Falsche Reichskreditkassenscheine
- Sven Gerhard

- 25. Aug.
- 7 Min. Lesezeit
Im Zuge der deutschen Kriegsvorbereitungen war auch die Ausstattung deutscher Truppen und Militärdienststellen mit Zahlungsmitteln zur Verwendung in besetzten Gebieten Gegenstand von Planungen[1]. In den von der Wehrmacht besetzten Gebieten kam es zur Gründung von Reichskreditkassen, die Reichskreditkassenscheine[2] in den Wertstufen zu 50 Reichspfennig und zu 1, 2, 5 und 20 Reichsmark sowie – ab 1940 – auch zu 50 Reichsmark[3] ausgaben. Diese Scheine wurden in den einzelnen Ländern zu einem festgelegten Kurs von Reichsmark gegen Landeswährung in Umlauf gesetzt[4].
Ihre Umlaufzeit in den einzelnen Ländern war höchst unterschiedlich und hing davon ab, wie schnell sich Truppen und Militärverwaltung mit lokalen Zahlungsmitteln versorgen konnten.
In Polen etwa wurden die Scheine 1939 nach wenigen Wochen wieder zurückgezogen, dasselbe galt 1940 in Dänemark und Norwegen. In Belgien blieben die Scheine bis August 1942 im Umlauf, in Frankreich offiziell bis Ende 1943. Auf den Kanalinseln liefen sie bis Kriegsende um und waren noch bis zum 23. Mai 1945 durch die Bevölkerung in Pfund Sterling umtauschbar.
Zugleich fungierten Reichskreditkassenscheine als Reisezahlungsmittel für Angehörige der Wehrmacht und der deutschen Behörden. Wer in ein besetztes Land reiste oder aus diesem zurückkehrte, musste mitgeführte Bargeldbestände in Reichs- und Rentenmark bzw. in Landeswährung in Reichskreditkassenscheine umtauschen[5], die dann im Land verwendet (oder in Landeswährung umgetauscht) bzw. bei Banken in Deutschland in umlaufende Reichsmark-Noten gewechselt wurden. Daher waren auch bei Banken in Deutschland Bestände dieser Noten verfügbar, wie zeitgenössische Banderolen zeigen. Die Aufgabe als Reisezahlungsmittel erfüllten die Reichskreditkassenscheine bis Ende Dezember 1944[6], als sie von den Verrechnungsscheinen für die deutsche Wehrmacht abgelöst und zum 1. Januar 1945 offiziell für ungültig erklärt wurden. Einer kurze Nachverwendung als Notausgaben unterlagen die Reichskreditkassenscheine 1945-1946 mit Abstempelungen in Schleswig-Holstein, sowie im April 1945 in Kärnten und Tirol[7].
Es verwundert nicht, dass mit der Ausgab der Scheine in einzelnen Ländern auch Fälschungen auftauchten. Interpol Wien berichtete darüber in den regelmäßig erschienenen Rundschreiben der I. Abteilung „Fälschungen von Papier- und Metallgeld“. Die Deutsche Reichsbank (Reichsbankhauptkasse) klassifizierte die auftretenden Fälschungen, und verfasste interne Mitteilungen mit genauen Beschreibungen für deutsche Banken und Dienststellen.


Die deutsche Militärverwaltung beschäftigte sich in den besetzten Ländern intensiv mit auftretenden Fälschungen der Reichskreditkassenscheine und fahndete, teilweise mit Unterstützung der lokalen Polizeikräfte, jedoch in eigener Zuständigkeit nach den Tätern. Teilbestände der Akten der Hauptverwaltung der Reichskreditkassen sind erhalten geblieben[8], die einen Einblick in das Aufkommen von Fälschungen und die Verfolgung der Täter durch deutsche Sicherheitspolizei und Feldgerichte geben. Neben wenigen Einzelfällen[9] kam es bis Ende 1943 zu einem verstärkten Auftreten von Fälschungen in vier Ländern: In Belgien und Frankreich zwischen 1940 und 1943, sowie 1941 in Serbien und Griechenland. Einzelne Fälschungen tauchten auch bei Banken in anderen Ländern auf, wohl weil die Scheine als Reisezahlungsmittel durch Wehrmachtsangehörige verwendet und dort umgetauscht wurden[10].
Die Anzahl der von der Hauptverwaltung der Reichskreditkassen registrierten, sowie von der Reichsbank klassifizierten Fälschungen blieb im Verhältnis zu den Umlaufmengen der Scheine insgesamt gering. Durch die Reichskreditkassen wurden von Mai 1940 bis September 1941 vor Ort insgesamt 915 Blüten sowie 1972 Fälschungen angehalten. Von den Fälschungen entfielen 648 Stück auf Scheine zu 50 Reichspfennig, 91 auf Scheine zu 2 Reichsmark und der Rest (1233 Stück) auf Scheine zu 5 Reichsmark. Hinzu kamen sechs Handzeichnungen von Scheinen zu 5 Reichsmark. Bis Dezember 1943 waren durch die Reichsbank für den Schein zu 5 Reichsmark insgesamt acht verschiedene Fälschungsklassen erstellt worden, zwei davon mit Unterklassen a) und b), d.h. dass Abweichungen im Druck festgestellt wurden, die auf eine Verwendung derselben Platten auf unterschiedlichen Druckmaschinen hindeuteten. Von den Scheinen zu 2 Reichsmark waren bis Ende 1943 drei Fälschungsklassen erfasst, für den Schein zu 50 Reichsmark nur eine (A1 – „auffallend mangelhafte Ausführung, Wasserzeichen durch schwachen Aufdruck angedeutet, mangelhafter Buchdruck“), die erstmals im Februar 1942 in Lille in Frankreich aufgetaucht war.
Am 14. Juni 1940 besetzten deutsche Truppen Paris, am 22. Juni wurde ein Waffenstillstand mit Frankreich vereinbart. In Frankreich einmarschierende deutsche Truppen führten Reichskreditkassenscheine mit sich, für die ein Wechselkurs von 20 Französischen Francs je Reichsmark festgelegt wurde. Mehrere Reichskreditkassen wurden gegründet, zunächst mit Sitz in Paris, Nantes und Troyes bei Paris.
Um die Bevölkerung auf die neuen deutschen Scheine aufmerksam zu machen, druckten mehrere französische Druckereien, u.a. die Firma R. Girard & Cie in Paris, Plakate mit Abbildungen dieser Scheine in Originalgröße, teilweise in Farbe und ohne Aufdruck „Specimen“. Findige Blütenmacher erwarben solche Plakate, schnitten die Scheine aus, klebten Vorder- und Rückseite zusammen und gaben sie in Verkehr. Nach Auftauchen der ersten Blüten beschlagnahmte die deutsche Militärverwaltung noch nicht abverkaufte Bestände dieser Plakate in den Druckereien. Zusammen mit der französischen Polizei konnte sie mehrere Hersteller dieser Blüten fassen, u.a. drei vorbestrafte griechische Brüder mit Namen Mexis, deren Berufsbezeichnung Ringkämpfer war und die im September 1940 durch deutsche Militärgerichte nach deutschem Strafrecht zu mehrjährigen Zuchthausstrafen verurteilt wurden.
Zugleich machten sich Fälscher daran, die Reichskreditkassenscheine nachzuahmen.
Im August 1940 fanden sich in Brüssel erstmals falsche Reichskreditkassenscheine zu 5 Reichsmark[11] von guter drucktechnischer Qualität, die die Aufmerksamkeit der deutschen Militärbehörden erregten. Die Stücke waren im Buchdruck auf Papier ohne Wasserzeichen hergestellt und trugen wechselnde Kontrollnummern. Die Reichsbank klassifizierte sie als Klasse A1 („weißes weiches Papier, etwas leerer Gesamteindruck, Buchdruck“). Nach wenigen Tagen konnte in Brüssel die Fälscherwerkstatt ausgehoben werden, die aus drei gelernten Druckern mit Namen Schmickrath, Pastur und Perrey und einem Fotograveur namens Van Nedervelde bestand. Das Fälscherquartett hatte bis zur Festnahme rund 15.000 falsche Scheine hergestellt und nummeriert, von denen ein Großteil beschlagnahmt wurde. Unklar blieb zunächst, wie viele Stücke die Täter schon abgesetzt hatten, ferner ob Van Nedervelde noch weitere Klischees hergestellt hatte.
Bis August 1941 tauchten bei den Reichskreditkassen insgesamt 1052 Falschstücke zu 5 Reichsmark der Klassen A1 sowie einer Druckvariante A1a („auf stärkerem Papier gedruckte Abart, auf der der gesamte Druck kräftiger ausgeführt ist“) auf. Der größte Teil der bis September 1941 durch die Hauptverwaltung der Reichskreditkassen erfassten Fälschungen der Scheine zu 5 Reichsmark geht auf diese beiden Fälschungsklassen aus der Werkstatt von Schmickrath, Pastur und Perrey und auf die von Van Nedervelde hergestellten Klischees zurück. Schmickrath, Pastur und Perrey wurden durch ein deutsches Feldgericht in Brüssel am 12. September 1940 zu Zuchthausstrafen von 15, 12 und 10 Jahren verurteilt, während Van Nedervelde zunächst aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde.


Die auf besserem Papier hergestellte Klasse A1a ließ den Verdacht aufkommen, dass Van Nedervelde weitere Klischees hergestellt hatte. Im September 1941 bestätigte sich das, als sich ein belgischer Drucker bei der deutschen Sicherheitspolizei in Brüssel meldete, der von einem ihm unbekannten Mann beauftragt worden war, unter Verwendung übergebener Klischees 10.000 falsche Reichskreditkassenscheine zu 5 Reichsmark zu drucken. Dieser Unbekannte entpuppte sich als Van Nedervelde, der daraufhin im September 1941 erneut verhaftet und später verurteilt wurde.

Zu Beginn des des Jahres 1941 tauchen in Frankreich und Belgien neue Fälschungen von Reichskreditkassenscheinen zunächst zu 5 Reichsmark (Klasse A3 und A3a), sodann auch zu 50 Reichspfennig (Klasse A3 – „weißes Schreibpapier beschmutzt, grober Druck mit z.T. verkrüppelter Schrift, Buchdruck“) und 2 Reichsmark (Klasse A3 – „gröbere, verschmutzt gehaltene Nachbildung, Buchdruck“)[12] auf. Sie führten zu intensiven Ermittlungen und Razzien der deutschen Behörden. Insgesamt wurden bis Herbst 1941 durch die deutsche Feldpolizei über 150 Personen festgenommen, von denen einige wegen Geldfälschung zu Zuchthaus- und Gefängnisstrafen verurteilt, andere ohne Verurteilung in Konzentrationslager eingewiesen wurden mit der Begründung, dadurch die Öffentlichkeit vor weiteren Betrügereien zu schützen. Etliche der Festgenommenen waren bereits durch kriminelle Aktivitäten auffällig gewesen.


In Belgrad wurden Ende Juli 1941 zwei falsche Scheine zu 50 Reichspfennig angehalten, deren Hersteller Jovovic und Rabrenovic bereits am 6. August 1941 durch die deutsche Sicherheitspolizei festgenommen werden konnten. Sie hatten – nachdem sie zuvor erfolglos die Fälschung von Reichskreditkassenscheinen zu 2 Reichsmark versucht hatten – rund 1500 schlecht gemachte, im Steindruck hergestellte Falschstücke zu 50 Reichspfennig produziert und davon etwa 150 Stück in den Verkehr gegeben, die die Reichsbank als Klasse A5 einstufte („auffallend dünn und lappig, Druck verschwommen, in der Höhe 2, in der Breite 5 mm kleiner als das Original“) Weniger später tauchen in Belgrad zudem einige Fälschungen von Scheinen zu 5 Reichsmark (Klasse A6 – „weiches Druckpapier, stark verknittert, dick verschmutzter Gesamteindruck“) auf, die aus einer anderen Quelle stammten.
Fälschungen deutscher Reichskreditkassenscheine zu 5 Reichsmark wurden zudem im September 1941 in Athen festgestellt. Hier konnte die griechische Polizei im Oktober 1941 den Steindrucker Kosmadopulos sowie den Graveur Karidis als Täter ermitteln und festnehmen, die etwa 120 Scheine der von der Reichsbank als A8 klassifizierten Fälschung in Umlauf gebracht hatten. Kosmadopulos und Karidis wurden im Januar 1942 durch ein deutsches Feldgericht in Athen wegen Sabotage zunächst zum Tode verurteilt, ihre Strafen aber im März in langjährige Zuchthausstrafen umgewandelt.
In Frankreich und Belgien kam es im Herbst 1943 erneut zum Auftreten mehrerer Hundert falscher Reichskreditkassenscheine insbesondere zu 5 Reichsmark. Sie stammten aus Beständen vornehmlich der Banque de France, die im Zuge der Abrechnung aufgrund des Rückzugs der Reichskreditkassenscheine aus dem Umlauf bei der Reichskreditkasse eingezahlt, und in diesem Zusammenhang als Fälschungen erkannt worden waren.
Die Klasse dieser Fälschungen ist in den vorhandenen Akten nicht feststellbar, doch dürfte es sich um Fälschungen der Klassen A1 und A1a sowie A3 aus dem Jahr 1941 gehandelt haben, die unentdeckt in den Kassenbeständen der Banque de France gelegen hatten.
Die noch vorhandenen Akten der Hauptverwaltung der Reichskreditkassen zu Fälschungen von Reichskreditkassenscheinen enden Anfang Dezember 1943. Es ist zu vermuten, dass auch 1944 noch Fälschungen von Reichskreditkassenscheinen festgestellt wurden.
Wegen der insgesamt nur geringen Stückzahlen dürften Fälschungen von Reichskreditkassenscheinen in Sammlerhänden heute nur Einzelfälle sein.
Dr. Sven Gerhard
Anmerkungen
Zum nachfolgenden ausführlich Rittmann, Deutsche Geldgeschichte seit 1914, München 1986, S. 255 ff.
Es hat in geringem Umfang auch Münzen zu 5 und 10 Reichspfennig, die 1940/41 in Nordfrankreich und Belgien in Umlauf gegeben und später als Kantinenmarken in Bulgarien verwendet wurden.
Der Schein zu 50 Reichsmark wurde im Generalgouvernement nicht verwendet.
Verordnung über Reichskreditkassen vom 3. Mai 1940, Reichsgesetzblatt 1940 I Nr. 83, S. 743
Die Hauptverwaltung Reichskreditkassen errichtete dazu ein Netz von Militärwechselstuben.
Die Scheine wurden zum 1. Januar 1945 außer Kurs gesetzt, liefen aber danach noch auf den Kanalinseln um.
Dazu Bronnert, Reichskreditkassenscheine als Ersatz für fehlende Reichsbanknoten in Kärnten und Tirol im April 1945, https://www.geldscheine-online.com/post/reichskreditkassenscheine-als-ersatz-f%C3%BCr-fehlende-reichsbanknoten-in-k%C3%A4rnten-und-tirol-im-april-1945
Bundesarchiv Bestände R29/200 und 29/221.
In Litzmannstadt (Lodz) wurden 1939 erstmals falsche Reichskreditkassenscheine zu 50 Reichspfennig festgestellt, von denen 374 Stück angehalten wurden, ohne dass der Fälscher ermittelt werden konnte. Die Reichsbank klassifizierte diese im Buchdruck hergestellte Fälschungen als Klasse A1. Fälschungen traten im Laufe des Krieges vereinzelt nachweislich etwa auch in Litauen und in Kroatien auf.
S. etwa einen Bericht der Reichskreditkasse Agram (Zagreb), Kroatien, vom 18. August 1942 an die Hauptverwaltung der Reichskreditkassen in Berlin.
Der Umrechnungskurs betrug zunächst 0,10 Reichsmark je Belgischem Franc, ab 22. Juli 1941 0,08 Reichsmark. Der Schein zu 5 Reichsmark entsprach damit 50 Belgischen Francs.
Bis Ende August 1941 waren 269 falsche Scheine zu 50 Reichspfennig und 91 falsche Scheine zu 2 Reichsmark angehalten worden.




Kommentare