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Unfertige Noten am Ende des Kriegs – Ungarns 100 Pengö vom 24. Februar 1943

Aktualisiert: 25. März 2021

Ungarische Banknoten zählen zu den schönsten der Welt, sie erfreuen sich deshalb bei Sammlern großer Beliebtheit. Hinzu kommt die in ihrer grafischen Gestaltung noch lange sichtbare Verwandtschaft zu denen Österreich-Ungarns und die gewaltige Inflation unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, die durch die sowjetische Besatzung Ungarns ausgelöst wurde.

Schon im Ersten Weltkrieg kämpften die Ungarn im Rahmen der k.u.k. Truppen auf der Seite Österreichs und Deutschlands. Nach dem Krieg erfüllte sich zwar der Traum von der ungarischen Unabhängigkeit, der schon 1848 zu den ersten selbständigen ungarischen Geldscheinausgaben geführt hatte, doch Ungarn verlor nach dem Willen der Entente-Mächte einen Großteil seines Territoriums – bis heute ein nationales Trauma.

Als Jugoslawien im März 1941 dem Dreimächtepakt Deutschlands, Italiens und Japans beigetreten war und es daraufhin zum Militärputsch in Belgrad kam, rückten die Achsenmächte im April 1941, auch unter ungarischer Beteiligung, in Jugoslawien ein. Auch an Jugoslawien hatte Ungarn Gebiete abtreten müssen. Ab 27. Juni 1941 nahm Ungarn auf der Seite Deutschlands auch am Krieg gegen die Sowjetunion teil. Von 1938 bis 1941 konnte Ungarn sein Staatsgebiet durch Rückgewinnung des Oberlands, der Karpato-Ukraine, des nördlichen Siebenbürgens und der Batschka wesentlich erweitern, was auch starken Einfluss auf den Geldverkehr hatte. In den alten und nun wieder neuen ungarischen Gebieten mussten ungarische Banknoten ausgegeben werden, um die dort kursierenden zu ersetzen.


Magyar Nemzeti Bank, 100 Pengö vom 24.2.1943 (Druck Ende 1944). Vorderseite links weibliche Allegorie für die Landwirtschaft, Mitte Adler, rechts weibliches Porträt (Rózsi Tóth). Rückseite links Hermes als Allegorie für den Handel und rechts männliche Allegorie für Handwerk und Industrie, Mitte bekröntes ungarisches Wappen. Alle bekannten Scheine tragen keine Kontrollnummer. Es gibt auch Scheine mit Perforation „MINTA“. Druck beidseitig oder auch nur einseitige Drucke der Vorder- oder Rückseite.

Die sowjetische Frühjahrsoffensive im März 1944 begann mit dem Vorstoß der

1. Ukrainischen Front. Ungarn war massiv durch eine Invasion der Roten Armee bedroht und Hitler drängte den ungarischen Reichsverweser Horthy, der Besetzung Ungarns durch die Deutsche Wehrmacht (Unternehmen Margarethe I) zuzustimmen, die ab

19. März 1944 begann. Gemeinsam versuchten nun deutsche und ungarische Truppen den sowjetischen Vorstoß aufzuhalten. Als Horthy am 15. Oktober 1944 einen separaten Waffenstillstand mit der Sowjetunion und den Westalliierten aushandeln wollte, wurde er abgesetzt und interniert. Die neue faschistische „Pfeilkreuzler-Regierung“ führte den Kampf an der Seite Deutschlands bis zum bitteren Ende fort. Am 27. Dezember 1944 hatten die Sowjets Budapest eingeschlossen. Der Kampf um die ungarische Hauptstadt, die von Ungarn und Deutschen verteidigt wurde, endete erst am 12. Februar 1945 mit dem Einmarsch der Roten Armee. Die letzte deutsche Offensive begann am 6. März 1945 nördlich des Plattensees, wurde aber durch einen Gegenstoß der Sowjets auf dem Weg ins Herz Österreichs gebrochen.

In den letzten Kriegstagen machte sich Panik breit. Deutsche und ungarische Truppen verließen Budapest Richtung Westen. Auf ihrem Rückzug nahmen die Ungarn auch unfertige Banknoten mit. Es handelte sich um beid- oder sogar nur einseitig bedruckte 100-Pengö-Scheine mit Datum vom 24. Februar 1943, die im Auftrag der „Pfeilkreuzler“ erst Ende 1944 in Veszprém gedruckt worden waren. Der Entwurf stammte von Endre Horváth, der die damals schon als Profi­modell arbeitende Ungarin Rózsi Tóth porträtiert hatte. Die männlichen Allegorien auf der Rückseite stehen für Handel und Industrie. Die Drucke tragen keine Kontrollnummern und kommen auch in ungeschnittenen Bogen zu je 35 Scheinen vor. Sie wurden zwar nicht mehr in Umlauf gegeben, dienten den nach Österreich verlegten ungarischen Truppenteilen aber zur Abwicklung interner Zahlungen. Es sollen auch ausstehenden Soldzahlungen an Offiziere damit erfolgt sein.


Hans-Ludwig Grabowski

Münzen & Sammeln, Ausgabe 2017/11

Abbildung: Hans-Ludwig Grabowski

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