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Leserpost: Unbekannte „Reichsbanknote“ entdeckt?

In Sammlerkreisen wurde vor Kurzem eine unbekannte Reichsbanknote zu 50 Milliarden Mark vorgestellt. Man war sich schnell einig, dass es sich hier um keine echte Note handeln kann. Aber es sollen mehrere Stücke dieser Art existieren. Ich bin kein Spezialist für Hochinflations-Scheine, aber für mich erweckt er durchaus den Eindruck einer echten Banknote bzw. einer gut gemachten Nachahmung von Reichsbanknoten. Deshalb würde mich der Hintergrund dieser (mutmaßlichen) Blüte interessieren, soweit bekannt.



Handelt es sich um eine zeitgenössische Verfälschung oder Fälschung? Handelt es sich um einen Fantasieschein aus unseren Tagen? Was kann man noch zu diesem Schein sagen?

Mit freundlichen Grüßen

M. Dietl


Antwort der Redaktion

Wäre es eine echte Reichsbanknote, dann gäbe es auch eine entsprechende Bekanntmachung der Deutschen Reichsbank dazu, was nicht der Fall ist. Es gibt zwar eine Hilfsbanknote der Reichsbank über 50 Milliarden Mark vom 26. Oktober 1923, die von einigen privaten Druckereien hergestellt wurde, warum aber sollte es dann auch noch eine Banknote des gleichen Nominals mit Datierung vom Vortag geben?

Nun, es handelt sich allem Anschein nach um eine zeitgenössische Fantasiefälschung.

Bei der Flut von immer neuen Reichsbanknoten und Notgeldscheinen, die in der Zeit der Hochinflation ausgegeben wurden, um der im Zusammenhang mit dem Währungsverfall einhergehenden Zahlungsmittelknappheit zu begegnen, verloren die Menschen schlicht und ergreifend den Überblick. Um nicht bestehendes Geld zu fälschen, kamen einige Zeitgenossen auf die Idee, dank ihrer Fantasie und Fähigkeiten einfach Fantasiegeld zu erschaffen, dass es nicht selten in den Zahlungsverkehr geschafft hat, wie im vorliegenden Fall anhand der Gebrauchsspuren zu vermuten.




Wenn auch die Gestaltung auf den ersten Blick auch durchaus professionell wirkt, so enttarnt ein kritischer Blick auf die Siegel des Reichsbankdirektoriums doch sehr schnell die plumpe Fälschung.









Wir kennen noch weitere Beispiele solcher Fantasiescheine aus der Inflationszeit, z. B. von Scheinen der Landesbank der Provinz Westfalen oder von Notgeld der Deutschen Reichsbahn.


Es wäre interessant zu erfahren, ob der Druck auf Papier mit Wasserzeichen erfolgte und wenn ja, welches Wasserzeichen verwendet wurde. Es ist ein Fall aus dieser Zeit bekannt bei dem Wasserzeichenpapier, das für den Druck von Notgeld der Reichsbahn hergestellt wurde, direkt aus der Papierfabrik gestohlen und für die Herstellung von Fälschungen verwendet wurde. Allerdings handelte es sich hier nicht um Fantasiefälschungen, sondern um die Nachahmung existierender Reichsbanknoten.

Ich habe das Online-Auktionshaus angeschrieben, über das die Abbildung des Scheins in einem Artikel zur Hochinflation aufgetaucht ist, und hoffe darauf zu erfahren, ob wir es hier auch mit Wasserzeichenpapier zu tun haben. Wahrscheinlich erfolgte der Druck aber auf Papier ohne Wasserzeichen. Auch wäre das Format des Scheins von Interesse!


Interessant wäre auch zu klären, ob der durchaus professionell wirkende Unterdruck evtl. bei einer Notgeld-Ausgabe verwendet wurde. Dann könnte man die "Fälschung" einer Region oder vielleicht sogar Druckerei zuordnen. Bei der riesigen Menge an ausgegebenem Notgeld kommt das allerdings einer echten Forschungsarbeit gleich, es sei denn, ein Sammler erkennt das Unterdruckmuster, weil er einen ähnlichen Schein in seiner Sammlung hat. Es könnte sich aber trotzdem auch ebenfalls um einen Fantasiedruck handeln. Die Nähe zu einer damals in die Herstellung von Notgeld eingebundenen Druckerei erscheint mir aber dennoch wahrscheinlich.


Hans-Ludwig Grabowski

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