Als Folge des Ersten Weltkriegs entstand Polen wieder als unabhängiger Staat. Während der Versailler Vertrag die Westgrenze Polens festlegte, war der Verlauf der Ostgrenze noch lange ungeklärt und umstritten, sodass es zu einer Reihe militärischer Auseinandersetzungen kam:
Polnisch-Ukrainischer Krieg (1918 – 1919)
Polnisch-Litauischer Krieg (1920)
Polnisch-Sowjetischer Krieg (1920)
Im Frieden von Riga am 18. März 1921 verzichtete die Sowjetunion auf die Westukraine, die Polen angegliedert wurde. Dadurch vergrößerte sich das polnische Staatsgebiet um mehr als 132.000 km². Von den 10 Millionen neuen polnischen Staatsbürgern waren nur ca. 2,5 Millionen Polen, während 64 % ukrainischer, 10 % jüdischer und 1 % anderer ethnischer Zugehörigkeit waren. Obwohl Polen im Vertrag von Riga einem Autonomie-Status für die ukrainischen Gebiete zugestimmt hatte, begannen polnische Polizei und Verwaltungsorgane mit der „Polonisierung“. Vielerorts antwortete die ukrainische Bevölkerung mit passivem und aktivem Widerstand gegen die polnische Herrschaft.
1929 kam es in Wien zum Zusammenschluss verschiedener nationalistischer Organisationen der Westukraine zur „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN). Ihr Ziel war die Errichtung eines großukrainischen Staates unter Einschluss der sowjetischen Ost-Ukraine, dem polnischen Galizien (West-Ukraine) und dem der nach dem Krieg neu entstandenen Tschechoslowakei angeschlossenen Ruthenien. Die OUN organisierte den Widerstand sowohl gegen die polnische als auch die sowjetische Verwaltung. [1]
Bereits 1940 spaltete sich die OUN in zwei Flügel: unter Führung von Stepan Andrijowytsch Bandera (* 1. Januar 1909 in Staryj Ugryniw, Galizien, Österreich-Ungarn; † 15. Oktober 1959 in München) in „OUN-B“ und Andrij Atanassowytsch Melnyk
(* 12. Dezember 1890 in Wolja Jakubowa, Bezirk Lemberg, Galizien, Österreich-Ungarn;
† 1. November 1964 in Köln) in „OUN-M“. Während Bandera (OUN-B) die Selbstständigkeit der Ukraine nur durch die eigene Kraft der Ukrainer zu erreichen meinte, waren die Melnykisten (OUN-M) überzeugt, dies nur durch eine Partnerschaft mit dem Deutschen Reich realisieren zu können.
Als 1941 die deutsche Wehrmacht die Ukraine besetzte, proklamierte folgerichtig die OUN-B am 30. Juni 1941 einen eigenen unabhängigen Staat und führte später mit ihrer „Ukrainischen Aufstandsarmee“ (UPA) einen Partisanenkrieg gegen die deutschen Besatzer. Im Gegensatz dazu begrüßte die OUN-M die Bildung der ukrainischen SS-Freiwilligen-Division „Galizien“.
Nach dem Krieg sammelten Vertreter der OUN-B in den Lagern der Displaced Persons
in Deutschland ehemalige ukrainische Zwangsarbeiter in der „Zentralvertretung der Ukrainer in Deutschland“. Die Auseinandersetzung über die Organisation der OUN auf autoritäre oder demokratische Ziele ging in der Emigration weiter. In welchem Umfang die OUN anti-sowjetische Partisanen beeinflusste, die bis Anfang der 1950er Jahre in der Ukraine aktiv waren, ist unbekannt.
„Zur Finanzierung der Untergrundaktivitäten wurden bewaffnete Überfälle auf Banken und andere Geldeinrichtungen verübt. Auf diese Weise wurden gültige Zahlungsmittel erlangt. Da aber ein solches Banditentum durch große Teile der ukrainischen Bevölkerung nur geringe Anerkennung und Unterstützung fand, wurde durch die OUN und UPA Geldersatz-Belege für freiwillige und erzwungene Geld- und Sachspenden ausgegeben. Diese Belege sollten den Eindruck vermitteln, Wertgutscheine zu sein. Diese Wertgutscheine wurden allgemein „Bifoni“ oder auch „Bofoni“ genannt.“ [2]
Die ersten „Bofoni“, die noch auf keinen konkreten Wert lauteten, sollen bereits 1939 ausgegeben worden sein. Die OUN versprach, nach ihrem Sieg diese gegen Geld einzutauschen. Trillenberg schreibt unter Berufung auf ukrainische Kataloge, dass 223 verschiedene Bofoni von 1939 bis 1952 ausgegeben worden seien, die auf Reichsmark, Zloty, Karbowanez, Rubel, aber auch D-Mark, Schilling und Dollar lauteten. [3]
Im Gegensatz zu den im Krieg emittierten Bofoni, die in der Regel im Untergrund mit einfachsten Mitteln – z. B. im Linolschnitt sowie mit Matrizen aus Gummi oder Leder – hergestellt wurden, ist der Schein, der 1949 zum 20. Jahrestag der Organisation produziert wurde, sorgfältig ausgeführt. Der 117 mm x 66 mm große Schein ist vollkommen in ukrainischer Sprache abgefasst und lautet auf 1 Schilling. Er wurde in England auf Papier mit Wasserzeichen gedruckt. Die Vorderseite zeigt holzschnittartig das Wappen der OUN-B sowie auf dem Schaurand die Wertzahl „1“ und die fünfstellige Kontrollnummer. Auf der Rückseite sind zwei Soldaten mit Maschinenpistolen vor dem Hintergrund einer orthodoxen Kirche abgebildet. Das Brustbild auf dem Schaurand dürfte Stepan Andrijowytsch Bandera zeigen. Trotz der geldscheinartigen Ausführung handelt es sich hier um einen Spendenschein.
[1] WIKIPEDIA: Organisation Ukrainischer Nationalisten.
[2] Wilfried Trillenberg, Die Ukraine heute. Ihr Geldwesen in den weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Umbrüchen des letzten Säkulums, Berlin 2005, S. 233.
[3] Ebenda, S. 235.
Uwe Bronnert
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