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Gutscheine des Winterhilfswerks im Generalgouvernement 1943/44

Aktualisiert: 3. März 2022

Die Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) war bereits am 18. April 1932 als eingetragener Verein gegründet worden. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er am 3. März 1933 zur Parteiorganisation und im Zuge der „Gleichschaltung“ mit dem Verbot der Arbeiterwohlfahrt zur Staatsorganisation. In den ersten Jahren unterstützte die NSV hauptsächlich bedürftige Familien im „Altreich“ finanziell über verschiedene Hilfswerke, so dem Winterhilfswerk (WHW) oder dem Hilfswerk Mutter und Kind (MuK). Während des Kriegs übernahm sie mehr und mehr Dienstleistungen wie den Betrieb von Kindergärten und Gemeindepflegestationen, die Haushalts- und Jugendhilfe, den Bahnhofsdienst und die Kinderlandverschickung.

1938 waren rund eine Million ehrenamtliche Mitarbeiter für die NSV tätig und zu Kriegsbeginn zählte die NSV elf Millionen Mitglieder. Die Finanzierung erfolgte ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen.


Eine der ersten Aufgaben der NSV war die Unterstützung sozial bedürftiger Personen in der Zeit hoher Arbeitslosigkeit gewesen. Hierzu sollten Sachwerte und Mittel aus Sammlungen verwendet werden. Zur praktischen Durchführung wurde bereits im September 1933 das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes (WHW) gegründet. Zum Reichsbeauftragten des WHW wurde Erich Hilgenfeldt ernannt, dessen gedruckte Unterschrift sich auf den WHW-Gutscheinen für den Gebrauch im Reich findet. Nachdem die Unterstützung Bedürftiger in den Friedensjahren hauptsächlich mit Sachwerten erfolgte und lediglich verschiedene zweckgebundene Gutscheine zum Bezug von Lebensmitteln (1933/ 1934 und 1934/1935),

von Brennstoffen (1934/ 1935 und 1938/1939) und von Bekleidung (1938/1939) Verwendung fanden, wurde mit Kriegsbeginn 1939 auf einheitliche Wertscheine des Kriegswinterhilfswerks (KWHW) umgestellt. Grund für deren Einführung war die kriegsbedingte Zwangsbewirt-schaftung von lebenswichtigen Gütern, die nur im Rahmen der Rationierung auf „Karte“ damit bezahlt werden konnten. Die vorherigen Gutscheine entsprachen dagegen einer Zusatzversorgung.


Die WHW-Wertscheine waren zwar kein Geld im eigentlichen Sinne, sondern dienten vielmehr als Verrechnungsscheine (der Empfänger bezahlte damit eine Ware oder Leistung; der Kaufmann reichte den Wertschein bei einer Bank wie Bargeld ein; die Bank leitete die Wertscheine zur Verrechnung mit dem WHW an die Reichsbank weiter), sie waren aber im ganzen Reich gültig und konnten zur Bezahlung von Lebensmitteln, Bekleidung und Brennstoffen, ab 1941 auch für Mietzahlungen sowie zur Bezahlung von Gas und Stromverbrauch verwendet werden. Der jeweilige Einlösungsvermerk erfolgte auf der Rückseite.


Wertschein des Winterhilfswerks des Deutschen Volkes im Generalgouvernement

1943 – 1944 über 5 Zloty zur Bezahlung von Lebensmitteln, Bekleidung, Brennstoffen, Gas und Strom sowie Haushaltsgegenständen mit dem Hinweis, dass dieser nicht in jüdischen Geschäften in Zahlung gegeben werden kann. (Sammlung Wolfgang Haney, Berlin)


Es gab auch Wertscheine einzelner Gaue sowie für das Generalgouvernement Polen (WHW des Deutschen Volkes im Generalgouvernement) in Zloty-Währung und in den besetzten Niederlanden (Winterhulp Nederland, WHN) in Gulden-Währung.


Die Wertscheine des Winterhilfswerks im Generalgouvernement gab es ausschließlich als Ausgabe 1943/1944 in Nennwerten zu 2, 5 und 20 Zloty. Sie waren für notleidende „Volksdeutsche“ gedacht, zweisprachig ausgeführt und konnten zur Bezahlung von Lebensmitteln, Bekleidung, Brennstoffen, Gas und Strom sowie Haushaltungsgegenständen genutzt werden. Sie waren bis zum 31. März 1944 gültig.


Muster eines Wertscheins des Winterhilfswerks des Deutschen Volkes im Generalgouvernement 1943 – 1944 über 20 Zloty zur Bezahlung von Lebensmitteln,

Be­kleidung, Brennstoffen, Gas und Strom, Haus­haltsgegenständen und Miete

mit Perforation „WZÓR“ (MUSTER). (Sammlung Wolfgang Haney, Berlin)


Auf dieser Seite ist ein Musterschein zu 20 Zloty abgebildet, der schließlich in violettem statt dunkelblauem Druck ausgegeben wurde. Diese

Sonderausgabe zum 30. Januar 1944 – dem

11. Jahrestag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten – erlaubte zusätzlich auch die Bezahlung von Mieten und enthielt eine Klausel, die auf den Wertscheinen der normalen Ausgabe fehlt: „In jüdischen Geschäften darf dieser Wertschein nicht in Zahlung gegeben werden“. Zum Zeitpunkt der Gültigkeit der Sonderausgabe im Februar/März 1944 gab es im Generalgouvernement Polen aber längst keine jüdischen Geschäfte mehr.


Hier ist ein Musterschein zu 20 Zloty abgebildet, der schließlich in violettem statt dunkelblauem Druck ausgegeben wurde. Diese Sonderausgabe zum 30. Januar 1944 – dem

11. Jahrestag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten – erlaubte zusätzlich auch die Bezahlung von Mieten und enthielt eine Klausel, die auf den Wertscheinen der normalen Ausgabe fehlt: „In jüdischen Geschäften darf dieser Wertschein nicht in Zahlung gegeben werden“. Zum Zeitpunkt der Gültigkeit der Sonderausgabe im Februar/März 1944 gab es im Generalgouvernement Polen aber längst keine jüdischen Geschäfte mehr.


Die WHW-Wertscheine für das Generalgouvernement sind äußerst seltene Zeitdokumente.


Hans-Ludwig Grabowski



Literaturempfehlung



Kennzeichen Jude

Antisemitismus, Entrechtung, Verfolgung, Vernichtung und die Rationierung von Nahrungsmitteln und Verbrauchsgütern für Juden in Großdeutschland und den besetzten Gebieten 1939 bis 1945


Verlag: Battenberg Verlag

ISBN: 978-3-86646-558-9

Auflage: 1. Auflage 2014

Abbildungen: durchgehend farbige Abbildungen

Hardcover: 351 Seiten

Format: 17 x 24 cm

Preis: 19,90 Euro




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