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Leserpost: Lagergeld des Zweiten Weltkriegs

Aktualisiert: 16. Juli

Guten Tag Herr Grabowski,

ich habe in meiner Sammlung einen Schein Lagergeld 10 Pfennig auf bräunlichem Papier,

ohne Wasserzeichen, entwertet und mit Unterschrift "Der Lagerkommandant" Hermann.

Er hat Gebrauchsspuren!

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Ich gehe davon aus, dass er in einem Lager auch in Umlauf war.

Die Entwertung ist sicherlich erfolgt, als die Lagerscheine mit Wasserzeichen Kreuzblüten und Unterschrift mit OKW in Umlauf kamen. Vielleicht lässt sich zu diesem Schein noch mehr sagen.

Vielen Dank und mit besten Grüßen 

G. Schulze


Antwort der Redaktion

Da haben Sie einen sehr seltenen Schein in Ihrer Sammlung. Leider ist bis heute nicht geklärt, was es mit der vermutlich ersten Auflage des Kriegsgefangenenlagergelds der Wehrmacht mit „Der Lagerkommandant“ auf sich hat.


Diese Scheine, von denen bisher nur Werte zu 1 und 10 Reichspfennig sowie 1 und 5 Reichsmark nachgewiesen sind, zeigen zwei Faksimile-Unterschriften, davon eine "Hermann" und sollen ebenfalls das Wasserzeichen Kreuzblüten wie die späteren Ausgaben mit "Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht" haben. Laut Auskunft durch unseren Autor Uwe Bronnert, ist dessen Schein mit "Der Lagerkommandant" aber ebenfalls ohne Wasserzeichen ausgeführt.


Es fehlen schlicht die entsprechenden Unterlagen bzw. diese wurden noch nicht gefunden. Da bietet sich ein wahrhaft interessantes Feld für die Forschung.


Der Schein ist in meinem aktuellen Katalog „Die deutschen Banknoten ab 1871“ unter DWM-13 aufgeführt und mit LP bewertet. Allerdings wird hier das Wasserzeichen Kreuzblüten angegeben. Wenn Ihr Schein kein Wasserzeichen hat, dann ist zu prüfen, ob es sich tatsächlich um ein Original aus der Zeit oder aber um eine Fälschung handelt. Fälschungen ohne Wasserzeichen sind ja von den OKW-Ausgaben bekannt.


Kriegsgefangenen-Lagergeld: Muster zu 10 Reichspfennig mit "Der Lagerkommandant".
Kriegsgefangenen-Lagergeld: Muster zu 10 Reichspfennig mit "Der Lagerkommandant".
Kriegsgefangenen-Lagergeld: 10 Reichspfennig mit "Der Lagerkommandant" und Kontrollnummer.
Kriegsgefangenen-Lagergeld: 10 Reichspfennig mit "Der Lagerkommandant" und Kontrollnummer.

Die sichtlichen Gebrauchsspuren ihres Scheins deuten auf eine Nutzung in einem Lager hin.

Die Gegenlichtaufnahme bestätigt, dass ihr Schein kein Wasserzeichen hat. Ich habe die Abbildung ihres Scheins mit der mir vorliegenden Abbildung eines Originals verglichen.

Das Druckbild ist deckungsgleich und auch die Zifferntypen der Kontrollnummer stimmen überein. Der Schein ist also allem Anschein nach echt, wobei das fehlende Wasserzeichen Fragen aufwirft, zumal Gebrauchsspuren auch absichtlich erzeugt werden können.

Ich gehe trotz allem davon aus, dass es sich um einen echten Schein aus der Zeit handelt. Interessant wäre es nicht nur zu klären, was es mit der vermeintlich ersten Auflage auf sich hat, sondern ob andere Sammler auch noch über derartige Stücke ohne Wasserzeichen verfügen, so wie Herr Bronnert. Vielleicht wurden sogar alle "Lagerkommandanten-Scheine" als Muster auf Papier ohne Wasserzeichen gedruckt?


Hermann Reinecke als Angeklagter im OKW-Prozess 1947/48. Abb. Wikipedia.
Hermann Reinecke als Angeklagter im OKW-Prozess 1947/48. Abb. Wikipedia.

Die Entwertung hängt sicher mit der Einführung der OKW-Serie zusammen.

Die OKW-Scheine tragen übrigens die Unterschrift von General Hermann Reinecke (1888 – 1973), der von 1939 bis 1945 unter dem Chef des OKW, Wilhelm Keitel, verantwortlich für das Kriegsgefangenenwesen war.

Ab 1942 war er außerdem Chef des Allgemeinen Wehrmachtsamtes im OKW und ab 1943 Chef des NS-Führungsstabes des OKW.










Kriegsgefangenen-Lagergeld: 10 Reichspfennig mit "Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht" und Unterschrift von General Reinecke.
Kriegsgefangenen-Lagergeld: 10 Reichspfennig mit "Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht" und Unterschrift von General Reinecke.

Ob, und in welchen Kriegsgefangenen-Lagern die Ausgabe mit "Der Lagerkommandant" genutzt wurde sowie ab wann und wie lange sind natürlich spannende Fragen. Dass es sich ausschließlich um eine Musterserie handelt, die nie ausgegeben wurde, könnte ihr gebrauchter und entwerteter Schein widerlegen. Für die Musterserie sprechen allerdings die nicht bestimmbaren Unterschriften und die Bezeichnung "Der Lagerkommandant". Beides spricht dafür, dass ursprünglich die Ausgabe der Scheine – wahrscheinlich in Kombination mit Lagerstempeln und den Unterschriften der echten Lagerkommandanten – durch die einzelnen Lager erfolgen sollte, wie dies im Ersten Weltkrieg der Fall war. Wie bekannt, hat man sich dann auf die Einheitsausgabe durch das OKW verständigt und die teilweise noch verwendeten Abstempelungen durch einzelne Lager eingestellt. Gegen die Muster-Theorie spricht natürlich auch die Nummerierung. Bei Mustern ist nur die Serie 1 angegeben (siehe Abb.).


Hans-Ludwig Besler (Grabowski)


Literaturempfehlung:

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Hans-Ludwig Grabowski:

Die deutschen Banknoten ab 1871

Das Papiergeld der deutschen Notenbanken, Staatspapiergeld, Kolonial- und Besatzungsausgaben, deutsche Nebengebiete und geldscheinähnliche Wertpapiere und Gutscheine

Titel: Battenberg Verlag

ISBN: 978-3-86646-224-3

Auflage: 23. Auflage 2023/2024

Format: 14,8 x 21 cm

Abbildungen: durchgehend farbig

Cover-Typ: Hardcover

Seitenanzahl: 864

Preis: 39,90 EUR

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