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Wechselfahrscheine und Fahrmarken 1947/48 als Notgeld

Eine einfache Fahrt mit den örtlichen Straßenbahnen in Westdeutschland kostete 1947 in der Regel 10 bzw. 20 Reichspfennig für eine „Geradeausfahrt“ – je nach Fahrstrecke. Durch den damals herrschenden Kleingeldmangel waren die Schaffner oftmals nicht in der Lage, nötiges Wechselgeld an die Fahrgäste herauszugeben.


Abb. 1: Straßenbahnhaltestelle der Linie 4 in Remscheid-Hasten.
Abb. 1: Straßenbahnhaltestelle der Linie 4 in Remscheid-Hasten.

So wurde die Idee geboren, sog. „Wechselfahrscheine“ auszuhändigen ... die gern im normalen Geschäftsleben als Notgeld verwendet wurden. Solches Ersatzgeld lief vor allem im Rheinland, in Westfalen, Niedersachsen und Hessen, aber auch in Sachsen-Anhalt in den Jahren 1947 bis zur Währungsreform im Juni 1948 um. Bekannt sind:


Wechselfahrscheine


Aachen

10 (Reichspfennig) – a: Wertziffer grün, b: Wertziffer rot

20 (Reichspfennig)


Abb. 2: 10 Reichspfennig, Vs., 78 × 40 mm, o. D. (1947), Wechselfahrschein der Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG (ASEAG) – Rs. unbedruckt.
Abb. 2: 10 Reichspfennig, Vs., 78 × 40 mm, o. D. (1947), Wechselfahrschein der Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG (ASEAG) – Rs. unbedruckt.

Bochum-Gelsenkirchen

10 (Reichspfennig); 60 × 41 mm, o. D. – ab 22. Juli 1947 ausgegebene Wechselfahrscheine der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG (BOGESTRA), hergestellt bei der Druckerei J. Granderath in Düsseldorf, da die bisherige Heinrich Fasbender GmbH (Berlin, Wallstraße 11) nicht mehr ausreichend liefern konnte; die Scheine wurden durch die Ausgabe von Wechselmarken ergänzt – ein Vorschlag des Bochumer Stadtkämmerers, „Stadtgutscheine“ anstelle von Fahrmarken auszugeben, wurde nicht umgesetzt


Düsseldorf

20 (Reichs-)Pfennig o. D. – a: KN 5stellig, b: KN 6stellig – im August 1947 ausgegeben


Abb. 3: 20 (Reichs-)Pfennig, Vs., Wechselfahrschein der Rheinischen Bahngesellschaft A. G. Düsseldorf, o. D. (1947), Rs. unbedruckt.
Abb. 3: 20 (Reichs-)Pfennig, Vs., Wechselfahrschein der Rheinischen Bahngesellschaft A. G. Düsseldorf, o. D. (1947), Rs. unbedruckt.

Gladbach-Rheydt

50 Reichspfennig, o. D. (1947) – Notgeld-Fahrscheine der Städtischen Straßenbahnen Gladbach-Rheydt mit 10 Feldern zu je 10 Pfennig, lt. Dr. A. Keller „doch Gesamtpreis 50 Pfg.“


Halle-Merseburg

10 Pfennig – a: Druckzeile „11 47“ (November 1947), b: Druckzeile „3 48“ (März 1948)

25 Pfennig, Druckzeile „3 48“ (März 1948)


Abb. 5: 10 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, Gutschein der Stadt Hamm, o. D. (1947).
Abb. 5: 10 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, Gutschein der Stadt Hamm, o. D. (1947).

Hamm

10 (Reichspfennig)

20 (Reichspfennig)


Abb. 5: 10 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, Gutschein der Stadt Hamm, o. D. (1947).
Abb. 5: 10 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, Gutschein der Stadt Hamm, o. D. (1947).
Abb. 6: Rs., Stadtansicht Hamm um 1870, „Gutschein der Stadt Hamm über eine Straßenbahnfahrt im Werte von ...“.
Abb. 6: Rs., Stadtansicht Hamm um 1870, „Gutschein der Stadt Hamm über eine Straßenbahnfahrt im Werte von ...“.
Abb. 7: 20 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, o. D. (1947), Gestaltung: „FUCHS“.
Abb. 7: 20 (Reichspfennig), Vs., 72 × 51 mm, o. D. (1947), Gestaltung: „FUCHS“.
Abb. 8: Rs., Stadtansicht Hamm, in der Druckerei Emil Griebsch, Hamm, Widumstraße 2–8, hergestellt.
Abb. 8: Rs., Stadtansicht Hamm, in der Druckerei Emil Griebsch, Hamm, Widumstraße 2–8, hergestellt.

Hannover

(20 Reichspfennig), o. D. (1947), Druckzeile „8 47“ (August 1947)


Abb. 9: (20 Reichspfennig), Vs., Gutschein für eine Stadtfahrt mit der ÜSTRA = Überlandwerke und Straßenbahnen AG Hannover, o. J. (1947).
Abb. 9: (20 Reichspfennig), Vs., Gutschein für eine Stadtfahrt mit der ÜSTRA = Überlandwerke und Straßenbahnen AG Hannover, o. J. (1947).
Abb. 10: Rs., die Fahrscheine wurden in Viererstreifen (z. B. A1 -1 bis A1-4) mit 5stelliger Kontrollnummer von September bis Dezember 1947 in der Druckerei Dreske & Krüger, Hannover, Kriegerstraße 46, in einer Menge von 463.000 Stück hergestellt.
Abb. 10: Rs., die Fahrscheine wurden in Viererstreifen (z. B. A1 -1 bis A1-4) mit 5stelliger Kontrollnummer von September bis Dezember 1947 in der Druckerei Dreske & Krüger, Hannover, Kriegerstraße 46, in einer Menge von 463.000 Stück hergestellt.

Herne-Castrop-Rauxel

(10 Reichspfennig), o. D. (1947), Wechselfahrscheine der Straßenbahn Herne–Castrop-Rauxel GmbH

die Scheine waren ab 28. Juli 1947 in Umlauf


Krefeld

10 (Reichspfennig), o. D. (1947), Fahrscheine der Krefelder Verkehrs-AG

20 (Reichspfennig), o. D. (1947), die Rückseiten wurden mit „Vorkaufsschein“ gestempelt


Münster

20 Reichspfennig, o. D., (1947), Fahrscheine der Stadtwerke Münster, ausgegeben von der Abt. Verkehrsbetriebe


Neuss

20 Reichspfennig, o. D., (1948), Teilstrecken-Fahrscheine Stadtwerke Neuss GmbH/Verkehrsbetriebe


Remscheid

10 Reichspfennig, o. D. (1947)

20 Reichspfennig, o. D. (1947)


Abb. 11: 10 Reichspfennig, Vs., 93 × 56 mm, Wechselfahrschein der Stadtwerke Remscheid, o. J. (1947).
Abb. 11: 10 Reichspfennig, Vs., 93 × 56 mm, Wechselfahrschein der Stadtwerke Remscheid, o. J. (1947).
Abb. 12: Rs., mit Druckermerk „J. Granderath, Düsseldorf“ (Düsseldorf, Florastraße 75).
Abb. 12: Rs., mit Druckermerk „J. Granderath, Düsseldorf“ (Düsseldorf, Florastraße 75).

Wiesbaden

20 (Reichspfennig), o. D. (1947), Fahrscheine der Stadtwerke Wiesbaden AG, 95 × 50 mm


Wie erwähnt: Wenn den Schaffnern das knappe Wechselgeld ausging, gaben sie den Fahrgästen den fehlenden Betrag in Form nicht entwerteter Fahrscheine aus. Ein großes Problem war das weiche Papier der Fahrscheine; sie rissen leicht ein oder waren zerknüllt. Oftmals wurden sie deshalb nicht mehr akzeptiert. Schaffner und Fahrgäste gerieten manchmal in Streit darüber, ob die Fahrscheine noch neuwertig waren und für eine Fahrt anerkannt werden konnten. Die „Westfälischen Rundschau“ vom 23. Juli 1947 stellte klar, dass die Fahrscheine nur bedingt Notgeld waren: „Ein Umtausch in Bargeld an der Kasse der Straßenbahn oder beim Schaffner wird nicht vorgenommen.“ Vielerorts gab es außerdem Lieferprobleme der Druckereien. Wie die Berliner Fasbender GmbH konnte auch die Billettfabrik Franz Straubel in Wuppertal (Elberfeld, Trooststraße 5) nicht mehr zuverlässig liefern. Die Situation ausnutzend forderte bspw. die Düsseldorfer Druckerei J. Granderath

in Verhandlungen mit der Stadt Bochum einen Vertrag mit 10-jähriger Laufzeit.

Solche Schwierigkeiten wurden mit der Ausgabe von münzähnlichen Marken umgangen.

Am 9. Juni 1947 führte die Städtische Straßenbahn Solingen Wertmarken in Messing ein. Andere Städte gaben ähnliche Marken aus:


Fahrmarken


Bochum-Gelsenkirchen

10 (Reichspfennig), o. D. (1947), Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG;

a: 3,5 mm stark mit einem Punkt hinter „A-G · “ – b: 4 mm stark mit einem Strich hinter „A-G -“


Abb. 13: 10 (Reichspfennig), Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Eisen; Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald und die VDM Halbwerkzeuge GmbH in Altena; dem Vorschlag des Stadtdirektors Dr. Schmidt vom August 1947 folgte die Ausgabe der Fahrmarken am 5. Dezember 1947; geprägt wurden 1,0 Mio. Exemplare – zur Währungsreform gab man 996.380 Exemplare als Bestand an, die Frist der Einlösung wurde bis 30. Juni 1948 verlängert und 101.081 Marken eingelöst. Prägeanstalt: Gustav Hammesfahr, Solingen-Wald. Die Schrötlinge lieferte VDM Halbwerkzeuge GmbH Altena.
Abb. 13: 10 (Reichspfennig), Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Eisen; Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald und die VDM Halbwerkzeuge GmbH in Altena; dem Vorschlag des Stadtdirektors Dr. Schmidt vom August 1947 folgte die Ausgabe der Fahrmarken am 5. Dezember 1947; geprägt wurden 1,0 Mio. Exemplare – zur Währungsreform gab man 996.380 Exemplare als Bestand an, die Frist der Einlösung wurde bis 30. Juni 1948 verlängert und 101.081 Marken eingelöst. Prägeanstalt: Gustav Hammesfahr, Solingen-Wald. Die Schrötlinge lieferte VDM Halbwerkzeuge GmbH Altena.

Duisburg

10 (Reichspfennig), o. D. (1947), Duisburger Verkehrsgesellschaft A. G.,

a: Wertzahl 5 mm – b: Wertzahl 5,5 mm – c: Wertzahl 6 mm


Abb. 14: 10 (Reichspfennig), Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Zink; die 10-Rpfg.-Marken (für eine Fahrt ohne Umsteigen) wurden am 26. August 1947 eingeführt und galten auch im Omnibusverkehr; die 1,0 Mio. Exemplare wurden in der Prägeanstalt Friedrich W. Schnürle GmbH in Duisburg hergestellt.
Abb. 14: 10 (Reichspfennig), Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Zink; die 10-Rpfg.-Marken (für eine Fahrt ohne Umsteigen) wurden am 26. August 1947 eingeführt und galten auch im Omnibusverkehr; die 1,0 Mio. Exemplare wurden in der Prägeanstalt Friedrich W. Schnürle GmbH in Duisburg hergestellt.

Hagen

10 (Reichspfennig), o. D. (1947), Hagener Straßenbahn AG (HST)


Abb. 15: 10 (Reichspfennig) = ½ Fahrt, Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Eisen; 500.000 Exemplare wurden ab 1. November 1947 ausgegeben und waren nur für eine „halbe“ Fahrt gültig, wobei zwei Teilstrecken, die ehemals jeweils 10 Reichspfennig gekosteten, als „eine Fahrt“ galten; Prägeanstalt: Vereinigte Metallwerke AG in Altena.
Abb. 15: 10 (Reichspfennig) = ½ Fahrt, Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, Eisen; 500.000 Exemplare wurden ab 1. November 1947 ausgegeben und waren nur für eine „halbe“ Fahrt gültig, wobei zwei Teilstrecken, die ehemals jeweils 10 Reichspfennig gekosteten, als „eine Fahrt“ galten; Prägeanstalt: Vereinigte Metallwerke AG in Altena.

Solingen

(20 Reichspfennig), o. D. (1947), Städtische Straßenbahnen Solingen GmbH – a: Messing –

b: Kupfer


Abb. 16: „Gut für eine Fahrt“ = im Wert von 20 Reichspfennig, Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, 650.000 Stück Exemplare wurden bei der Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald auf gelieferten Rohlingen der VDM Halbwerkzeuge GmbH (Vereinigte Deutsche Metallwerke) in Altena geprägt – davon wurden 116.374 eingelöst.
Abb. 16: „Gut für eine Fahrt“ = im Wert von 20 Reichspfennig, Vs./Rs., ca. 21 mm Ø, 650.000 Stück Exemplare wurden bei der Firma Gustav Hammesfahr in Solingen-Wald auf gelieferten Rohlingen der VDM Halbwerkzeuge GmbH (Vereinigte Deutsche Metallwerke) in Altena geprägt – davon wurden 116.374 eingelöst.

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Die Fahrmarken hatten mit 21 mm den gleichen Durchmesser wie die damals geltenden 10-Reichspfennig- und 10-Rentenpfennig-Münzen. Von allen Fahrmarken sind Varianten vorhanden, die durch die groben Prägungen entstanden. Auch wurden unterschiedliche Abarten wie Fehllochungen, Kehrprägungen oder Stempeldrehungen bekannt.

Weitere Marken wurden bisher nicht gemeldet. Die Fahrmarken hatten ein überregionales Verbreitungsgebiet weit über ihre Ausgabeorte hinaus. Manche Betriebsbahnhöfe gewährten einen Umtausch der Marken in gültige Reichsmark. Insgesamt sind die Fahrmarken nicht häufig; durch den sehr begrenzten Sammlerkreis und den wertlosen Materialwert ist der Sammlerwert aber gering.


Offiziell galten die umfunktionierten Fahrscheine nur als Wechselscheine, wenn sie nicht entwertet waren und wurden dann auch entsprechend beim örtlichen Bäcker oder Fleischer usw. als Ersatzgeld akzeptiert. Bei den Wechselfahrscheinen hingegen hat es wahrscheinlich weitere Ausgabestellen gegeben, da der Kleingeldmangel in allen Teilen des besetzten Deutschlands herrschte. Ähnliche Scheine könnte es bspw. nicht nur im niedersächsischen Braunschweig gegeben haben. Der abgebildete 20-Pfg.-Schein der Straßenbahn Braunschweig zeigt in der Drucknorm außer dem bekannten Herstellerbetrieb Dreske & Krüger auch die von den Alliierten zugeordnete Lizenznummer CDH 11. Interessant ist jedoch das Herstellungsdatum: November 1946.


Abb. 17: Fahrschein 20 Reichspfennig o. D. (1946), Vs.
Abb. 17: Fahrschein 20 Reichspfennig o. D. (1946), Vs.

Auch vor und nach der Ersatzgeldperiode 1947/48 waren deutschlandweit Fahrscheine in Gebrauch, die sich in der Gestaltung manchmal ähneln. Das war mitunter auch den ausführenden Druckereien geschuldet.


Abb. 18: Fahrschein 20 Reichspfennig o. D. (vor 1945), Vs., Elektrische Straßenbahn der Stadt Mülheim an der Ruhr.
Abb. 18: Fahrschein 20 Reichspfennig o. D. (vor 1945), Vs., Elektrische Straßenbahn der Stadt Mülheim an der Ruhr.
Abb. 19: Fahrschein 30 Deutsche Pfennige g o. D. (nach 1948), Vs., Stadtwerke Wiesbaden AG.
Abb. 19: Fahrschein 30 Deutsche Pfennige g o. D. (nach 1948), Vs., Stadtwerke Wiesbaden AG.

Michal H. Schöne


Quellen:

www.geldscheine-online.com | Regenstauf

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