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Abstempelung der Behelfszahlungsmittel für die deutsche Wehrmacht in Thessaloniki (1944)

Aktualisiert: 14. Nov. 2023

Nach den geltenden deutschen Devisenbestimmungen durften Wehrmachtsangehörige bei Verlassen des Reichsgebiets Rentenbankscheine und Reichsmünzen nur bis zu einem Betrag von zehn Reichsmark ausführen, während die Mitnahme von Reichskreditkassenscheinen (RKKS) erlaubt war, da sie im Inland nicht umlauffähig waren.

Sie dienten jedoch zeitweilig in von der Wehrmacht besetzten Gebieten als gesetzliche Zahlungsmittel. Natürlich verbot sich diese Praxis in verbündeten Staaten. Da es hier, z.B. in Rumänien, jedoch häufig zu Stockungen bei den Soldzahlungen kam, wurden die dort befindlichen Truppen von den Reichskreditkassen mit einem ergänzenden Behelfs­zahlungsmittel ausgestattet, dass ausschließlich für den Zahlungsverkehr zwischen den deutschen Soldaten und ihren Kantinen und Marketendereien bestimmt war.

Eine Verwendung im örtlichen Zahlungsverkehr wurde dadurch verhindert, dass sie den zehnfachen Nominalwert hatten. 1 Pfennig galt also 10 Pfennig.


Nachdem anfangs 5- und 10-Pfennig-Münzen der Reichskreditkassen sowie die 1-Pfennig-Scheine, die in Rumänien gedruckt wurden, als Behelfsgeld dienten, begann man am 15. August 1942 mit der Ausgabe von Papiergeld zu 1, 5, 10 und 50 Reichspfennig. Im Mai 1943 wurde die Serie durch einen 1-RM-Schein ergänzt und am 24. September 1943 folgte der 2-RM-Schein. Die beiden letzten Nominale sind nicht sehr häufig und wurden wohl nur bei Wehrsoldzahlungen der höheren Dienstgrade benötigt. Das neue Behelfsgeld war im Reich bei sämtlichen Reichsbankanstalten oder Wechselstellen zum zehnfachen Wert gegen inner­deutsche Zahlungsmittel umtauschbar. Ein Umtausch in Landeswährung vor Ort erfolgte dagegen nicht.[1]


Den einseitigen Druck des neuen Behelfsgelds besorgte die Reichsdruckerei.[2] Jeder Wert wurde auf einem andersfarbigen Papier mit dem Wasserzeichen „Vierpassmuster“ gedruckt.[3] Das Wasserzeichen besteht aus fortlaufenden Reihen heller kleiner Vierpässe (Kreuzblüten) mit etwa 8 mm Durchmesser auf dunklem Grund, die dabei auf Lücke geordnet sind. Dieses Muster nutzte die Reichsdruckerei beispielsweise bei den Reichsbanknoten zu 1000 Mark vom 15. September 1922 und bei verschiedenen Reichsbriefmarken[4]. Welche Papierfabrik das Papier produzierte, ist nicht bekannt.[5]


Die neue Ausgabe ist einheitlich gestaltet. Im Unterdruck der Reichsadler mit dem Hakenkreuz in den Fängen. Die Scheine sind überschrieben mit der zweizeiligen Wertangabe, z. B. „Ein Reichspfennig“, es folgt zwei- bzw. dreizeilig „Behelfszahlungsmittel für die Deutsche Wehrmacht“. Links und rechts neben der Wertangabe jeweils der Wert in Zahlen und unter der Wertangabe Rpf. oder RM. Darunter jeweils ein Siegel mit dem Reichsadler mit Hakenkreuz und der Umschrift „Deutsche Wehrmacht“. Am unteren Rand zweizeilig: „Dieser Schein ist kein öffentliches Zahlungsmittel, sondern nur für / den Geldverkehr innerhalb der Deutschen Wehr­macht bestimmt“. Ein Datum oder eine Unterschrift sucht man vergebens.


Das Behelfsgeld für die Deutschen Wehrmacht wurde im März 1943 außer in Bulgarien, be­sonders in Griechenland benutzt. Hier war es in der Vergangenheit ständig zu Schwierigkeiten bei der Versorgung der Truppe mit Drachmen-Zahlungsmitteln gekommen. Seit dem 5. April 1941 galten daher die Reichskreditkassenscheine als gesetzliches Zahlungsmittel. Obwohl nach einer Ab­machung mit der griechischen Regierung vom 5. August 1941 die Reichskreditkassenscheine[6] umgehend eingezogen werden sollten, kam es noch im Januar und Februar 1942 zu einer erneuten Ausgabe. Erst die Verfügungen des OKW vom 19. März und vom 19. April 1943 verbot ihre weitere Verwendung in Griechenland.[7] Das Behelfsgeld dagegen blieb nicht nur weiterhin im Gebrauch, sondern seine Verwendung wurde weiter ausgedehnt.[8]


In Zukunft sollten Dienstreisende, Urlauber und Angehörige von Transporten nach Griechenland ihre Reisekostenvergütungen und sonstigen Beträge nicht in RKKS, sondern möglichst in Behelfsgeld mit sich führen. Eingeführte Reichskreditkassenscheine waren umgehend in Behelfsgeld umzutauschen. Ferner wurden die Einsatzgebührnisse je zur Hälfte in griechischen Zahlungsmitteln und Behelfsgeld ausgezahlt.[9]


Im Sommer 1944 rückte die Rote Armee über Rumänien und Bulgarien in Richtung Ägäis und Adria vor, sodass die militärische Lage der 300.000 deutschen Soldaten der Heeresgruppe E in Griechenland unhaltbar wurde. Die Wehrmachtsführung entschloss sich daher im August, die Truppen aus Griechenland zurückzuziehen. Am 12. Oktober räumte das deutsche Militär Athen und am 31. Oktober Thessaloniki. Ohne nennenswerte Feindberührung überschritt die Nachhut in der Nacht vom 1. auf den 2. November die griechisch-mazedonische Grenze.[10]


Wegen fehlender griechischer Zahlungsmittel wurden im August 1944 die Einsatzgebührnisse zu 90 Prozent in Behelfsgeld und nur der Rest in griechischer Währung ausgezahlt. Hiermit konnten die Soldaten bei der galoppierenden Inflation kaum noch etwas kaufen. Der Umrechnungskurs für die Reichsmark lautete jetzt 6.000.000 Drachmen.[11]


Während der letzten Tage der deutschen Besatzung fehlte es in Thessaloniki an Kleingeld. Der griechischen Hauptverwaltung von Mazedonien war bekannt, dass die abziehenden deutschen Truppen über größere Bestände an Behelfsgeld verfügten und sie erbat deshalb, diese als Notgeld in Umlauf setzten zu dürfen. Zu diesem Zweck wurden die Behelfsgeldscheine zu einem, fünf, zehn und 50 Reichspfennig rückseitig zweimal gestempelt. Beim griechischen roten Stempel umschließt der Text „ELLHNIKH POLITEIA * GEN. AIOIKHSIS MAKEDONIAS *“ (Hauptverwaltung von Mazedonien) das Wappen mit Kreuz, das in großer oder kleiner Form vorkommt. Der zweite blaue/violette Stempel zeigt den Wehrmachtsadler mit dem Hakenkreuz in den Fängen. Er kommt mit drei verschiedenen Umschriften vor:


1. Befehlshaber Saloniki - Ägäis 7

2. Wehrmachtsintendant Griechenland, Aussenst. Saloniki - Ägäis

3. Wehrmachtsintendant beim Bfh. Griechenland


Während der 1. Stempel in der Regel gut lesbar ist, sind die Aufdrucke der beiden anderen Stempel wegen der winzigen Schrift meist nur schwer zu entziffern.


Dieses Notgeld war ca. 15 Tage bis zum endgültigen deutschen Rückzug am 31. Oktober 1944 im Umlauf.[12] Auf vielen Scheinen zu einem Reichspfennig ist handschriftlich der Gegenwert von 625.000.000 Drachmen notiert.

Pitidis-Poutous bildet in seinem Katalog einen Schein ab, auf dem zusätzlich das Datum „21/10/44“ vermerkt ist, [13] ferner einen 50-Reichspfennig-Schein mit einem Einlösungsstempel der griechischen Nationalbank[14]. Wie es scheint, wurden die Nominale zu einer und zwei Reichsmark nicht gestempelt. Zwar meldet Grabowski in seinem Katalog unter der Nummer ZWK-109 eine Ausgabe des Scheins zu einer Reichsmark, vermerkt aber sogleich, dass er zwar gemeldet, aber nicht belegt sei.[15]


Bild 1.1: ZWK-105, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 1 Reichspfennig, Vorderseite.

Bild 1.2: ZWK-105, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 1 Reichspfennig, Rückseite.


Bild 2.1: ZWK-106, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 5 Reichspfennig, Vorderseite.

Bild 2.2: ZWK-106, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 5 Reichspfennig, Rückseite.

Bild 2.3: ZWK-106, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 5 Reichspfennig, Rückseite.


Bild 3.1: ZWK-107, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 10 Reichspfennig, Vorderseite.

Bild 3.2: ZWK-107, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 10 Reichspfennig, Rückseite.


Die modernen PC-Drucker machen es möglich, immer öfter tauchen Noten mit gefälschten Stempelaufdrucken im Handel auf. Dies gilt besonders für den selten Wert zu 50 Reichspfennig. Der aufgedruckte Stempel ist in der Regel nur bei starker Vergrößerung eindeutig als Fälschung erkennbar. Anders als beim „Tinten“-Stempel zeigen sich beim PC-Druck gepixelte Punkte.


Bild 4.1: zu ZWK-108, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 50 Reichspfennig, Fälschung, Vorderseite.

Bild 4.2: zu ZWK-108, Behelfsgeld mit Abstempelung Saloniki, ohne Datum, 50 Reichspfennig, Fälschung, Rückseite.


Vor einigen Jahren verkaufte bei ebay ein bekannter griechischer Händler auch Scheine zu einem, fünf, zehn und 50 Reichspfennig mit folgendem blauen Stempel: Im Außenkreis: „HLEKTRIKH ETAIRIA AQHNWN PEIRAIWS A. E. . AQHNAI .“ (Elektrizitätsgesellschaft Piräus A. G., Athen), im Innenkreis waagerecht „▌7 NOF 1944“ (7. November 1944?). Zu diesem Zeitpunkt war die deutsche Armee schon seit Wochen abgerückt. Die Elektrizitätserzeugung und -versorgung hatte bei der deutschen Wehrmachtsführung höchste Priorität. Bereits am 7. Mai 1941 setzte Oberst Wendt von der Wehrwirtschaftsdienststelle Edgar Thomashausen, den Direktor der AEG, als kommissarischen Bevollmächtigten und obersten Leiter der Elektrizitätsgesellschaft ein.[16] Möglicherweise wurden die (deutschen) Angestellten auch mit Behelfsgeld der Deutschen Wehrmacht entlohnt und die zurückgelassenen Bestände in der Firmenkasse wurden als Notgeld aufgebraucht.


Bild 5.1: Behelfsgeld, 7. November 1944, 5 Reichspfennig, Vorderseite, Rückseite mit Abstempelung Elektrizitätsgesellschaft Piräus A. G., Athen.

Bild 5.2: Behelfsgeld, 7. November 1944, 5 Reichspfennig, Rückseite mit Abstempelung Elektrizitätsgesellschaft Piräus A. G., Athen.


Uwe Bronnert Anmerkungen: [1] Um notwendige Ausgaben tätigen zu können, durften durch Ungarn und die Balkanländer reisende Wehrmachtsangehörige ausnahmsweise das Behelfsgeld in Landeswährung umtauschen.

[2] Vgl. Gerd Gnewuch, 100 Jahre Bundesdruckerei, hrsg. v. d. Bundesdruckerei, Berlin 1979, S. 99.

[3] Vgl. Dr. Arnold Keller, Deutsche Wertpapierwasserzeichen, Die Wertzeichenpapiere des deutschen Notgeldes 1914 –1948, Abbildungen gezeichnet von Kurt Lehrke, Berlin-Wittenau 1955, S. 19, Tafel 1. Nach Keller lieferten Anfang der 1920er Jahre die Papierfabriken Louis Staffel in Witzenhausen, Zum Bruderhaus in Dettingen sowie eine nicht ermittelte sächsische Fabrik das Papier.

[4] Vgl. Michel Deutschland-Katalog 1984 [Briefmarken-Katalog], München 1983.

[5] Seit 1934 lieferten die Papierfabrik Spechthausen A. G., Hugo Hoesch (Königstein/Elbe), Louis Staffel (Witzenhausen) und Renker & Söhne (Zerkall über Düren) Banknotenpapier an die Reichsdruckerei. Vgl. Gerd Gnewuch, a. a. O., S. 97.

[6] Die Reichskreditkassenscheine waren in Griechenland bereits am 5. April 1941 zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erklärt worden; ihr Umrechnungskurs betrug zunächst 1 RM = 50 Drachmen. Vgl. Rainer Eckert, Die Verwendung von Reichskreditkassen-Scheinen in den von der faschistischen deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg besetzten Teilen Griechenlands, in: Numismatische Beiträge, Berlin (Ost) 1/1988, S. 4.

[7] Ebenda, S. 5.

[8] BA, R29/260, TAO 81/43 vom 7.6.1943.

[9] Bundesarchiv Freiburg, RW7/v 1711 a, Schreiben des Generals der Flieger Speidel an Militärbefehlshaber Griechenland vom 12.12.1943. Danach erhielt ein Gefreiter monatlich 36 RM Wehrsold. Die Hälfte wurde in Behelfsgeld, die andere Hälfte in griechischer Währung ausgezahlt. Dabei wurde die griechische Währung mit einem Index von 3.600 multipliziert, d.h., der Soldat bekam im Monat 64.800 Drs. Eine Schachtel Streichhölzer kosteten im freien Handel 4.000 Drs., eine Schachtel Zigaretten (20 Stück) 12.000 Drs., eine Rasierklinge 1.500 Drs. eine Tasse Bohnenkaffee 18.000 Drs.

[10] Vgl. Percy E. Schramm (Hrsg.), Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtsführungsstab) 1. Januar 1944 – 22. Mai 1945, Erster Halbband, Band 4, Studienausgabe Band 7, Bonn o. J., S. 720 f.

[11] BA, R29/262, TAO 79/44 vom 11.8.1944.

[12] Greek Banknotes, A Journey 1822 – 2002, Historical Archives National Bank of Greece, Athens 2005. S. 397.

[13] S. Theodore Pitidis-Poutous, Greek Paper Money 1928 – 2002, Volume 2, Kifisia 2008, S.178, Kat.-Nr. 370.

[14] Ebenda, S. 179, Kat.-Nr. 373a.

[15] Hans-Ludwig Grabowski, Die deutschen Banknoten ab 1871, Das Papiergeld der deutschen Notenbanken, Staatspapiergeld, Kolonial- und Besatzungsausgaben, deutsche Nebengebiete und geldscheinähnliche Wertpapiere und Gutscheine, 21. vollständig neu erstellte Auflage, Regenstauf 2018, S. 616.

[16] Vgl. Martin Seckendorf, Zur Wirtschaftspolitik der deutschen Besatzer in Griechenland 1941–1944, Ausbeutung, die in die Katastrophe mündete. Überarbeitete Fassung eines Redebeitrages vom 3.12.2005 auf einem Symposium der Athener Ökonomischen Universität über die Entschädigung griechischer Opfer deutscher Besatzungspolitik. <http://www.2i.westhost.com/bg/1_7.html> ( 28.06.2012)

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