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Fälscher & Falschgeld: Teil 56

Geschichten, die Geschichte machten, Teil 10:

Die „Andreas“-Angelegenheit und das „Unternehmen Bernhard“

Das Organ „Erkennungszeichen“ von Interpol meldete im Mai 1940 aufgrund einer privaten Information die Ausgabe neuer 10-Shilling- und 1-Pound-Noten, die die Bank of England aus Furcht vor Nazi-Fälschungen mit dem neu entwickelten Sicherheitsfaden ausgestattet hatte.

Auf letzteren ging das Info-Blatt aber nicht ein, man wusste darüber wohl noch gar nicht Bescheid. Zudem hatte man übersehen, dass die Mehrzahl der Währungsbezeichnung „Pounds“ natürlich nicht beim 1-Pfund-Schein anzuwenden ist. Als diese Mitteilung veröffentlicht wurde, war man in Berlin schon fleißig bei den Vorbereitungen zur Fälschung englischen Geldes





Die „Andreas“-Angelegenheit

Naujocks trug die Idee der Pfundnotenfälschung seinem Gönner Heydrich, Chef des RSHA und Himmlers „rechte Hand“, vor. Dieser war sofort besessen von dem Plan und verfasste ein Memorandum, das er über Himmler, der ebenfalls sofort begeistert zustimmte, dem „Führer“ zukommen ließ. Auch dieser war Feuer und Flamme, verbot aber, Dollars zu fälschen, wie Heydrich es zusätzlich vorgeschlagen hatte. Seine Begründung: „(Wir) befinden uns mit den USA nicht im Kriege“. Damit wollte Hitler eventuelle politische Verwicklungen mit den USA vermeiden, sollte der Plan auffliegen.

Ein Mann aber hatte schwere Bedenken gegen diesen gewagten Plan: Der Leiter des Amtes VI, ein „Alter Kämpfer“ und Träger des Goldenen Ehrenzeichens der NSDAP, SS-Brigadeführer Heinz Jost. Er war aus dem hessischen Polizeidienst von Reinhard Heydrich persönlich in das Reichssicherheitshauptamt geholt worden, war davor Leiter des SD-Amtes III „Abwehr gegnerischer Nachrichtendienste“, wurde dann Chef des aus diesem Amt III hervorgegangen Amtes VI des RSHA. In seiner Eigenschaft als Leiter des SD-Amtes III war er auch zuständig für die Beschaffung der polnischen Uniformen gewesen, die für den Überfall des Senders Gleiwitz benötigt worden waren. Ein entsprechender Führerbefehl hatte den Chef der OKW-Amtsgruppe Abwehr II, Admiral Wilhelm Canaris angewiesen, die geheimen Uniformdepots der Wehrmacht für das Himmler-Unternehmen zu öffnen und die benötigten Stücke an Jost zu übergeben, was Canaris nur mit Widerwillen getan hatte. Zwar bei seinen Untergebenen beliebt, doch mit einem gewissen Mangel an Zivilcourage ausgestattet, befürchtete nun Jost, dass bei den führenden Männern des Reiches angesichts der in Aussicht gestellten falschen Pfundnoten große Erwartungen und Begehrlichkeiten geweckt werden würden, die man aufgrund der Schwierigkeiten einer perfekten Nachahmung dann nicht würde befriedigen können, was für alle Beteiligten, gelinde ausgedrückt, großen Ärger bedeuten würde. Doch Reinhard Heydrich räumte energisch alle Bedenken beiseite, das Unternehmen konnte beginnen. In einem Geheimbefehl Heydrichs an die Männer des Referates VI F 4 hieß es: „Es darf sich hier nicht um eine Fälschung oder Nachahmung im üblichen Sinne handeln, sondern um eine nachträgliche, unautorisierte Herstellung, einen Nachdruck. Die Scheine müssen derart originalgetreu hergestellt sein, dass selbst die erfahrensten britischen Pfundnotenspezialisten keine Unterschiede herausfinden können.....“

Alfred Naujocks in seiner Eigenschaft als Leiter der Gruppe VI F wurde die Gesamtleitung der später „Unternehmen Andreas“ genannten Geheimoperation übertragen. Er verfügte nunmehr über etwa 30 Mann, von denen sich acht ausschließlich mit dem Unternehmen Andreas beschäftigten. Wie schon erwähnt waren darunter einige Zivilisten, Leute also, die nicht der SS angehörten und entsprechend auf die Geheimhaltung vereidigt worden waren, unter ihnen Dr. Albert Langer. Aber die Herren Fälscher standen vor einer Aufgabe, die sich zunächst einfacher anhörte, als sie es dann war. Zunächst wollte man mit 10 Shilling- und 1-Pfund-Noten beginnen, bevor man sich an die großen Werte von 5 Pfund an aufwärts, die sogenannten „White Notes“, wagte. Als allererstes brauchten sie jetzt das Papier mit dem entsprechenden Wasserzeichen. Dann musste das Nummernsystem entschlüsselt werden, dessen sich die Bank of England auf ihren Noten bediente, es musste natürlich möglichst originalgetreu gedruckt werden und schließlich war ein Verteilernetz aufzubauen, das die falschen Banknoten in großen Mengen abzusetzen in der Lage war. Doch der Reihe nach. Noch waren die Herren in der Planungsphase für die kleinen Wertstufen zu 10 Shilling und

1 Pound Sterling.


Karlheinz Walz


Fortsetzung folgt …




Karlheinz Walz: Fälscher & Falschgeld,

280 Seiten, Hardcover, ISBN: 978-3-86646-084-3.


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