem Jahr 1925. Hitler rechtfertigte den Vertragsbruch mit dem Verweis auf das deutsche Selbstbestimmungsrecht und auf einen im Mai 1935 zwischen Frankreich und der Sowjetunion geschlossenen Beistandspakt, den er seinerseits als bereits erfolgten Bruch des Locarno-Pakts ansah.


Uwe Bronnert


Fortsetzung folgt …


Abbildungen:

  1. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Geldscheinsammlung

  2. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Briefmarkensammlung

  3. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Fotoarchiv (Foto aus: Adolf Hitler – Bilder aus dem Leben des Führers, Cigaretten-Bilderdienst Hamburg-Bahrenfeld 1936, S. 87

  4. Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Briefmarkensammlung

  5. Sammlung des Autors

  6. Sammlung Schilde, Berlin

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