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Geldscheinporträts: Camilla Collett – Pionierin feministischer Literatur

Reihe zu Porträts bedeutender Persönlichkeiten auf Geldscheinen.

​Geburtsname:

Camilla Jacobine Wergeland

Zur Person:

Schriftstellerin

​Nationalität:

Norwegisch

​Lebensdaten:

23. Januar 1813 – 6. März 1895

​Geburtsort:

Kristiansand

​Sterbeort:

Kristiania (Oslo)


Abbildung 1: Johan Gørbitz (1782–1853): „Porträt von Camilla Collett, geborene Wergeland“, 1839, Öl auf Leinwand, Oslo Museum.


Camilla Colletts Geburt fiel in der Zeit, als die 400-jährige Herrschaft Dänemarks über Norwegen endete. Während ihres Lebens konnte sie tiefgreifende Veränderungen der Politik, Kultur und neuen Gesellschaft Norwegens beobachten. Sie wurde in eine einflussreiche Familie geboren. Ihr Vater Nicolai Wergeland war Mitunterzeichner der norwegischen Verfassung von 1814 und ihr Bruder Henrik Wergeland galt als Norwegens größter Dichter der Romantik.



Früh wurde Camilla Collett mit aufklärerischen Ideen vertraut gemacht, besonders mit den Werken von Jean Jacques Rousseau. Mit 17 Jahren verliebte sie sich in den Lyriker und Literaturkritiker J. S. Welhaven, einen bitteren Feind ihres Bruders und ihres Vaters.

Die Auseinandersetzung zwischen Welhaven und den Wergelands wurde unter anderem polemisch in Versform ausgetragen und ging als „Stumpefeiden“ in die norwegische Literaturgeschichte ein. Welhaven kritisierte vor allem die ästhetische Rohheit und die nationalistische Gesinnung Henrik Wergelands. Die Liebe der jungen Camilla Collett erwiderte er nicht, wohl auch deshalb, weil „keine Herzensangelegenheit Vorrang vor dem Einsatz für die Sache haben kann“, wie er sagte. 1841 heiratete Camilla den liberalen Politiker Peter Jonas Collett, der ihre schriftstellerischen Bestrebungen unterstützte.


Bereits in jungen Jahren wurde Camilla Collett mit den großen Städten Europas vertraut gemacht. Auf Initiative ihres Vaters unternahm sie mit Anfang zwanzig eine größere Reise durch Europa, die sie nachhaltig prägte. Während der Reise machte sie wichtige Bekanntschaften, beispielsweise mit der Schriftstellerin Therese von Bacheracht (1804-1852). Für Camilla Collett war das Leben in der Stadt von zentraler Bedeutung. Sie war der Meinung, dass sich in der Stadt der kulturelle Fortschritt zeigt und am dortigen öffentlichen Leben das Grad an Zivilisiertheit eines Landes sichtbar wird. Besonderes Augenmerk legte sie bei ihren Beobachtungen darauf, wie frei und ungestört sich Frauen durch Parks, Straßen und Plätze bewegen konnten.


Norges Bank, 1979, 100 Norwegische Kronen, Serie VI, ausgegeben von 1979–1997.

Vorderseite: Porträt von Camilla Collett. Rückseite: Rosette mit einer silbernen Schnalle aus dem fünfzehnten Jahrhundert.


Ihren Platz im literarischen Kanon Norwegens fand Collett durch den (1855 anonym veröffentlichten) Roman „Die Töchter des Amtmanns (Amtmandens Døtre). Er stellte den ersten feministischen Roman Norwegens dar. Im Stile des poetischen Realismus richtet sie sich gegen die Zwangsehe und gesellschaftliche Konventionen, die Frauen in die Passivität und Selbstverleugnung drängen. Camilla Collett nahm die späteren Debatten der Frauenbewegungen und des „Modernen Durchbruchs“ der 1870er und 1880er Jahre vorweg. Sie gilt damit als Vorreiterin der Frauenemanzipation.


In den 1860-1870er Jahren unternahm Collett erneut mehrere längere Reisen in die europäischen Metropolen Berlin, Paris, Rom und London. Ihre Eindrücke und Erfahrungen verarbeitete sie innovativ in literarischen Reiseberichten und Romanen, die sie zur Veröffentlichung in norwegischen Magazinen in ihre Heimat sendete. Sie beschrieb darin in lockerem Tonfall das moderne Großstadtleben und kritisierte das verschlossene, ins Private zurückgezogene Leben in den Städten Norwegens.


In ihren letzten Lebensjahren stieg ihre Bekanntheit deutlich, nicht zuletzt, weil sich die aufkommende Frauenrechtsbewegung und Schriftsteller wie Henrik Ibsen positiv auf sie bezogen. 1895 starb Camilla Collett in Kristiania (heute Oslo).


Elias Heindl


Literatur/Quellen:

  • Katherine Hanson (1991): Camilla Collett. In: An Encyclopedia of Continental Women Writers, hrsgg. von Katharina M. Wilson, 1991, Garland Publishing, New York

  • Charlotte Svendstrup-Lund (2016): Camilla Collett. In: Kindler Kompakt Skandinavische Literatur 19. Jahrhundert, hrsgg. von Karin Hoff und Lutz Rühling, 2016, J. B. Metzler Verlag

  • Janke Klok (2010): Revolutionary Voices: Nordic Women Writers and the Development of Female Urban Prose 1860–1900, Feminist Review 96, 1, S. 77-88

  • Regine Elsässer (1994): Camilla Collett. In: FemBio Frauen.Biographieforschung, aufgerufen über https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/camilla-collett/, zuletzt am 13.04.2024

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