Werbescheine des Notgeld-Sammlervereins GERMANIA in Coblenz
- Thomas van Eck
- vor 4 Stunden
- 4 Min. Lesezeit
Seit längerem befindet sich ein Viererblock von Werbescheinen des Notgeld-Sammlervereins Germania aus Coblenz in meiner Sammlung.

Mich interessierte die Geschichte hinter diesen Werbescheinen und eine erste Suche zu weiteren Informationen im Internet führte zu keinem Ergebnis. Das ist zwar in der heutigen Zeit ungewöhnlich im Internet erst einmal überhaupt nichts zu finden, aber es regt zu weiteren Nachforschungen an.
Ich erinnerte mich, dass Gerd Bayer, ein Autor zahlreicher Veröffentlichungen auch zum Thema Notgeld aus den Gebieten von Mosel, Koblenz[1], Hunsrück und Trier, bestimmt etwas zu diesem Verein geschrieben haben könnte. Mit der Vermutung lag ich richtig.
In der Zeitschrift „Der Geldscheinsammler“[2] fand sich ein entsprechender Artikel. Er ist im Heft Nr. 1 des Jahres 1992 erschienen und trägt die Überschrift „Der Notgeld-Sammlerverein Germania zu Coblenz“. Ein Hinweis an dieser Stelle, dieser Artikel liegt nicht online vor.
Aus dem genannten Artikel möchte ich zuerst zusammenfassend zitieren, bevor ich mit dem Ergebnis der weiteren Recherchen fortfahre.
Der Sammlerverein verfügte über eine eigene Satzung. Diese ist aus Oktober 1920. Vereinssitz war in Coblenz in der Mainzerstraße 6. Es soll sich um einen relativ großen Verein mit mehr als 380 Mitgliedern gehandelt haben. Zweck des Vereins war das seinerzeit sehr populäre sammeln von Notgeld und hierzu wurden Rundsendungen mit entsprechendem Material versandt. Aus den Rundsendungen durfte man sich Scheine herausnehmen. Die entsprechenden Kaufbeträge rechnete man mit dem Tauschobmann ab. Auch eigenes Tauschmaterial konnte eingebracht werden. Es muss ein reger Tauschverkehr stattgefunden haben. Die höchste bislang festgestellte Nummer einer Rundsendung betrug 2737. Die Satzung appellierte eindringlich an die Ehrlichkeit der Mitglieder. Es bestand die Möglichkeit des Umtauschbetruges, also den Austausch von schlechteren Scheinen aus der eigenen Sammlung gegen bessere Scheine aus der Rundsendung. Die Satzung sah für diesen Fall die strafrechtliche Verfolgung, sowie die Veröffentlichung des Namens vor. Der Verein veröffentlichte in der Zeitschrift „Das Notgeld“ aus München, unter der Rubrik „Vereinsnachrichten“ seine Mitgliederlisten, sowie alle sonstigen Vereinsaktivitäten.
Soweit die Zusammenfassung. Bei den sogenannten Werbescheinen handelt es sich um Vignetten. Sie sind nach Auskunft der Deutschen Exlibris-Gesellschaft[3] keine numismatischen Exlibris.
Die Vignetten zeigen in der Ansicht eine Frauenbüste (vermutliche eine Darstellung der Germania) mit Helmzier und Eichenlaub, sowie rechts einen Schwertknauf und links einen nach rechts schauenden Adlerkopf. Die Ausführung ist in der stilisierenden Art des Jugendstils gehalten. Die Umschrift lautet „Werbeschein des Notgeld Sammlervereins Germania Coblenz“. Größe ca. 3,3 x 2,6 cm. Die Vignetten kommen in den Farben Rotbraun, Graugrün und Blaugrau vor. Farbabweichungen sowie weitere anders farbige Vignetten sind denkbar. Die Rückseite der Vignetten ist gummiert.
In der 124. Auktion der Teutoburger Münzaktion vom 24. bis 25. Mai 2019 wurden vier Scheine des Sammlervereins versteigert (Los 4889). Darunter befanden sich zwei auf braunem Papier aufgeklebte Briefmarken zu 150 Pfennig „Sensenmann“ mit Stempel „Sammlerverein GERMANIA Coblenz“. Das Los fand für 70 Euro plus Aufgeld seinen Abnehmer.
Nach den bisherigen Recherchen handelt es sich hierbei leider nicht um eigenes Briefmarkennotgeld des Vereins. Unter Briefmarkensammlern ist bekannt, dass Marken des Deutschen Reichs vorkommen, die in keinem Katalog zu finden sind. Diese nicht katalogisierten Marken entstammen hauptsächlich der Inflationszeit und tragen immer private Aufdrucke u. a. von Händlern, Firmen, Vereinen, Reklame und politischen Botschaften.
Durch den privaten Aufdruck verloren die Marken ihre Frankatur-Gültigkeit. In der Inflationszeit wurden Briefmarken sowieso schnell wertlos und waren dann billigst zu erwerben.
Zum Thema „Infla-Marken mit Werbeaufdrucken“ hat der überregionale Verein „INFLA-Berlin, Verein der Deutschlandsammler e.V.“[4] im Bund Deutscher Philatelisten eine eigene Abhandlung „Infla-Berichte, Folge Nr. 80“ im Dezember 1970 veröffentlicht. Der Bericht ist innerhalb der Homepage des Vereins aufrufbar. Auch der Coblenzer Sammlerverein Germania findet dort seine Erwähnung.
Folgende Briefmarken mit Aufdruck konnten bislang festgestellt werden, die Nummern orientieren sich anhand des Michel-Katalogs Deutschland:
Nr. 158 – 5 Pfennig – Ausgabe Mai 1921, Motiv Ziffernserie
Nr. 169 – 150 Pfennig – Ausgabe Okt./Nov. 1921, Motiv Arbeitergruppen / Schnitter
Nr. 205 – 5 Mark – Ausgabe Mai 1922, Motiv Posthornzeichnung
Nr. 209 – 50 Mark – Ausgabe Mai 1922, Motiv Posthornzeichnung
Nr. 239 – 10 Mark – Ausgabe Dezember 1922, Motiv Arbeitergruppen / Schnitter
Nr. 244a – 40 Mark – Ausgabe 1922/23, Motiv Arbeitergruppen / Schnitter
Nr. 314 – 1 Million Mark, Ausgabe Okt./Nov. 1923, Freimarken-Ausgabe
Nr. 317 – 5 Millionen Mark, Ausgabe Okt./Nov. 1923, Freimarken-Ausgabe

Die Vignetten sowie die mit Vereinsaufdruck versehenen Marken könnten als Werbemittel für den Sammlerverein gedient haben. Die überdruckten Briefmarken können ihre Verwendung auf den Rundsendungen, z. B. als Verschlussmarke oder werbewirksame „Zusatzfrankatur“ gefunden haben.

Es sind verschiedene Briefumschläge aus Zusendungen des Vereins bekannt, die laut den Poststempeln bis in das Jahr 1927 reichen. Auch geben die bislang bekannt gewordenen Briefumschläge den Hinweis, dass die Rundsendungen reichsweit erfolgten.

Erkenntnisse, wie lange der Coblenzer Sammlerverein Germania tatsächlich bestanden hat, liegen nicht vor. An dieser Stelle meinen herzlichen Dank an den Verein für Briefmarkenkunde Koblenz von 1886 e.V. für die hilfreiche Unterstützung.[5]
Aus Sicht des Autors sind die Vignetten und Marken eine schöne Bereicherung für die eigene Sammlung.
Thomas van Eck
Anmerkungen