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AutorenbildHans-Georg Glasemann

Die Goldanleihe der Stadt Cham von 1923

Aktualisiert: 26. März 2021

Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Kommunen nach kreativen Lösungen zur Schaffung von wertbeständigem Anleihekapital und Notgeld suchen. Eine von vielen seinerzeitigen Finanzinnovationen waren wertbeständige Anteilscheine bzw. Notgeldscheine, aber auch wertbeständige Schuldverschreibungen, die ab Oktober 1923 in Umlauf kamen. Die bayerische Stadt Cham begab hierzu im Dezember 1923 eine wertbeständige Goldanleihe. Diese Anleihe ist quasi ein Zwitter aus 7-prozentigen Schuldverschreibungen und Notgeld (5-prozentige Anteilscheine).

Wertbeständiges Notgeld 1923–1924

Die Notgeldverordnung des Generals von Seeckt vom 12. November 1923 machte im Deutschen Reich unter dem Druck der Not die Ausgabe von auf Gold lautenden Geldes zu einem Recht für die Länder, Provinzen und Gemeinden. Innerhalb der Ausgabebezirke wurde damit wertbeständiges Notgeld – z.B. zur Beschaffung von Lebensmitteln – zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt.

Mit der Währungsreform und der Ausgabe der Rentenmark gelang es dann ab November 1923, die Inflation im Deutschen Reich zu stoppen. Die Ersparnisse weiter Bevölkerungskreise waren zu diesem Zeitpunkt vernichtet, Vermögenswerte waren dahingeschmolzen. Am 20. November 1923 war 1 Dollar = 4,2 Billionen Papiermark (= 4,20 Rentenmark oder Mark Gold) wert. Eine Rentenmark bzw. eine Mark Gold entsprach an diesem Tag offiziell einer Billion Papiermark. Die Einlösung des wertbeständigen Notgelds erfolgte gebietsweise im Laufe des Jahres 1924 und war im August 1924 weitestgehend – wohl auch bei der Goldanleihe der Stadt Cham – abgeschlossen.

Goldanleihe der Stadt Cham 1923

5-prozentige Anteilscheine

Die oberpfälzische Stadt Cham in Bayern begab am 18. Dezember 1923 eine wertbeständige Goldanleihe. Es wurden drei Gruppen 5-prozentige, als Notgeld verwendbare, wertbeständige Anteilscheine vom Stadtrat Cham ausgegeben, verbrieft in folgenden Nennwerten:

• Sieben Serien Ab, Af, Ag, Ah, Ai, Ak und Al über 2 Goldmark, fällig am 31. 12. 1928, mit einem Aufgeld von 5 Prozent Jahreszinsen

• Drei Serien Ba, Bb und Bc mit und ohne Kennnummern über 5 Goldmark, fällig am 31. 12. 1928, mit einem Aufgeld von 5 Prozent Jahreszinsen

• Eine Serie C mit 5.000 Anteilscheinen über je 20 Goldmark, fällig am 31. 12. 1928, mit einem Aufgeld von 5 Prozent Jahreszinsen (Gesamt: 100.000 Goldmark).

Für die Rückzahlung der Anleihe nebst Aufgeld haftete die Stadt Cham mit ihrem Vermögen, mit ihren Einkünften und ihrer Steuerkraft sowie der Maristen-Fürsorge- und Missionsverein Fürth bei Landshut (e.V.). Die Rückzahlung der Anleihe einschließlich Zinsen erfolgte in Reichswährung zum Durchschnitt der amtlichen Berliner Notierung für Auszahlung für den der Zahlung vorausgehenden Monat. Der Anspruch zur Rückzahlung der Anleihe samt Aufgeld erlosch, wenn der Anteilschein nicht binnen zwei Jahren nach dem Fälligkeitstag zur Einlösung kam.

Stadt Cham, 5%ige Goldanleihe mit staatsaufsichtlicher Genehmigung, entwerteter Anteilschein, Serie Ab, Nummer 570 über 2 Goldmark, ausgestellt in Cham in Bayern am 18. Dezember 1923.

Stadt Cham, 5%ige Goldanleihe mit staatsaufsichtlicher Genehmigung, entwerteter Anteilschein, Serie Bc (ohne Nummer) über 5 Goldmark, ausgestellt in Cham in Bayern am 18. Dezember 1923.

Stadt Cham, 5%ige Goldanleihe mit staatsaufsichtlicher Genehmigung, entwerteter Anteilschein, Serie C (ohne Nummer) über 20 Goldmark, ausgestellt in Cham in Bayern am 18. Dezember 1923.

7-prozentige Schuldverschreibungen

Weiterhin wurden von der gleichen Emission 6.000 7-prozentige Inhaber-Schuldverschreibungen über je 50 Goldmark, ebenfalls mit Fälligkeitsdatum 31. 12. 1928, ausgegeben (gesamt: 300.000 Goldmark).

Stadt Cham, 7%ige Goldanleihe, entwertete Schuldverschreibung Serie B (Nummer 2011) über 50 Goldmark, ausgestellt in Cham in Bayern am 18. Dezember 1923, mit 5 angehängten Zinskupons vom 1. Juli 1925/1926/1927/1928 und vom 31. Dezember 1928.


Die Konditionen für die 7-prozentigen Schuldverschreibungen: Die Stadtgemeinde Cham schuldete den Inhabern der Schuldverschreibungen ein zu 7 % jährlich verzinsliches Darlehen von 50 Goldmark. Die Schuldverschreibungen waren Teil der vom Stadtrat Cham am 10. Dezember 1923 aufgenommenen Anleihe von 400.000 Goldmark. Die Goldanleihe wurde staatsaufsichtrechtlich genehmigt, u.a. durch das bayerische Staatsministerium des Inneren. Die Schuldverschreibungen waren seitens der Gläubiger unkündbar. Die Rückzahlung sollte spätestens bis zum 31. Dezember 1928 erfolgen. Für die gesamte Anleihe bzw. die 7-Prozent-Schuldverschreibungen haftete die Stadt Cham mit ihrem Gesamtvermögen. Den Schuldverschreibungen wurden Zinsscheine für 4½ Jahre, erstmals fällig am 1. Juli 1925, beigegeben. Die Einlösung fälliger Zinsscheine und ausgeloster oder gekündigter Schuldverschreibungen erfolgte bei der Stadtkämmerei Cham in Reichswährung zu dem Durchschnitt der amtlichen Berliner Notierung für Auszahlung für den der Zahlung vorausgehenden Monat. Die Inhaber-Schuldverschreibungen konnten rückseitig namentlich auf den Inhaber umgeschrieben werden.


Die sehr seltenen Anteilscheine bzw. Schuldverschreibungen der Goldanleihe der Stadt Cham von 1923 sind katalogisiert bei:


• Keller, Arnold: Das wertbeständiges Notgeld (Goldnotgeld) 1923/24, unveränderter Nachdruck der zweiten Auflage von 1954 (Referenznummer 99).

• Lindman, Kai: Das wertbeständige Notgeld von 1923/24 (Ordnungsnummer C008), 2008.

• Müller; Manfred: Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924, Deutsches Notgeld, Band 12, 2011.

• Pick, Albert: Das Papiergeld Bayerns – Staatspapiergeld, Banknoten und Notgeld – Geschichte und Katalog, Nummer V149b, 1989.


Hans-Georg Glasemann

Abb.: Moneypedia (8/2020)

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