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Leserpost: "Goldenes Buch" von Solingen als Metallspende?


Mitunter erreichen die Redaktion auch Anfragen, die nicht unmittelbar etwas mit Numismatik und Papiergeld zu tun haben, dennoch aber von allgemeinem Interesse für unsere Leser sein können. Um einen solchen Fall dürfte es sich bei dem "Goldenen Buch" der Stadt Solingen aus der Zeit des "Dritten Reichs" handeln.


Guten Tag!

Ich habe einen Text auf einer Karte zur Metallspende 1940 gesehen und ich weiß nicht, was er bedeutet. "Goldenes Buch" (siehe Bild dieses Buches und den Text)? Und was bedeutet die Nummer 2893? Ist es eine Mitgliedsnummer der NSDAP?

Wenn Sie Informationen haben, lassen Sie es mich bitte wissen.

Ich warte auf Ihre Antwort.

Y. Natanzon (Israel)



Goldenes Buch der Stadt Solingen und Widmung.


Antwort der Redaktion

Das "Goldene Buch" von Solingen ist historisch natürlich sehr interessant. "Goldene Bücher" wurden früher meist von Honoratioren den Städten gestiftet. In "Goldene Bücher" haben sich dann hochrangige offizielle Besucher der jeweiligen Stadt eingetragen, zum Beispiel Politiker, Regenten, aber auch Künstler, Wissenschaftler und Sportler. Diese Tradition gibt es in Deutschland bis heute.

Man kann davon ausgehen, dass im "Dritten Reich" die NSDAP "Goldene Bücher" stiftete.

Hier handelt es sich offensichtlich um ein Geschenk der Ortsgruppe Seesen der NSDAP mit der laufenden Nummer 2893 (Anzahl der bis dahin von der Partei gestifteten Goldenen Bücher) zum Geburtstag Hitlers am 20. April 1940, das für die Stadt Solingen bestimmt war.

In die "Goldenen Bücher" trugen sich natürlich auch hochrangige Vertreter des NS-Regimes (zum Beispiel Gauleiter) ein, wenn sie eine Stadt besuchten. Anbei ein Foto von einem Besuch Hitlers in der Stadt Regensburg.


Abb.: Archiv für Geld- und Zeitgeschichte, Sammlung Grabowski.


Das Bild zeigt Hitler mit Vertretern der Stadt und der NSDAP sowie eine Abordnung der Hitlerjugend im Sitzungssaal des historischen Reichstags in Regensburg, wo über Jahrhunderte die Reichstage des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation abgehalten wurden. Aus diesem Anlass wird sich Hitler sicher auch in das "Goldene Buch" der Stadt Regensburg eingetragen haben.


Es wäre aber interessant zu klären, ob dieses Buch im Archiv der Stadt Solingen vorhanden oder aber verschollen ist. Eine telefonische Rücksprache mit dem Stadtarchiv Solingen hat ergeben, dass tatsächlich ein Goldenes Buch der Stadt aus dieser Zeit vermisst wurde, das wohl am Ende des Kriegs "verloren ging".

Kurz darauf erreichte die Redaktion folgende E-Mail des Stadtarchivs:


Vielen Dank für Ihre überraschende Mitteilung zum „Goldenen Buch der Stadt Solingen“. Das seit Kriegsende verschollen geglaubte „Goldenen Buch“ ist im Sommer 2022 aus den USA wieder in den Besitz der Stadt Solingen gekommen. Es handelt sich dabei um das offizielle erste „Goldene Buch“ der Klingenstadt. Erste Einträge wurden ab 1933 gesammelt, das auf dem Foto abgebildete kunsthandwerklich gestaltete Buch wurde im Februar 1939 der Öffentlichkeit vorgestellt. Eintragungen erfolgten bis 1943. Überraschend und für mich überhaupt nicht einzuordnen ist die Verbindung zu Seesen sowie der Text des beigefügten Zettels. Nach meinem Kenntnisstand gibt es keine Verbindung zwischen den Städten Solingen und Seesen. Vielleicht diente das „Goldene Buch der Stadt Solingen“ als Vorlage für ein ähnliches Projekt in Seesen? Man müsste wohl nochmal in Israel nachfragen, ob es weitere Informationen in diesem Zusammenhang gibt. Nochmals vielen Dank für diesen sehr interessanten Hinweis. Mit freundlichen Grüßen Ralf Rogge Stadtarchivdirektor Solingen

Das Buch galt seit dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen 1945 als verschollen und tauchte erst 2012 im Katalog eines süddeutschen Auktionshauses wieder auf.

Der Stadt Solingen gelang es damals nicht, das Buch zu kaufen. Sie ließ das Buch aber in die "Lost Art Datenbank" für Beutegut eintragen. Der US-amerikanische Besitzer zog das Buch daraufhin vor der Auktion wieder zurück und verkaufte es später in den Staaten weiter an den Sammler James Brown. Im Oktober 2022 reiste Brown nach Solingen und übergab das Buch der Stadt.

Es freut mich, dass das "Goldene Buch" wieder da ist, wo es hingehört!


Zur Metallspende:

Was das Buch mit einer Metallspende zu tun haben soll, konnte ich nicht nachvollziehen.

Das hatte für Verwirrung gesorgt. Jetzt ist klar, dass der Text der NSDAP-Ortsgruppe in Seesen nichts mit dem Goldenen Buch von Solingen zu tun hat, sondern sich einfach nur auf ein Goldenes Buch bezieht.

Es muss also so gewesen sein, dass die Metallspende der Ortsgruppe Seesen unter der Nummer 2893 in ein "Goldenes Buch" der NSDAP eingetragen wurde, das dann Hitler zu seinem Geburtstag am 20. April 1940 als Geschenk überreicht wurde. Ein Bild der Vorderseite der Metallspende wäre hilfreich gewesen, dann wäre es von Anfang an klar gewesen.

Es handelt sich sicher um keine Fälschung.


Hans-Ludwig Grabowski

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